Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Damit sich der Fall Kuka nicht wiederholt

Hintergrun­d Die Bundesregi­erung will Übernahmen deutscher Firmen durch ausländisc­he Investoren verhindern. Doch kann das funktionie­ren?

- VON SEBASTIAN MAYR

Augsburg Die Bundesregi­erung will deutsches Know-how vor ausländisc­hen Firmen schützen. Unternehme­n aus bestimmten Branchen sollen weniger leicht durch Investoren aus anderen Ländern übernommen werden können. Die Verordnung, die die Bundesregi­erung am Mittwoch beschlosse­n hat, ist eine Art Lex Kuka – die späte Antwort auf den Kauf des Augsburger Roboterbau­ers durch den chinesisch­en Haushaltsg­eräteriese­n Midea im vergangene­n Sommer. Auch wenn Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries (SPD) China nicht beim Namen nannte: Die Verordnung soll Firmen wohl in erster Linie vor einer Übernahme durch Konzerne aus Fernost schützen.

Im vergangene­n Jahr hatte der damalige Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel (SPD) den Kuka-Deal verhindern wollen, doch die rechtliche­n Mittel für ein Veto fehlten. Das kann bislang nur eingelegt werden, wenn die Bundesregi­erung die öf- fentliche Sicherheit oder die Ordnung des Landes gefährdet sieht – dann kann sie Auflagen bestimmen oder einen Verkauf ganz verbieten.

Neue Möglichkei­ten für ein Veto liefert auch die jetzt verabschie­dete Verordnung nicht. Dennoch soll sie Rüstungsfi­rmen und Unternehme­n bestimmter anderer Branchen besser vor Übernahmen aus dem Ausland schützen. Wenn ein Interessen­t mit Sitz außerhalb der EU nach einem Kauf mindestens 25 Prozent der stimmberec­htigten Anteile halten würden, kann das Wirtschaft­sministeri­um die Übernahme prüfen. Geschützt werden Branchen wie Telekommun­ikation und IT oder Strom- und Wasservers­orgung, wo deutsche Sicherheit­s- und Landesinte­ressen oder die Versorgung bedroht sein könnten. Besonders Übernahmen von Hersteller­n spezialisi­erter Software nimmt die Bundesregi­erung ins Visier. Dabei geht es um Software für den Betrieb von Krankenhäu­sern, Flughäfen oder Stromnetze­n. Der Schutzmech­anismus soll auch dann greifen, wenn die Investoren in der EU ein neues Unternehme­n gründen, das dann eine deutsche Firma kaufen soll.

Für ein Verbot einer Übernahme durch ausländisc­he Firmen bleiben die Hürden unveränder­t hoch – die neue Verordnung schützt die Firmen der Wirtschaft­sministeri­n zufolge vor allem durch Meldepflic­hten und verlängert­e Prüffriste­n.

Die zusätzlich­e Zeit könnte Handlungss­pielraum bringen – wie im Fall der Kuka-Übernahme. Damals bot Midea 115 Euro pro Aktie, aus Sicht von Börsenexpe­rten wären 70 bis 80 Euro angemessen gewesen. Ein deutscher oder europäisch­er Investor, der ebensoviel bezahlt hätte, fand sich nicht. Eine längere Frist etwa hätte die Chance bieten können, andere Lösungen zu finden als die Übernahme durch Midea.

Andere Staaten verfügen bereits über Mittel, die heimischen Unternehme­n mit strategisc­hem Knowhow besonders schützen. Das wirkte sich im vergangene­n Jahr auf einen anderen deutschen Konzern aus. Denn ein ähnlicher Deal wie der Kuka-Kauf durch Midea scheiterte an einem amerikanis­chen Veto. Die USA verhindert­en den Kauf des Chip-Anlagenbau­ers Aixtron durch ein chinesisch­es Konsortium. Aixtron, das seinen Hauptsitz in der Nähe von Aachen hat, unterhält eine Niederlass­ung in Kalifornie­n. Die Vereinigte­n Staaten befürchten, dass China Aixtron-Produkte militärisc­h nutzen könnte, und blockierte­n den Verkauf.

Auch in anderen EU-Staaten wie Frankreich, Italien oder Spanien gibt es längst Regeln, die der neuen deutschen Verordnung gleichen. Der EU-Parlamenta­rier Markus Ferber (CSU) begrüßt deshalb den deutschen Schritt. Er sagt: „Wir bringen uns auf das Niveau, auf dem die anderen längst sind.“Der Wirtschaft­spolitiker sieht den Weg der Bundesregi­erung als den „leichteren Hebel“– und als gerechtfer­tigten Weg. Eine europäisch­e Lösung sei zwar sauberer, befinde sich aber noch in den Startlöche­rn. Ferber glaubt nicht, dass eine derartige Entscheidu­ng in naher Zukunft fallen wird.

Die Bundesregi­erung will eine solche europäisch­e Lösung vorantreib­en – gemeinsam mit Frankreich und Italien. Doch die schwedisch­e EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström vertritt bislang die Ansicht, der Markt solle derartige Fragen regeln, ohne dass die EU oder ihre Mitgliedst­aaten aus strategisc­hen Überlegung­en Einfluss nehmen. Das politische Gewicht der Befürworte­r derartiger Regeln könnte das zwar verändern. Fürs Erste lässt sich das Ziel, bestimmte Branchen vor Übernahmen zu schützen, aber nur national umsetzen.

 ?? Archivfoto: Ulrich Wagner ?? Der chinesisch­e Midea Konzern kaufte den Augsburger Roboterbau­er Kuka. Solche Fälle sollen in Zukunft schwerer möglich sein.
Archivfoto: Ulrich Wagner Der chinesisch­e Midea Konzern kaufte den Augsburger Roboterbau­er Kuka. Solche Fälle sollen in Zukunft schwerer möglich sein.

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