Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Eltern von Baby Charlie hoffen weiter
Medizin Das Oberste Gericht in Großbritannien soll entscheiden, ob der todkranke Bub im Ausland behandelt werden darf
London Sie hatten bereits von ihrem Sohn Abschied genommen, nun keimt wieder Hoffnung auf. Die Eltern des todkranken britischen Babys Charlie Gard machen eine Achterbahn der Gefühle durch. Seit Monaten hoffen sie, dass der elf Monate alte Charlie für eine experimentelle Therapie in die USA gebracht werden kann. Sie verloren mit ihrem Wunsch bereits durch alle Instanzen hindurch. Nun geben neue Expertengutachten, die sich auf bisher unveröffentlichte Studienergebnisse stützen, Charlie seiner Mutter Connie Yates zufolge eine zehnprozentige Chance auf einen Behandlungserfolg. „Ich hoffe, dass mein Sohn diese Chance erhalten wird“, sagt sie am Montag in einem BBC-Interview. „Er hat nichts zu verlieren“, glaubt sie. Die Ärzte, die Charlie bisher behandeln, sind anderer Meinung. Sie glauben nicht daran, dass Charlie noch geholfen werden kann.
Er leidet an einer seltenen genetischen Erkrankung, von der insbesondere das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen wird. Charlie muss künstlich beatmet und ernährt werden. Seine Ärzte wollen verhindern, dass er leidet und plädieren dafür, ihn sterben zu lassen. Die Hirnschäden, die Charlie bereits erlitten hat, sind ihrer Meinung nach nicht mehr heilbar. Bei einer ersten Anhörung am Montag zeigte sich der zuständige Richter offen. „Es gibt niemanden, der Charlie nicht retten wollte“, sagte er. Allerdings seien „dramatische und neue“Fakten notwendig, um die früheren Entscheidungen rückgängig zu machen.
Charlies Eltern klammern sich an das letzte bisschen Hoffnung, das Leben ihres Sohnes zu retten. Sie sammelten umgerechnet rund 1,5 Millionen Euro an Spenden, um die Behandlung in den USA möglich zu machen. Als sie auch in letzter Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte scheiterten, schien alle Hoffnung verloren – trotz prominenter Unterstützer: Papst Franziskus betet für die Eltern und hofft, dass ihr Wunsch, Charlie zu begleiten, nicht missachtet werde. US-Präsident Donald Trump twittert: „Wenn wir dem kleinen Charlie Gard helfen können, (...) würden wir uns sehr freuen, das zu tun.“Noch diese Woche könnte eine Entscheidung fallen.
Gisela Gross/Christoph Meyer, dpa