Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Kampf um die Bienen
Tiere Horst Mayer aus Biberbach liegt seit Jahren mit seinem Nachbarn im Clinch. Auch vor Gericht wurde der Streit schon ausgetragen. Jetzt hat er eine neue Stufe erreicht
Ein 78-Jähriger aus Biberbach führt seit Jahren einen Kampf um seine Bienenzucht. Nun will er neue Wege beschreiten.
Horst Mayers Kampf um seine Bienen dauert schon jahrelang. Der mittlerweile 78-jährige Rentner aus Biberbach möchte in seinem Garten gerne Bienen halten, weil es für ihn „das schönste Hobby ist, das ich jemals hatte“. Doch ausgerechnet sein Nachbar fühlt sich von den Insekten bedroht und verklagte den Hobby-Imker. Das Urteil des Amtsgerichts fiel im April 2008 und war ein schwerer Schlag für Horst Mayer. Das Gericht war davon überzeugt, dass das Grundstück des Klägers durch den Bienenflug massiv beeinträchtigt wird. Alle unmittelbaren Nachbarn hätten dies bestätigt. Zudem sei die Bienenhaltung auf dem Grundstück im reinen Wohngebiet keine ortsübliche Nutzung. Auch sei die Gesundheit des Nachbarn bei Bienenstichen gefährdet, so das Amtsgericht.
Horst Mayer wollte nicht aufgeben und ging gegen das Urteil in Berufung, doch das Landgericht Augsburg wies die Berufung zurück. Selbst das Gutachten eines Sachverständigen, der die Bienen als „besonders sanftmütig“einstufte und das Pflanzangebot auf dem Grundstück des Nachbarn als „für Bienen unattraktiv“bezeichnete, half nicht weiter. Das Gericht warf dem Gutachter vor, dass er als Fachberater für Imkerei eher die Interessen der Bienenhalter vertrete und dass er die Bienen erst im Oktober beurteilt habe, wo sie weniger aktiv seien als im Sommer. Also wieder ein Rückschlag für Horst Mayer.
Doch im vergangenen Jahr stieß der findige Rentner auf eine Gesetzesnovelle, wonach die „Kleintiererhaltungszucht“seit Neuestem in jedem Gebiet zulässig ist, ob Wohn-, Misch-, Gewerbe- oder Dorfgebiet. „Jetzt“, so der hoffnungsfrohe Horst Mayer im vergangenen Jahr gegenüber unserer Zeitung, „kann mir niemand mehr die Bienenhaltung auf meinem Grundstück verwehren.“
Recht gab ihm Michael Götz, Beauftragter für Tier- und Artenschutz beim Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter. Auch Bienen fallen unter den Begriff Kleintiere und damit unter die Kleintiererhaltungszucht, war Götz überzeugt. Diese Zucht sei für die Biodiversität in Deutschland wichtig, denn weltweit sterbe alle zwei Wochen eine Nutz- tierrasse aus und damit ein genetisches Erbe und Kulturgut zugleich.
So bestärkt begann Horst Mayer heuer erneut mit der Bienenzucht auf seinem Grundstück. Doch er bekam umgehend ein Schreiben des Rechtsanwalts seines Nachbarn, der ihn aufforderte, die Bienenhaltung einzustellen. Andernfalls würden Vollstreckungsmaßnahmen aus dem ergangenen Urteil ergriffen.
Der Anwalt bestätigt zwar in dem Schreiben, dass die Baunutzungsverordnung die Kleintiererhaltungszucht als zulässig einstufe. Doch der rechtskräftige Unterlassungsanspruch bleibe davon unberührt. Das bestätigt auf Anfrage unserer Zeitung auch der Deutsche Imkerbund: Eine Änderung der Vorschriften im Baurecht habe keine abändernde Wirkung auf ein zivilrechtliches Unterlassungsurteil.
Horst Mayer indes will unverdrossen weiterkämpfen. Mittlerweile hat er Kontakt zu einem Fachanwalt in Hamm aufgenommen und will eine Musterklage anstrengen. Er hofft, dass auf diese Weise endgültig geklärt wird, ob auch Bienen zur Kleintiererhaltungszucht gehören.
Und er hofft, dass der Deutsche Imkerbund, bei dem er Mitglied ist, eine solche Klage finanziell unterstützen wird. „Diese Frage muss das Präsidium prüfen“, meinte dazu gestern die Pressesprecherin des Deutschen Imkerbunds, Petra Friedrich. Generell könne jeder Bienen halten; sogar die Großstadt-Imkerei sei auf dem Vormarsch, so Friedrich. Dennoch empfehle der Imkerbund, zuerst das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen. Denn Bienen seien zwar heute dank Zucht sehr friedfertig. Doch könne es durchaus zu Belästigungen der Nachbarn kommen. Hecken als Barriere zum Nachbargrundstück könnten helfen. Auch könne man die Bienen so aufstellen, dass sie in die andere Richtung starten. Doch Verständnis aufseiten des Nachbarn sei durchaus gefragt.
Rainer Holzapfel, Zweiter Vorsitzender vom Imkerverband im Landkreis Augsburg, kann die Auf- regung nicht verstehen. „Unsere Imker halten ihre Bienen überwiegend im eigenen Garten und es gibt keine Probleme“, so Holzapfels Erfahrungen. „Wenn so etwas gleich gerichtlich untersagt wird, dann kann man die Bienenhaltung vergessen.“Bienen seien absolut friedlich und es sei ausgeschlossen, dass sie den Grundstücksnachbarn so bedrängen, dass er sich bedroht fühlen müsse. Es seien die Wespen, die sich auf dem Frühstücksbrötchen niederlassen, nicht die Bienen. Und was rät er Horst Mayer? „Abstand halten, Hecken pflanzen und wenn alles nichts hilft, einen Standplatz außerhalb vom Garten suchen.“