Augsburger Allgemeine (Land Nord)
So rüstet sich die Polizei gegen Terror
Sicherheit Auch in den Augsburger Streifenwagen wird jetzt eine schwere Schutzausrüstung verstaut. Auf welche Einsätze sich die Beamten vorbereiten – und was ihnen dafür noch fehlt
Es ist ein Schreckensszenario, an das kein Polizist gerne denkt. Trotzdem müssen die Beamten darauf vorbereitet sein. Ein Amoklauf, ein Terroranschlag oder auch ein Raubüberfall, bei dem die Täter Kriegswaffen benutzen, ist auch in Augsburg jederzeit möglich. Bisher waren die Streifenbeamten den Schüssen aus einem Sturmgewehr – zum Beispiel aus einer im kriminellen Milieu verbreiteten Kalaschnikow – nahezu schutzlos ausgeliefert. Denn normale Schutzwesten halten dieser Munition nicht stand. Das hat sich geändert: Alle Streifenwagen der Augsburger Polizei werden in diesen Tagen nachgerüstet.
Im Kofferraum verstaut ist jetzt eine spezielle Schutzausrüstung, die speziell für solche gefährlichen Einsätze gedacht ist. Carsten Neumann ist beim Augsburger Polizeipräsidium verantwortlich für das polizeiliche Einsatztraining. Er hat sich intensiv mit der neuen Ausrüstung beschäftigt. Die Beamten wurden alle geschult, wie sie damit umgehen müssen. Denn: „Im Ernstfall muss es mitunter schnell gehen“, sagt Carsten Neumann. „Dann sollte man nicht erst probieren müssen, wie man die Ausrüstung anlegt.“
Zur Grundausstattung der Beamten gehört jetzt eine ärmellose blaue Weste, die man über dem Hemd tragen kann – eine sogenannte Funktionshülle. Sie hält Messerstiche oder auch Schüsse aus Pistolen und Maschinenpistolen ab. An ihr kann man auch die Funkgeräte befestigen. Droht ein Beschuss mit schwereren Waffen, dann lässt sich diese Weste noch durch drei Teile ergänzen. Es handelt sich um eine schwere Weste der Schutzklasse IV sowie um eine Schutzplatte für die Leistengegend und um einen Schulterüberwurf. Die Schutzklasse IV ist der höchste Schutz, der möglich ist. Hartkeramik-Platten verhindern das Eindringen von militärischer Langwaffen-Munition in den Körper.
Ganz leicht ist die Ausrüstung nicht. Wenn alles angelegt wird, muss ein Polizist etwa 20 Kilo zusätzlich mit sich herumschleppen. Entsprechend schwierig ist es auch, sich alleine auszurüsten. „In der Regel sollten sich die Streifenpartner helfen“, sagt Carsten Neumann. Bei entsprechenden Amok- oder Anschlagseinsätzen könne es schon vorkommen, dass man die schweren Teile mehrere Stunden tragen muss. Das habe vor einem Jahr der Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum in München gezeigt.
Mit der neuen Schutzausrüstung passt sich die Polizei auch an geänderte Einsatzkonzepte an. Früher galt etwa bei einem Amoklauf an einer Schule die Regel, dass die normalen Polizisten sich zunächst zurückhaltend und – wenn möglich – erst einmal auf die Ankunft eines Sondereinsatzkommandos warten. Das hat sich geändert. Heute sollen in solchen Fällen in der Regel auch Streifenbeamte eingreifen und versuchen, einen Täter zu stoppen. Die Stimmung bei den Beamten sei eindeutig, sagt Carsten Neumann. Niemand halte die Schutzausrüstung für zusätzlichen Kram, der auch noch in die ohnehin schon recht vollgestopften Streifenwagen muss. Im Gegenteil: „Sie sind froh darüber, dass sie sich sicherer fühlen können.“
Das Tragen der normalen, deutlich leichteren Schutzweste im Alltag ist für die Polizeibeamten nach wie vor keine Pflicht. Allerdings habe die Akzeptanz der Westen in den vergangenen Jahren stark zugenommen, heißt es. Erst recht, seit es jetzt die praktischeren Westen zum Drüberziehen gibt. Sie kann man, gerade wenn es heiß ist, auf der Wache auch mal ausziehen. Die alten