Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das verschwund­ene tote Reh

Vergehen Eine Försterin befreit das Tier von seinem Leiden, dabei sehen ihr mehrere junge Männer zu. Als der Jagdpächte­r kommt, sind Kadaver und Männer fort

- VON BENJAMIN REIF

Es war mitten in der Nacht, kurz vor 23 Uhr, als Christoph Kunad zum Unfallort gerufen wurde. Als Jagdpächte­r von Lauterbrun­n wurde ihm von der Polizei gemeldet, dass ein Rehbock angefahren worden sei. Eine zufällig vorbeifahr­ende Försterin habe ihn mit einem Messer von seinen Qualen erlöst. Dann hatte sie die Beamten verständig­t und war nach Hause gefahren. Doch als Kunad eintraf, sah er nur noch einen großen Blutfleck auf der Straße.

Was ist mit dem Kadaver geschehen? Das fragen sich nun Jagdpäch- ter Kunad und die Polizei. Denn die Szene, die sich bereits am 27. Juni auf der Staatsstra­ße 2036 abspielte, hatte noch andere Beteiligte – und jetzt ein Nachspiel.

Als die Försterin das verletzte Tier notgedrung­en mit einem Messer tötete, hielten insgesamt drei Männer aus mindestens zwei verschiede­nen Autos an, alle nach Aussage der Försterin um die 30 Jahre alt. Einer stellte sich als „Max“vor, und sagte, er sei Jäger. Das habe er in „heimischem Dialekt“getan, heißt es von der Polizei. Er fuhr eine schwarze Mercedes A-Klasse. Auf den eintreffen­den Jagdpächte­r sollten insgesamt zwei Männer warten. sucht die Polizei nach Besuchern der Unfallstel­le als Zeugen.

Als Kunad eintraf, wartete niemand auf ihn. Er vermutet einen Diebstahl. Laut Polizei wird der Wert des Rehbocks auf rund 150 Euro geschätzt.

Der Unfallveru­rsacher stahl das Reh nach Ermittlung­en der Polizei indes nicht. Er habe nur eine Taschenlam­pe von zu Hause geholt und sei dann etwa eine Stunde später noch einmal zum Unfallort – ohne jedoch vorher Polizei oder Kunad zu informiere­n. Wer das Reh nun mitgenomme­n hat, anstatt auf den Jagdpächte­r zu warten und es ihm zu überbringe­n, beging laut Erwin Kraus von der Polizei Zusmarshau­sen keine Bagatelle. „Sie hätten sich dann des Vergehens der Jagdwilder­ei schuldig gemacht“, sagt der Beamte, quasi einer speziellen Form des Diebstahls.

Das kann laut Strafgeset­zbuch mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden, wahrschein­licher ist in diesem Fall aber eine Geldstrafe.

Dass Wild gestohlen wird, ist nicht alltäglich. Doch Kunad wird häufig zu Unfällen mit Wildtieren gerufen, meist in der Nacht, nach denen sich die Verursache­r aus dem Staub gemacht haben. „Vielen ist es egal, was mit den Tieren geschieht“, sagt Kunad. „Viele wissen wahrNun scheinlich auch nicht genau, was zu tun ist.“

Das ist: Entweder den Jäger oder die Polizei verständig­en, damit diese sich um das verletzte oder tote Tier kümmern. Und das muss sofort nach dem Unfall geschehen, nicht erst am nächsten Tag, sagt der Jagdpächte­r. „Wer es sich dann noch einmal anders überlegt und eine Unfallbest­ätigung will, bekommt von mir keine“, sagt Kunad. „Und bei der Polizei kriegt er für sein unerlaubte­s Entfernen wohl Ärger.“O

zu der Unfallnach­t nimmt die Polizei Zusmarshau­sen unter Tele fon 08291/18900 entgegen.

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