Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Nachts heimlich Strom bei der Nachbarin abgezapft
Gericht 33-Jähriger aus Gersthofen braucht Licht für seine Drogensucht. In Diedorf sorgt eine Nachzahlung für Ärger
Um sage und schreibe einen Euro ging es gestern am Augsburger Amtsgericht: Ein 33-jähriger Mann hatte im August 2016 heimlich ein Verlängerungskabel auf dem Balkon einer Nachbarin eingesteckt und es in seine Gersthofer Wohnung gelegt. Ihm ging es allerdings nicht darum, Strom zu sparen. Der 33-Jährige wollte nachts Licht in seiner vom Netz genommenen Wohnung haben, um seine Drogensucht befriedigen zu können.
Nachdem er sich einen Schuss gesetzt hatte, schlief er ein. Irgendwann am nächsten Morgen habe es dann an der Wohnungstür geklopft. An mehr konnte sich der 33-Jährige nicht mehr erinnern. Nur noch so viel: „Danach habe ich mich bei der Nachbarin entschuldigt.“Doch die zeigte ihn an.
Vor Gericht verantworten musste sich der 33-Jährige auch wegen einer weiteren Straftat, die am Ende viel mehr ins Gewicht fiel: Vor einem Jahr wurde der 33-Jährige am Oberhauser Bahnhof unter anderem mit einem Heroinfilter aufgegriffen. Es war nicht das erste Mal, dass er wegen Betäubungsmitteln in Konflikt mit dem Gesetz geraten war. Insgesamt sieben Vorstrafen hat der Mann, der zuletzt eine Therapie abgebrochen hat, auf dem Kerbholz. Richterin Susanne Scheiwiller wollte ihm deshalb keine günstige Sozialprognose ausstellen und verurteilte ihn zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe. Diese wird nicht zur Bewährung ausgesetzt.
Ohne ein Urteil ging gestern eine andere Verhandlung zu Ende, die sich im Kern ebenfalls um Strom drehte. Die Sachlage war allerdings weitaus komplizierter: Ein 44-Jähriger hatte ein Einfamilienhaus in Diedorf vermietet und dabei angeblich ein wichtiges Detail vergessen. Der Strom des Stadels, der ausschließlich vom Angeklagten genutzt wurde, lief über den Stromzähler der neuen Mieter. Die staunten nicht schlecht, als ihnen dann eine Nachzahlung der LEW über rund 1000 Euro ins Haus flatterte. Die Mieter zeigten den Eigentümer an. Der erhielt daraufhin eine Geldstrafe von 1600 Euro, gegen die er Einspruch einlegte. Vor Gericht sagte der Mann, dass seine neuen Mieter bei Vertragsabschluss über den Umstand sehr wohl informiert worden seien. Die Mieter behaupteten das Gegenteil. Bei den Vertragsverhandlungen sei der Stromkreislauf niemals Thema gewesen. Einzig der Apfelbaum, dessen Erträge zwischen Mieter und Vermieter geteilt werden sollten.
Der Vermieter vermutet hinter der Anzeige eine „Racheaktion“. Schließlich hatte er der Familie aus Eigenbedarf gekündigt. Richterin Susanne Scheiwiller wollte vom Angeklagten wissen, wie er sich die Nachzahlung seiner Mieter erklären könne. Der erhöhte Stromverbrauch hänge wohl mit den Elektroöfen in den Kinderzimmern des alten Hauses zusammen. Dazu kämen Waschmaschine und Trockner, die ebenfalls kräftig Strom ziehen. Der Mieter schilderte es anders: Das Haus werde überwiegend mit Holzöfen geheizt. Nur im Bad befinde sich ein Heizlüfter, der im Winter benutzt werde.
Wie hoch die Stromkosten für Licht, Geriertruhe und andere Geräte im Stadel tatsächlich waren, ließ sich nicht beziffern. Eine Vergleichsrechnung für die Zeit, als der Stadel genutzt wurde, das Wohnhaus aber leer stand, hatte der Angeklagte nicht zur Hand. Richterin Scheiwiller stellte schließlich in Aussicht, das Verfahren wegen Geringfügigkeit vorläufig einzustellen. Allerdings sollte sich der Vermieter verpflichten, die Hälfte der Stromnachzahlung zu übernehmen. Der Angeklagte schlug 400 Euro vor, worauf ihn die Richterin zu verstehen gab: „Wir handeln hier nicht. Das ist kein Viehmarkt.“Am Ende erklärte sich der Mann einverstanden, die 500 Euro zu bezahlen.