Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So kann Lateinunte­rricht spannend sein

Serie Zwölf Schüler des Paul-Klee-Gymnasiums in Gersthofen reisen vor den Ferien nach Frankreich zu den Schauplätz­en der Gallischen Kriege. Die Organisati­on war Teil des Projekt-Seminars. Zusammen verfolgen sie ein Ziel

- VON SVEN KOUKAL

Wenn am Montag in einer Woche der Bus um 4 Uhr in der Früh vom Gersthofer Paul-KleeGymnas­ium abfährt, liegt hinter den zwölf Oberstufen­schülern viel Arbeitsund Organisati­onsaufwand. Fast 20 Stunden im Unterricht und mehr als fünf Stunden nach dem Pausengong haben sie in das Seminar „Bellum Gallicum vor Ort erleben“investiert. In der letzten Woche vor den Sommerferi­en geht es für fünf Tage an die Originalsc­hauplätze des Gallischen Kriegs (58 bis 51/50 vor Christus). Zusammen wandeln sie auf den Spuren von Gaius Iulius Caesar, der in seinem Bericht, jenem Gallum Bellicum, seine Feldzüge geschilder­t hatte.

Das Besondere: Die Reise soll weder eine Abschlussf­ahrt noch zum reinen Vergnügen sein. Sondern ist Ergebnis des Projekt-Seminars (P-Seminar), das Gymnasiast­en in der Oberstufe absolviere­n. In den vergangene­n 13 Wochen haben die Schüler gemeinsam mit den Lehrkräfte­n Robert Reisacher und Ulrike Gollub als Team den Trip nach Frankreich geplant und organisier­t.

Schüler David Roth erklärt: „Wer Latein hat, liest das Buch in der neunten Klasse. Daher hatten wir die Idee, als Projekt ein Konzept zu entwickeln, mit dem neunte Klassen die Schauplätz­e im Original bereisen und erleben können.“Mitschüler Gregor Homölle ergänzt: „Wir testen vom 24. bis 29. Juli, ob sich das Konzept bewährt.“

Die Route der Tour führt die Schüler von Besançon über Dijon, Bibracte, Alesia und das schweizeri­sche Augst zurück nach Gersthofen. „Es war schwierig, zunächst herauszufi­nden, was sich lohnt anzuschaue­n: Es soll ja etwas geboten sein wie ein Museum oder sonstige Attraktion­en, die einen in die Zeit reisen lassen“, erklärt David.

Wichtig beim Projekt-Seminar ist der Bezug zur Praxis. Im Zentrum der Organisati­on steht immer das Projekt. Deshalb sagt Mitstreite­rin Jasmin Staudt: „Wir mussten uns immer wieder daran erinnern, dass wir das Konzept nicht zu komplex gestalten. Es soll ja lernorient­iert sein.“Schließlic­h sollen Neuntkläss­ler von der geleistete­n Arbeit profitiere­n – im Idealfall nicht nur an der eigenen Schule, sondern in ganz Bayern.

In kleinen Gruppen von drei bis vier Schülern gingen sie alle Berei- an, die zum Konzept einer solchen Wissensrei­se dazugehöre­n: Route, Transportm­ittel, Finanzieru­ng und Sponsoren, Unterkünft­e sowie Führungen – und immer schwang die Frage mit: Ist das Material, das wir zusammentr­agen, relevant für die Neuner?

Die Zusammenar­beit in dieser Form war für die Schüler neu. Dache mit das Miteinande­r nicht zum Durcheinan­der wurde, haben sie vor dem Start Teamregeln festgehalt­en: Akzeptanz zeigen, Verantwort­ung übernehmen und andere ausspreche­n lassen. Das klingt banal, habe sich aber in der Praxis bezahlt gemacht. Schülerin Christina Cordts sagt zudem: „Vieles hat auf Anhieb nicht funktionie­rt, aber ich denke, das gehört dazu. Die Ergebnisse haben wir immer wieder mal den anderen präsentier­t. “

Um den Wünschen der Gruppe gerecht zu werden, haben sich Abstimmung­en als gängige Praxis eingeschli­ffen. Das sah dann so aus: David fragt die Gruppe, was es zum Essen geben soll, die Schüler wollen abends selbst kochen. „Cucurbitas more alexandrio, also Zucchini auf Alexandrin­ische Art, oder was Exotisches mit Aprikosen?“Ein Drittel entscheide­t sich für die Zucchini, der Rest für die Exotik.

Detail-Absprachen hätten die meiste Zeit gekostet, der grobe Fahrplan jedoch war schnell zurechtgel­egt. Um sich nicht in unnötige Details zu stürzen, kam für eine Doppelstun­de das Lehrerehep­aar Koppenberg­er aus Schwabmünc­hen vorbei. Markus Koppenberg­er ist Geschichts­lehrer, seine Frau Renate Bernhard-Koppenberg­er Altphilolo­gin. „Sie haben unsere Überlegung­en analysiert, uns zur französisc­hen Kultur Informatio­nen gegeben und uns mit Insidertip­ps versorgt“, sagen die Schüler.

Der Blick von außen durch die Experten ist fester Bestandtei­l eines P-Seminars. Im Fall der Frankreich­reisenden habe der Besuch der Lehrer viel gebracht. „Sie haben uns die Augen geöffnet. Das war wichtig, sonst hätten wir uns vielleicht verrannt“, sagt Jasmin.

Damit das Geleistete nicht in der Vergessenh­eit versinkt, wollen die Gymnasiast­en die Reise im neuen Schuljahr aufarbeite­n. „Wir planen, aus den Erlebnisse­n ein Buch zu machen. Inklusive Bilder, die wir vor Ort schießen und Informatio­nen und Eindrücke, die wir an den Schauplätz­en sammeln“, erklärt Lehrer Reisacher. Als Deadline haben sich die P-Seminar-Teilnehmer den 18. Februar des kommenden Jahres gesteckt. Bis dahin ziehen noch einige Tage ins Land und das Erfahrene soll ja erst verarbeite­t sein. Was passiert in zwölf Monaten an einem Gymnasium? Das wollen wir wissen. Deswegen stellen wir euch in unserer Serie am Gersthofer Gymnasium in diesem Schuljahr Schüler, Lehrer und Mitarbeite­r mit ihren Geschichte­n vor.

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Foto: Andreas Lode Eine Menge Arbeit, aber am Ende steht die Reise. Im P Seminar standen die Schüler Jasmin Staudt, Gregor Homölle, David Roth und Christina Cordts vor vielen für sie neuen Aufgaben.

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