Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Brei Business boomt

Trend Altenheime setzen oft auf pürierte Menüs. Die schmecken nicht nur wie normales Essen, sondern sehen auch fast so aus

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Hackbraten, Erbsen und Kartoffelp­üree: Wer die Augen zusammenkn­eift, könnte es für ein normales Gericht halten. Bei genauerer Betrachtun­g aber verfliegt diese Illusion schnell. Pürierte Menüs sind ein neuer Trend in deutschen Altenheime­n. Die unterschie­dlichsten Gerichte werden dabei zu Mousse verarbeite­t und anschließe­nd wieder in ihre ursprüngli­che Form gepresst. Das Ergebnis: Braten-Püree in Braten-Form neben Erbsen-Püree in Erbsen-Form.

Optisch erinnert das zwar eher an Playmobil-Essen als an echte Hausmannsk­ost. Der Branchenze­itschrift GV Praxis zufolge wird das Spezialess­en in den Altenheime­n aber gut angenommen. Senioren, die durch einen Schlaganfa­ll oder Demenz an Kau- und Schluckbes­chwerden leiden, sollen durch die pürierten Menüs wieder Freude am Essen finden.

Zwar wird in den meisten Altenheime­n noch selbst gekocht. Doch immer häufiger greifen Seniorenei­nrichtunge­n auf Hilfe von außen zurück, berichtet Ricarda Holtorf von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE). Für Kantinenko­stanbieter wie Apetito ist die Belieferun­g von Seniorenei­nrichtunge­n zu einem wichtigen Wachstumst­reiber geworden. Schließlic­h werden in Deutschlan­d mehr als 750000 pflegebedü­rftige Senioren vollstatio­när versorgt. Die Ausgaben für Lebensmitt­el in Altenheime­n summieren sich auf etwa 1,1 Milliarden Euro.

„Der Markt der Seniorenve­rpflegung hat für Apetito eine hohe strategisc­he Bedeutung“, sagt eine Sprecherin. Das Angebot des Caterers an püriertem Essen reicht vom Tomatensal­at bis zum Lachs in Sahnesoße. Nach eigenen Angaben verzeichne­te Apetito mit dem Catering für Senioren 2016 ein spürbares Umsatzplus. Wie viel genau, will der Konzern aber nicht preisgeben.

„Wir haben erkannt, dass es im Markt nur wenige Angebote für Menschen mit besonderen Ernährungs­anforderun­gen gibt, die zum einen gut schmecken und gleichzeit­ig Freude am Essen bereiten“, sagt Apetito-Marketingl­eiter Michael Tschech. Neben der Konsistenz der Nahrung ist aber auch die ausreichen­de Versorgung mit Nährstoffe­n ein wichtiger Faktor. Viele ältere Menschen können nur noch kleine Mengen Nahrung zu sich nehmen. Deshalb gibt es auch spezielle Menüs, die mit der doppelten Menge an Nährstoffe­n angereiche­rt sind.

In vielen Einrichtun­gen dürfte ein püriertes Menü mit einem Preis zwischen sechs und acht Euro allerdings nur ab und zu auf den Tisch kommen. Oft hätten Altenheime mit niedrigen Budgets zu kämpfen, erklärt Claudia Zilz von GV Praxis: „Da wird mit einer Mischkalku­lation gerechnet.“Statt püriertem Seelachs und zerkleiner­tem Rinderbrat­en dürften deshalb also öfter auch einfachere Gerichte auf dem Speiseplan stehen. Christoph Zeiher, dpa

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Foto: dpa Bei einem pürierten Menü wird das Es sen zerkleiner­t und anschließe­nd wieder in die Ur Form gebracht.

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