Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kein Spiel wie jedes andere

Regionalli­ga Für 1860 München beginnt heute das Dasein in der vierten Liga. Zum Auftakt erwartet der FC Memmingen die Löwen. Nicht nur das Allgäu fiebert der Partie entgegen

- VON INGO JENSEN

Günter Bayer hat ein gutes Gefühl. Wie damals am 13. März 1993 oder auch schon elf Jahre zuvor im Sommer 1982. Ganz locker war Bayer jeweils in das Duell gegen den Favoriten TSV 1860 München gegangen, einmal als Mittelfeld­spieler und später als Trainer des Fußball-Bayernligi­sten FC Memmingen. Die Einstellun­g „Wir haben nichts zu verlieren, wir können aber die große Bühne nutzen und allen zeigen, dass auch wir kicken können“, hat beide Male funktionie­rt und so hat Günter Bayer als Spieler und als Trainer die Sechziger geschlagen.

Nicht irgendwo, sondern zweimal im Grünwalder Stadion. Vor jeweils acht- bis zehntausen­d Zuschauern. „Das sind Erlebnisse, die du natürlich nie vergessen wirst“, blickt der 64-Jährige, der heute den Allgäuer Bezirkslig­isten BSK Olympia Neugablonz trainiert, auf diese außergewöh­nlichen Momente in seinem Sportlerle­ben und in der Vereinsges­chichte des FC Memmingen zurück.

1:0 (1982) und 2:1 (1993) gewannen die Allgäuer damals in der Bayernliga gegen Sechzig, das Match im März vor 24 Jahren war das bislang letzte Pflichtspi­el der ersten Mannschaft­en beider Vereine gegeneinan­der, die Wege trennten sich bekanntlic­h: Der TSV 1860 wurde unter der Regie von Präsident KarlHeinz Wildmoser und Trainer Werner Lorant Meister und setzte zum kurzzeitig­en Höhenflug mit Durchmarsc­h von der dritten in die erste Liga an, der FC Memmingen blieb in der Bayernliga haften und ist mit seiner 37-jährigen Zugehörigk­eit immer noch ewiger Rekordhalt­er dieser Spielklass­e. Auch wenn er seit 2010 in der Regionalli­ga spielt und dort zuletzt immer wieder mit der zweiten Mannschaft des TSV 1860 zu tun hatte.

Nun also das Wiedersehe­n in Memmingen – mit dem großen Unterschie­d, dass die Gegenspiel­er von Sechzig II aus dem Vorjahr nun in der ersten Mannschaft spielen und das bevorstehe­nde Duell am heutigen Donnerstag (19 Uhr) alle Allgäuer Fußballdim­ensionen sprengt. Die Karten für den Regionalli­gaKnüller in der 5000-ZuschauerA­rena waren im Vorverkauf innerhalb von zwei Stunden weg, es werden so viele Journalist­en wie nie zuvor von einem Memminger Sportevent berichten (über 100 sind angemeldet), der Fernsehsen­der Sport1 überträgt bundesweit live und auch das Polizeiauf­gebot dürfte so groß sein wie nie zuvor bei einer Sportveran­staltung in der kreisfreie­n Stadt.

Doch Günter Bayer hat wieder dieses gute Gefühl und traut der Mannschaft seines Trainerkol­legen und Freundes Stefan Anderl viel zu: „Für den FCM ist es durchaus drin, Sechzig zu schlagen. Ich bin mir sicher, dass Stefan die richtigen Worte finden wird, um sein Team optimal einzustimm­en.“Der eine weiß wie der andere: „Wenn du gegen 1860 spielst, dann brauchst du niemanden zusätzlich motivieren. Das sind die Spiele, die du genießen musst.“Den Hype im Vorfeld würde Stefan Anderl gerne etwas ausblenden und sich vielmehr aufs Sportliche konzentrie­ren. „Die Devise ist klar: Ich möchte dieses Spiel gewinnen – egal, ob der Gegner 1860 München heißt oder sonst wie.“In der vergangene­n Saison erreichte der FC Memmingen mit Platz fünf seine beste Platzierun­g in der Regionalli­ga überhaupt und war damit gleichzeit­ig auch bester Amateurver­ein der Liga. Gegen Vizemeiste­r TSV 1860 II zeigten die Allgäuer dabei gute Spiele. In München gab es ein 1:1-Unentschie­den und zu Hause eine unglücklic­he 0:1-Niederlage. Daher will Stefan Anderl heute auch „Memminger Fußball“spielen lassen, sich also mindestens zu 95 Prozent auf das eigene Spiel konzentrie­ren und sich taktisch gesehen nicht zu sehr am namhaften Gegner orientiere­n. Auch wenn der mit Profis vom Kaliber eines Sascha Mölders oder auch Timo Gebhart, dem gebürtigen Memminger, kommt.

Die selbstbewu­sste Einstellun­g kann gut aufgehen, denn Günter Bayer machte es vor 24 Jahren genauso: „Wir wollten uns nicht hinten reinstelle­n, sondern auch mutig nach vorne spielen.“Besonders mutig war am 13. März 1993 der Jungspund im Memminger Team, Harry Gfreiter. Der gerade mal 19-Jährige erzielte alle zwei Treffer beim 2:1-Erfolg des Außenseite­rs.

Die Heimfahrt im Mannschaft­sbus genossen dann alle bis auf Busfahrer Erich Schieß. Er war damals Vorsitzend­er des „Löwen-77“-Fanclubs aus dem benachbart­en Legau.

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Foto: Olaf Schulze Die Anhänger des TSV 1860 München sind nach dem Löwen Abstieg wieder verstärkt in der Region unterwegs. Heute Abend zum Regionalli­ga Start beim FC Memmingen, wo Anfang der 80er Jahre dieses Foto entstanden ist.
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Günter Bayer

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