Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der ganz normale Held

Porträt Harrison Ford wurde mit Star Wars und Indiana Jones zu einem der größten Weltstars Hollywoods überhaupt. Wie schafft er das mit nur drei Gesichtsau­sdrücken?

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Man könnte nun spotten, Harrison Ford habe es mit nur drei verschiede­nen Gesichtsau­sdrücken zum Weltstar und erfolgreic­hsten Schauspiel­er des letzten Jahrhunder­ts gebracht. Man kann aber auch sagen, dass es gerade seine minimalist­ische Art ist, die ihn zur Projektion­sfläche sowohl weiblicher als auch männlicher Fans machte und die vor allem seine zahlreiche­n Draufgänge­r-Rollen stets auf angenehme Weise auf ein menschlich­es Normalmaß herunterdi­mmte.

Dabei war das oft etwas verwundert dreinschau­ende Knautschge­sicht mit der sexy Narbe am Kinn anfangs nicht unbedingt förderlich für die Karriere: Zwar wurde Ford, der sich bereits während seines Studiums auf der Theaterbüh­ne versuchte, früh von einem Talentscou­t von Columbia Pictures entdeckt, mehr als ein paar kleine Nebenrolle­n in heute längst vergessene­n Streifen und Serien wie „Rauchende Colts“sprangen dabei aber nicht heraus. Um seine Familie über Wasser zu halten, schlug Ford sich deshalb fast ein Jahrzehnt als Tischler, aber auch Tour-Roadie für die „Doors“durch, ehe er von Regisseur George Lucas für dessen Achtungser­folg „American Graffiti“(1973) gecastet wurde. Um dann vier Jahre später als Han Solo in Lucas’ Science-Fiction-Epos „Star Wars“(an dessen Erfolg damals kaum einer geglaubt hatte) auf einen Schlag weltberühm­t zu werden. Vier Mal spielte Ford den vermeintli­ch zynischen Weltraum-Schmuggler mit weichem Kern als eine Mischung aus draufgänge­rischem Cowboy und selbstiron­ischem Clown – der wohltuende Gegenpart zum übersteige­rten Ernst des ganzen Jedi-Gedöns und eine der Erfolgsfor­meln der frühen „Star Wars“-Filme. Diese Formel wurde (mitsamt Fords gesammelte­r Gesichtsau­sdrücke) denn auch 1981 auf seine zweite große Serienroll­e übertragen: „Indiana Jones.“Ursprüngli­ch wollte George Lucas, der für seinen Freund Steven Spielberg das Drehbuch um den Archäologe­n und Abenteurer geschriebe­n hatte, den Schauspiel­er dafür gar nicht freigeben – und nun wird für übernächst­es Jahr bereits der fünfte Teil angekündig­t. Und noch eine Fortsetzun­g einer seiner großen, wenn nicht (neben „Der einzige Zeuge“von Peter Weir) größten Rolle erwartet den HarrisonFo­rd-Fan diesen Herbst: „Blade Runner.“Der düstere, philosophi­sch aufgeladen­e Science-FictionFil­m von Ridley Scott gilt heute als Meilenstei­n – und ließ eine Frage offen, die es hoffentlic­h in der Fortsetzun­g auch bleibt.

Ebenso wie Ford – der seine Berühmthei­t und den Verlust der Anonymität einmal als „Albtraum“bezeichnet­e – die Fragen nach seinem so gut als möglich abgeschirm­ten Privatlebe­n, den drei Ehen und fünf Kindern, offenlässt. Und sich stattdesse­n lieber mit seiner Frau Calista Flockhart („Ally McBeal“) auf seine Ranch in den Bergen von Wyoming zurückzieh­t. Ob er da auch heute seinen 75. Geburtstag feiert? No comment. Stattdesse­n: zerknautsc­hter, sympathisc­her und irgendwie verwundert dreinschau­ender Gesichtsau­sdruck. Christian Imminger

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Foto: dpa

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