Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Spiel mir das Lied vom Kino
Natürlich sind die bewegten Bilder das Wichtigste im Kino. Aber manchmal ist es die Musik, die länger nachhallt. Was auch damit zu tun hat, dass Film und Sound im Kino nach dem Prinzip Gin-Tonic funktionieren: Zusammen entfalten sie eine einmalige Wirkung, den sinnlichen Leinwandsog, den es so nur im großen Resonanzraum Kino gibt.
Ein Beispiel: Jim Jarmuschs Meisterwerk „Dead Man“(mit Johnny Depp als William Blake) wäre ohne die genialen, verstörenden Gitarrenelegien eines Neil Young nicht nur ein anderer, sondern ein schwächerer Film. Jeder kennt dieses Kinosesselgefühl am Ende, kurz bevor der Abspann zu Ende ist: Den Soundtrack muss ich haben! Die durchkomponierte Musik für einen Film ist das eine – der Sampler von verschiedenen Songs, die im Film zu hören sind, das andere. Beispiel Nummer zwei also: „The Descendants“mit George Clooney, im Abspann eine lange Reihe von Interpreten und Songs – dass Hawaii so wunderbar klingen kann! Her mit der CD! Ohne diesen Film hätte man vermutlich keine Hawaii-Musik gehört – und vor allem nicht die richtige kennengelernt. Und dann gibt es Filme, die von gut platzierten, passenden Songs mit getragen werden – bis einer kommt, der eine, der einen trifft wie ein Blitz im Kinosessel.
So geschehen mit „Hell or High Water“, dem oscarnominierten Neo-Western von David Mackenzie, der mit einer langen Sequenz endet, die geprägt wird von einem grandiosen Song (Soundtrack zusammengestellt von Nick Cave und Warren Ellis). Wer singt da? Wer ist das? Abspann studiert wie eine Steuererklärung, bloß nichts verpassen – da, Chris Stapleton, das muss er sein! Seither bereichert um zwei Alben. Wieder etwas, das dem Kino zu verdanken ist …