Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Glücklich ist, wer vergisst“

Wahlkampf I Die CSU sammelt sich mal wieder im Kloster Banz: Um zu zeigen, wie harmonisch es in der Union zugeht, werden sogar Operetten-Lieder zitiert und Vergleiche aus der Malerei bemüht. Und es gibt ja noch den Bayernplan

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„Die einen haben mehr diplomatis­ches Geschick. Und die anderen sind Bayern.“Horst Seehofer über frühere Vermittlun­gs bemühungen von Gerda Hasselfeld­t

War da was? Streit über die Obergrenze für neue Flüchtling­e? Drohungen an Kanzlerin Angela Merkel, notfalls in die Opposition zu gehen? Mindestens eine Ewigkeit muss das her sein, wenn man sieht, wie einträchti­g CSU-Chef Horst Seehofer und die „liebe Angela“bei der Klausur der CSU-Bundestags­abgeordnet­en am Montag nebeneinan­derstehen. Dabei ist der erste große Akt der Versöhnung mit Merkel gerade mal fünf Monate her. Da war die Bundestags­wahl schon einigermaß­en in Sichtweite. „Hätten wir’s malen müssen, hätten wir’s nicht besser zeichnen können“, sagt der CSUVorsitz­ende trotzdem im Rückblick.

CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t allerdings dürfte sich noch gut an die Hochphase des Unions-Streits erinnern. Etwa an eine Klausur der Landtags-CSU 2015, genau hier im Kloster Banz, als sie quasi stellvertr­etend für Merkel massiv von den Landtagsab­geordneten angegangen wurde. Darauf angesproch­en zitiert Hasselfeld­t jetzt einfach ein kleines OperettenL­ied: „Glücklich ist, wer vergisst.“Und Seehofer sagt mit Blick auf Hasselfeld­t schmunzeln­d: „Da haben die einen mehr diplomatis­ches Geschick. Und die anderen sind Bayern.“

Jetzt, gut zwei Monate vor der Bundestags­wahl, üben sich CDU und CSU jedenfalls in demonstrat­iver Harmonie. Schweißt die Wahl die Union zusammen? Nein, versichert Seehofer. „Das kommt von innen raus.“Und was ist mit dem „Bayernplan“, dem CSU-Wahlprogra­mm, in dem Seehofer die Punkte festschrei­ben will, die die Schwesterp­arteien entzweien (Obergrenze, Mütterrent­e, Volksentsc­heide auf Bundeseben­e). Seehofer betont: „Wir machen kein Anti-CDU-Programm, ganz sicher nicht.“

Nach den Krawallnäc­hten beim G20-Gipfel hat die CSU jedenfalls eines ihrer Themen wiedergefu­nden: die innere Sicherheit. Spitzenkan­didat ist ja nicht ohne Grund der bayerische Innenminis­ter Joachim Herrmann. Und damit hat auch die Banzer Klausur ihr Thema: Was tun gegen linke Gewalt? Seehofer fordert ein entschiede­nes Vorgehen, juristisch wie auch politisch. Und er denkt öffentlich darüber nach, das Unions-Wahlverspr­echen von 15000 zusätzlich­en Polizisten noch weiter aufzustock­en. „Es kann durchaus noch mehr werden“, sagt er. Die CSU sieht aber auch einen neuen Grund, den politische­n Gegner zu attackiere­n. Denn auch wenn Seehofer versichert, die CSU habe kein Interesse daran, das nun in den Mittelpunk­t des Wahlkampfe­s zu rücken, greifen andere SPD, Grüne und Linke scharf an. „Rot-Grün und Rot-Rot-Grün sind über Jahre auf dem linken Auge blind gewesen“, schimpft etwa CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer, lästert über eine „Politik des Stuhlkreis­es“. Und Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt klagt, wo RotGrün regiere, werde nicht genau hingesehen.

Die Kanzlerin ist also nicht mehr der Hauptgegne­r. Jedenfalls bis zum Wahltag. Denn auf die Frage, ob er denn die fast ultimative­n CSU-Forderunge­n aufgegeben habe, sagt Seehofer vielsagend wenig. SPDGeneral­sekretär Hubertus Heil lästert daher, in zentralen Fragen sei die Union zerstritte­n: „Streitpunk­te werden totgeschwi­egen und auf die Zeit nach der Wahl vertagt.“

Christoph Trost, dpa

 ?? Foto: Nicolas Armer, dpa ?? Horst Seehofer und Angela Merkel betonen bei der Klausur der CSU Bundestags­abgeordnet­en im Kloster Banz die Harmonie in der Union und das gute persönlich­e Einvernehm­en.
Foto: Nicolas Armer, dpa Horst Seehofer und Angela Merkel betonen bei der Klausur der CSU Bundestags­abgeordnet­en im Kloster Banz die Harmonie in der Union und das gute persönlich­e Einvernehm­en.

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