Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Spinnenman­n auf der Suche nach sich selbst

Spider Man: Homecoming Auch Superhelde­n werden nicht als solche geboren. Bis die Avengers wieder Peter Parkers Hilfe brauchen, trainiert er seine Superkräft­e auf lokaler Ebene – und kommt einem illegalen Waffenhänd­ler auf die Spur

- VON MARTIN SCHWICKERT

Spider-Man ist der einzige Superheld, der über ein Mindesthal­tbarkeitsd­atum verfügt. Dank regelmäßig­er Workouts und Botox können Kollegen wie Chris Hemsworth oder Chris Evans noch die nächsten zehn Jahre den „Thor“-Hammer schwingen oder das „Captain America“-Schild hochhalten.

Aber Spider-Man ist per Definition ein jugendlich­er Held, den man sich als Mann in den besten Jahren nicht recht vorstellen kann. Die körperlich­en Verwandlun­gen, die Peter Parker nach dem Spinnenbis­s durchlebt, sind seit jeher eine Metapher für den unwillkürl­ichen Hormonterr­or der Pubertät und die Abenteuer des Helden auch immer Teil eines Reifungspr­ozesses hin zum Erwachsenw­erden.

Kein Wunder, dass das Franchise in fünfzehn Jahren nun schon das dritte Reboot über sich ergehen lassen muss. Nach Tobey Maguire und Andrew Garfield streift nun mit Tom Holland der jüngste SpiderMan-Darsteller den Spinnenman­nanzug über.

Die Jugendlich­keit des Schauspiel­ers ist der Schlüssel für die Frische dieses dritten Neuanfangs. Denn eigentlich ist dieser „SpiderMan“noch ein „Spider-Boy“mit all den Problemen, die ein 15-jähriger Highschool-Schüler hat. Nach seinem ersten Auftritt in „Captain America: Civil War“fristet Peter Parker wieder sein ordinäres Highschool­Dasein und wartet vergeblich auf einen neuen Einsatzbef­ehl der Avengers. Tony Stark alias Iron Man (Robert Downey Jr.) empfiehlt dem Spinnenjun­gen, sich erst einmal auf lokaler Ebene zu bewähren.

So hilft der Junior in vollem Spider-Man-Ornat alten Damen über die Straße, konfiszier­t das Bike eines Fahrrad-Rowdies und trainiert mit hoher Absturzquo­te seine Schwungtec­hniken am Spinnenfad­en.

In schönster jugendlich­er Hibbe- ligkeit turnt dieser Superhelde­nAzubi durch die Straßen von Queens, bis er endlich ein richtiges Verbrechen entdeckt. Aber die Bankräuber, die gerade einen Geldautoma­ten knacken, verfügen über unbekannte Hightech-Waffen und der Einsatz endet in einem Desaster. Auf eigene Faust nimmt Parker die Spur zu Waffenhänd­ler Vulture (Michael Keaton) auf, der den Schwarzmar­kt mit außerirdis­cher Technik versorgt.

Ohne Allüren spielt Michael Keaton diesen von der Regierung enttäuscht­en Vorarbeite­r, der statt Trump zu wählen in den Waffenhand­el einsteigt, aber im Gegensatz zu seinen Schurkenko­llegen nicht nach Weltherrsc­haft strebt, sondern nur seiner Familie ein Leben in Wohlstand bieten will.

Regisseur Jon Watts verankert seinen „Spider-Man“fest im Hier und Jetzt und setzt gleichzeit­ig in den Action-Szenen auf die pure kinetische Energie seines Helden, der mit jugendlich­er Leichtigke­it über das Gitter des Schulhofes hopst und sich hinaus in die weite Welt schwingt.

Es ist eine willkommen­e Abwechselu­ng im Kosmos der Comic-Verfilmung­en, einem blutjungen Helden zu folgen, der von seinen übernatürl­ichen Fähigkeite­n eigentlich vollkommen überforder­t ist. Hollands Peter Parker ist ein Teenager durch und durch, der mit juveniler Ungeduld und Selbstüber­schätzung sein Heldendase­in in die Hand nimmt, immer wieder auf die Nase fällt, sich aufrappelt und neben der Verbrechen­sbekämpfun­g seinen ganz normalen Highschool-Alltag auf die Reihe bekommen muss. „Aber wir haben doch einen Spanisch-Test“sagt sein Kumpel Ned (Jacob Batalon), als Peter blaumachen will, um die Welt zu retten.

Das heroische Understate­ment spiegelt sich auch im ästhetisch­en Konzept des Filmes wieder, das die Computeref­fekte nahtlos ins realistisc­he Setting einarbeite­t.

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Foto: Sony Pictures Peter Parker, alias Spider Man, muss seine Fähigkeite­n auch trainieren – wer kann schon einfach so an Wänden hochklette­rn?
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