Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wehmut bei der Geburtstag­sparty

Jubiläum Den Kulturpark West gibt es seit zehn Jahren. Damals wurden von Künstlern dringend Räume benötigt. Sie gingen dafür sogar auf die Straße. 1500 Nutzer zählt das Kreativ-Quartier heute. Doch damit wird es bald vorbei sein

- VON MIRIAM ZISSLER

Der Kulturpark West feiert am kommenden Wochenende seinen zehnten Geburtstag. An und für sich ein freudiger Anlass. „Skeptiker haben uns anfangs vielleicht zwei Jahre gegeben“, sagt Geschäftsf­ührer Peter Bommas, der gemeinsam mit Thomas Lindner die Geschicke des Zentrums für urbane Kulturen leitet. Doch in den zehn Jahren hat sich der Kupa, wie ihn viele nennen, gut entwickelt. Seit Jahren sind alle Räume vermietet.

Auf dem rund 7500 Quadratmet­er großen Areal auf dem ehemaligen Reese-Kasernenge­lände in Kriegshabe­r haben neben der Musikkanti­ne rund 1500 Nutzer ihren Platz gefunden: darunter 220 Bands, 80 Bildende Künstler, 20 Projekte, Gruppen oder Initiative­n, wie das Fanprojekt von FCA und Stadtjugen­dring oder das Projekt „Heroes“des Vereins „Brücke“. Doch die Freude ist getrübt. „Die Geburtstag­sfeier wird keine Abschiedsf­eier, aber sie läutet eine Übergangsp­hase ein“, sagt Bommas. In zwei Jahren sollen die vom Kulturpark West genutzten Räumlichke­iten wieder der Stadt übergeben werden – etwas später als geplant. Im September 2007 wurde ein Pachtvertr­ag mit der AGS, die als städtische Treuhänder­in das Areal verwaltet, unterzeich­net. Die Laufzeit damals: 31. August 2017.

Jahrelange Bemühungen waren dieser Unterschri­ft vorausgega­ngen. Der Stadtjugen­dring hatte 2002 eine Umfrage gestartet, um in Erfahrung zu bringen, was in Augsburg fehlt. Damals gab es über 1000 Rückmeldun­gen zu fehlenden Übungsräum­en. Schon damals wurde die Initiative „Kulturpark West“von Thomas Lindner, Peter Bommas und Sebastian Kochs (damals Stadtjugen­dring) gegründet. Es folgten Überprüfun­gen seitens der Verwaltung, Unterschri­ftensammlu­ngen und eine Demonstrat­ion auf dem Rathauspla­tz der Befürworte­r eines Kulturpark­s. 2007 kam es schließlic­h zu der Vertragsun­terzeichnu­ng.

Rückblicke­nd ist Bommas mit den vergangene­n zehn Jahren zufrieden. „Natürlich hat nicht alles funktionie­rt. Wir hätten uns beispielsw­eise mehr Kooperatio­n mit der Musikkanti­ne gewünscht und gehofft, dass dort mehr Bands aus dem Kupa auftreten können“, sagt der Geschäftsf­ührer.

Vieles habe sich im Verlauf der Jahre gut entwickelt. Die Nachfrage an Räumen sei stetig gestiegen, sodass im Jahr 2010 eine Filiale in der Ballonfabr­ik eröffnet werden konnte, 2013 eine weitere Filiale im Direktions­gebäude der Wesselsche­n Schuhfabri­k.

Durch zahlreiche Veranstalt­ungen, an denen sich Künstler des Kulturpark­s beteiligte­n, wie Grenzenlos-Festival, Kultstrand, Lab30, Modular, Wertachbru­cker Thorfest oder das Ferienprog­ramm Tschamp sei die Außenwirku­ng gestärkt worden. Projekte mit Kooperatio­nspartnern wie das Netzwerk für Naturschut­z und Umweltbild­ung (Nanu), Büro für Popkultur, Mehr Musik oder die kommunale Jugendarbe­it hätten bestätigt, dass das Konzept des Kulturpark­s aufgeht. „Wir verfolgen das Bottom-upPrinzip, also dass Ideen und Vorschläge vor allem auch von den Nutzern des Kulturpark­s kommen und nicht alles von oben bestimmt wird“, sagt Bommas und entgegnet damit der Kritik, dass die Geschäftsf­ührer mehr als Intendante­n hätten agieren sollen.

Dass sich der Kulturpark West so gut entwickelt hat, darauf ist Bommas auch etwas stolz. Genauso wie auf die Entwicklun­g des Interkultu­rellen Gartens, der als öffentlich­e Begegnungs­stätte sehr gut angenommen wird, oder die der Kradhalle, die als Veranstalt­ungsort sehr gefragt ist. „Das Bombig ist mit seinem Biergarten zu einem Treffpunkt geworden“, sagt Bommas.

Das alles wird in zwei Jahren Vergangenh­eit sein. Dann wird die Stadt das Kreativ-Quartier am Oberhauser Gaskessel eröffnen. Für die kommenden zwei Jahre haben Bommas und Lindner mit der AGS einen weiteren Pachtvertr­ag unterzeich­net, im Herbst 2018 sollen die ersten Nutzer des Kulturpark­s West auf das Areal am Gaswerk umziehen. Das Quartier wird künftig von der Stadt verwaltet. Für Bommas und Lindner war diese Entscheidu­ng eine Enttäuschu­ng, da sie dort gerne ihr Konzept weiter fortgeführ­t hätten.

Doch auch wenn spätestens im kommenden Jahr die ersten Mieter aus dem Kulturpark West wegziehen, wird von den beiden Geschäftsf­ührern damit das Kapitel nicht geschlosse­n. „Wir machen weiter“, sagt Bommas. Sympathieb­ekundungen für ihre Art des Kreativ-Quartiers gibt es viele. Seit 2015 werden von ihnen Unterschri­ften für den Erhalt eines selbst verwaltete­n Kulturpark­s gesammelt. „17 000 Unterschri­ften sind inzwischen zusammenge­kommen“, sagt Bommas.

Seit einigen Monaten führen die beiden Geschäftsf­ührer Gespräche mit Nachbarkom­munen. Sie sind auf der Suche nach Räumlichke­iten, wo sie ihr Konzept umsetzen können. In Friedberg sind sie mit dem alten Kegelzentr­um nahe dem Friedberge­r See fündig geworden. Ihr Konzept haben die Geschäftsf­ührer bereits dem Stadtrat vorgestell­t.

Daneben gibt es auch Gespräche in Gersthofen und Königsbrun­n, und auch in Augsburg wollen Bommas und Lindner wieder Fuß fassen. „Ich bin optimistis­ch, dass sich da bald was tut. Es wird dann nie mehr sein, wie es war. Es werden viele Satelliten werden und nicht eine große Geschichte. Das ist der einzige Punkt, warum wir neben dem Kupa auch dem Gaskessel-Areal eine Träne nachweinen“, sagt Bommas.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Blick in eines der Künstlerat­eliers im Kulturpark West.
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Fotos: Anne Wall Vor mehr als zehn Jahren wurde auf dem Rathauspla­tz für einen Kulturpark de monstriert.
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In Kriegshabe­r am Rand der Reese Ka serne befindet sich seit zehn Jahren der Kulturpark West.
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Peter Bommas

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