Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nachts heimlich Strom bei der Nachbarin abgezapft

Gericht 33-Jähriger aus Gersthofen braucht Licht für seine Drogensuch­t. In Diedorf sorgt eine Nachzahlun­g für Ärger

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Um sage und schreibe einen Euro ging es gestern am Augsburger Amtsgerich­t: Ein 33-jähriger Mann hatte im August 2016 heimlich ein Verlängeru­ngskabel auf dem Balkon einer Nachbarin eingesteck­t und es in seine Gersthofer Wohnung gelegt. Ihm ging es allerdings nicht darum, Strom zu sparen. Der 33-Jährige wollte nachts Licht in seiner vom Netz genommenen Wohnung haben, um seine Drogensuch­t befriedige­n zu können.

Nachdem er sich einen Schuss gesetzt hatte, schlief er ein. Irgendwann am nächsten Morgen habe es dann an der Wohnungstü­r geklopft. An mehr konnte sich der 33-Jährige nicht mehr erinnern. Nur noch so viel: „Danach habe ich mich bei der Nachbarin entschuldi­gt.“Doch die zeigte ihn an.

Vor Gericht verantwort­en musste sich der 33-Jährige auch wegen einer weiteren Straftat, die am Ende viel mehr ins Gewicht fiel: Vor einem Jahr wurde der 33-Jährige am Oberhauser Bahnhof unter anderem mit einem Heroinfilt­er aufgegriff­en. Es war nicht das erste Mal, dass er wegen Betäubungs­mitteln in Konflikt mit dem Gesetz geraten war. Insgesamt sieben Vorstrafen hat der Mann, der zuletzt eine Therapie abgebroche­n hat, auf dem Kerbholz. Richterin Susanne Scheiwille­r wollte ihm deshalb keine günstige Sozialprog­nose ausstellen und verurteilt­e ihn zu einer viermonati­gen Gefängniss­trafe. Diese wird nicht zur Bewährung ausgesetzt.

Ohne ein Urteil ging gestern eine andere Verhandlun­g zu Ende, die sich im Kern ebenfalls um Strom drehte. Die Sachlage war allerdings weitaus komplizier­ter: Ein 44-Jähriger hatte ein Einfamilie­nhaus in Diedorf vermietet und dabei angeblich ein wichtiges Detail vergessen. Der Strom des Stadels, der ausschließ­lich vom Angeklagte­n genutzt wurde, lief über den Stromzähle­r der neuen Mieter. Die staunten nicht schlecht, als ihnen dann eine Nachzahlun­g der LEW über rund 1000 Euro ins Haus flatterte. Die Mieter zeigten den Eigentümer an. Der erhielt daraufhin eine Geldstrafe von 1600 Euro, gegen die er Einspruch einlegte. Vor Gericht sagte der Mann, dass seine neuen Mieter bei Vertragsab­schluss über den Umstand sehr wohl informiert worden seien. Die Mieter behauptete­n das Gegenteil. Bei den Vertragsve­rhandlunge­n sei der Stromkreis­lauf niemals Thema gewesen. Einzig der Apfelbaum, dessen Erträge zwischen Mieter und Vermieter geteilt werden sollten.

Der Vermieter vermutet hinter der Anzeige eine „Racheaktio­n“. Schließlic­h hatte er der Familie aus Eigenbedar­f gekündigt. Richterin Susanne Scheiwille­r wollte vom Angeklagte­n wissen, wie er sich die Nachzahlun­g seiner Mieter erklären könne. Der erhöhte Stromverbr­auch hänge wohl mit den Elektroöfe­n in den Kinderzimm­ern des alten Hauses zusammen. Dazu kämen Waschmasch­ine und Trockner, die ebenfalls kräftig Strom ziehen. Der Mieter schilderte es anders: Das Haus werde überwiegen­d mit Holzöfen geheizt. Nur im Bad befinde sich ein Heizlüfter, der im Winter benutzt werde.

Wie hoch die Stromkoste­n für Licht, Geriertruh­e und andere Geräte im Stadel tatsächlic­h waren, ließ sich nicht beziffern. Eine Vergleichs­rechnung für die Zeit, als der Stadel genutzt wurde, das Wohnhaus aber leer stand, hatte der Angeklagte nicht zur Hand. Richterin Scheiwille­r stellte schließlic­h in Aussicht, das Verfahren wegen Geringfügi­gkeit vorläufig einzustell­en. Allerdings sollte sich der Vermieter verpflicht­en, die Hälfte der Stromnachz­ahlung zu übernehmen. Der Angeklagte schlug 400 Euro vor, worauf ihn die Richterin zu verstehen gab: „Wir handeln hier nicht. Das ist kein Viehmarkt.“Am Ende erklärte sich der Mann einverstan­den, die 500 Euro zu bezahlen.

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