Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was vom Jubel übrig bleibt

Fußball Mit der Europameis­terschaft in den Niederland­en erfährt der Frauenfußb­all erhöhte Aufmerksam­keit. Bei den weiblichen Amateuren gibt es allerdings eine Problemzon­e

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER UND JOHANNES GRAF

Nicht gerade entsetzt, aber immerhin verwundert ist Gabi Meissle über das, was die deutschen Fußballeri­nnen derzeit bei der Europameis­terschaft in den Niederland­en abliefern. „Die deutsche Mannschaft spielt nicht auf dem Niveau, auf dem sie früher war“, sagt die Abteilungs­leiterin Frauenfußb­all des TSV Schwaben Augsburg. Seit Jahren verfolgt Meissle das Geschehen auf der großen internatio­nalen, aber auch auf der kleinen regionalen Bühne des Frauenfußb­alls. Mit 13 Frauen- und Mädchenman­nschaften ist ihr Verein das Augsburger Aushängesc­hild. Als Regionalli­gist ist der TSV höchstklas­siger Verein im Bezirk Schwaben.

Täglich sieht Meissle, wie viel Arbeit und Engagement Trainer und Betreuer in die Mannschaft­en stecken. Und wie schwer es ist, die Mädchen über längere Zeit bei der Stange zu halten. Es sei unglaublic­h, was hier alle Ehrenamtli­chen an Herzblut reinstecke­n, meint Meissle. „Das ist immer noch der große Unterschie­d zum Männerfußb­all, wo es ab einer bestimmten Klassenzug­ehörigkeit doch nur noch ums Geld geht.“Zudem mache es die Konkurrenz­situation mit Trendsport­arten wie Klettern immer schwerer, Nachwuchs zu gewinnen. Der TSV Schwaben hat kein großes Problem, schon in der F-Jugend fangen die Kinder hier mit dem Kicken an. „Aber in der Region sieht es nicht so gut aus“, betont Meissle.

Von einem Boom, den die Frauenfußb­all-WM 2011 in Deutschlan­d auslösen sollte, kann sie bisher nichts erkennen. „Auf den Breitenspo­rt hatte das keine Auswirkung­en“, sagt Meissle. Sie glaubt ebenso wenig, dass der Europameis­tertitel die deutschen Frauen daran etwas ändern würde.

Zustimmung erfährt sie von Markus Thrämer. Der 42-Jährige widmet sich seit über zwei Jahrzehnte­n dem Frauenfußb­all, engagierte sich unter anderem als Trainer von Schwaben Augsburg, Wacker München, TSV Pfersee und zuletzt des FC Augsburg. Dort fungiert er inzwischen als Teammanage­r und Abteilungs­leiter. Frauenfußb­all bezeichnet er als den „attraktive­ren“und „ehrlichere­n“Sport. Hier ginge es nicht ums Geld, sondern ausschließ­lich um ein Hobby, dem lei- denschaftl­ich nachgegang­en werde. Wann immer sich die Möglichkei­t bietet, schaut Thrämer sich dieser Tage TV-Übertragun­gen von der EM in Holland an. Interessie­rt verfolgt er Eckball- oder Freistoßva­rianten. Die dürftigen Auftritte der Deutschen erklärt er sich mit der Passivität der Gegner, die Schadensbe­grenzung betreiben würden. Und der allgemeine­n Entwicklun­g im weiblichen Spitzenfuß­ball. „Es gibt kein Fallobst mehr“, betont Thrämer. „Andere Nationen haben aufgeholt.“Im Viertelfin­ale trifft Deutschlan­d am Samstag in Rotterfür dam auf Dänemark (20.45/ZDF). Der deutschen Mannschaft von Trainerin Steffi Jones traut Thrämer nicht weniger als den Titel zu. Dass im Erfolgsfal­l künftig mehr Mädchen kicken wollen, daran glaubt er nicht. Die Problemzon­e des Frauenfußb­alls sieht er in den Spielklass­en zwischen reinem Hobby und ambitionie­rtem Amateurspo­rt, im Bereich zwischen Bezirksund Regionalli­ga. „Immer mehr Spielerinn­en sagen, ich will nicht in den Leistungsb­ereich“, erklärt Thrämer. Zeit und Aufwand seien etlichen dafür zu schade.

 ?? Foto: Witters ?? Jubel bei den deutschen Fußballeri­nnen. Seit Jahren zählen sie zur Weltspitze, die Auswirkung­en auf das Amateurlag­er halten sich allerdings in Grenzen. Probleme bereitet der Leistungsb­ereich.
Foto: Witters Jubel bei den deutschen Fußballeri­nnen. Seit Jahren zählen sie zur Weltspitze, die Auswirkung­en auf das Amateurlag­er halten sich allerdings in Grenzen. Probleme bereitet der Leistungsb­ereich.

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