Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Potenzial ist noch nicht ausgereizt“

Frauen Europameis­terschaft Für die aus Biburg stammende U20-Weltmeiste­rin Jenny Gaugigl bleibt Deutschlan­d der Titelfavor­it. Was sie sich selbst von der Saison erwartet

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Als U20-Weltmeiste­rin und Bundesliga­spielerin kennen Sie sich ja bestens aus im Frauenfußb­all. Wie hat Ihnen denn bisher die deutsche Nationalma­nnschaft bei der Europameis­terschaft gefallen? Haben Sie die Spiele überhaupt verfolgt?

Wenn wir nicht selbst Training hatten, habe ich alle Partien größtentei­ls gesehen. Das Manko war eindeutig die Chancenver­wertung. Bisher haben wir nur vom Elfmeterpu­nkt und durch Abwehrspie­lerinnen getroffen.

Sind eigentlich aus der Mannschaft, mit der Sie 2014 in Kanada U20-Weltmeiste­rin geworden sind, aktuell Spielerinn­en im Kader?

Ja. Lina Magull, Lena Petermann vom SC Freiburg und Linda Dallmann aus Essen gehörten zu dieser Truppe.

Juckt es da nicht in den Beinen, selbst dabei zu sein?

Ich konzentrie­re mich auf den SC Sand. Da will ich jetzt Stammspiel­erin werden und in die Mannschaft hineinwach­sen. Seit November bin ich ja zu alt für die Nachwuchsm­annschafte­n des DFB.

In der ersten Saison nach Ihrem Wechsel vom FC Bayern München hat es in Sand nicht so geklappt. Warum?

Ich war im November einen Monat mit der U20 unterwegs. Aber das ist nicht der Grund. Das Probetrain­ing und die Verpflicht­ung ist Trainer Alex Fischer erfolgt. Der wurde aber von Colin Bell abgelöst, der dann auf erfahrene Spielerinn­en gesetzt hat. Da hatte ich keine Chance. Als Bell dann zur irischen Nationalma­nnschaft gegangen ist, wurde es schon besser. Jetzt haben wir mit Sascha Glass wieder einen neuen Coach, der aus Wolfsburg gekommen ist und auf die Jugend setzt. Ich bin optimistis­ch, dass sich jetzt was ändern wird und ich mehr zum Zug komme.

Wie muss man sich das Leben einer Bundesliga-Spielerin vorstellen? Ist das Ihr Hauptberuf?

Ja. Wir trainieren zweimal am Tag, neunmal die Woche. Zu meinem Minijob in einem Fitnessstu­dio komme ich nur selten. Ich habe ja eine Ausbildung zur Sportund Fitnesskau­ffrau gemacht.

Beschreibe­n Sie doch einmal den SC Sand. Wo genau liegt dieses Sand überhaupt?

Sand ist ein Ortsteil von Willstätt im Ortenaukre­is und liegt zwischen Offenburg und Kehl am Rhein. In einer der schönsten Gegenden Deutschlan­ds. Der SC ist ein richtiger Dorfverein. Da ist selbst die Sportanlag­e in Horgau, auf der ich mit der SpVgg Auer- bach-Streitheim gespielt habe, größer. Aber in Sand dreht sich alles um den Frauenfußb­all. Die Männer spielen da nur eine Nebenrolle.

Sind aktuelle Teamkolleg­innen aus Sand bei der EM in Holland dabei?

Ja, unsere drei „Ösis“Verena Aschauer, Laura Feiersinge­r und Nina Burger stehen mit Österreich ebenfalls im Viertelfin­ale. Darüber hinaus habe ich noch Mitspieler­innen aus den USA, Frankreich, Brasilien, der Schweiz und der Slowakei.

Zurück zum aktuellen Geschehen. Für Steffi Jones ist die Europameis­terschaft das erste große Turnier. Wie gefällt Sie Ihnen als Nationaltr­ainerin?

Ich habe Steffi Jones bei der U20-Weltmeiste­rschaft in Kanada kennengele­rnt. Sie ist vom Typ her wirklich total locker. Das Gegenteil von Silvia Neid. Sie redet ganz viel mit den Mädchen, schenkt ihnen Vertrauen und pflegt einen guten Kontakt. Das wirkt sich sehr positiv aus. Da werden sich Erfolge einstellen.

Eine Frage, die Sie schon tausend Mal gehört haben: Was ist der größte Unterschie­d zwischen Frauenund Männerfußb­all? Das Geld. Ganz klar (lacht). Aber es hat sich schon etwas geändert. Auch Frauen können mittlerwei­le vom Fußball leben. Aber die Ablöseunte­r summen bei den Männern sind einfach brutal. Ich denke, Männer- und Frauenfußb­all kann und sollte man nicht vergleiche­n. In anderen Sportarten wird das ja auch nicht gemacht. Frauenfußb­all kommt körperlich nicht so rüber, hat aber vor allem technisch eine enorme Weiterentw­icklung erfahren.

Wird Frauenfußb­all jemals so populär werden wie Männerfußb­all?

Definitiv nicht! Obwohl aus der Bundesliga jede Woche ein Livespiel übertragen wird.

Was erwarten Sie sich persönlich von der kommenden Saison mit dem SC Sand?

Wir wollen so schnell wie möglich den Klassenerh­alt schaffen und im Pokal wieder möglichst weit kommen. Als Underdog war Sand immerhin die letzten beiden Jahre im deutschen Pokalfinal­e in Berlin. Da wurde allerdings zweimal gegen Wolfsburg verloren.

Und was erwarten Sie sich noch von der deutschen Nationalma­nnschaft?

Vom Team her können wir den Titel packen. Deutschlan­d hat viele gute und junge Spielerinn­en, deren Potenzial noch gar nicht zu 100 Prozent ausgereizt ist. Ich hoffe, dass jetzt im Viertelfin­ale der Knoten platzt. Dann wird das eine positive Entwicklun­g nehmen.

Ihr Tipp für das Spiel am Samstag gegen Dänemark?

3:1 – und Deutschlan­d schießt mindestens ein bis zwei Stürmertor­e.

Interview: Oliver Reiser

 ?? Foto: Agentur ?? Wenn es nach Jenny Gaugigl geht, werden die deutschen Fußball Frauen bei der Europameis­terschaft bis zum Ende jubeln. Nicht nur vom Elfmeterpu­nkt aus, so wie das bisher bei Babette Peter (Nummer 5) und Dzsenifer Marozsan (10) der Fall war.
Foto: Agentur Wenn es nach Jenny Gaugigl geht, werden die deutschen Fußball Frauen bei der Europameis­terschaft bis zum Ende jubeln. Nicht nur vom Elfmeterpu­nkt aus, so wie das bisher bei Babette Peter (Nummer 5) und Dzsenifer Marozsan (10) der Fall war.
 ?? Foto: Agentur ?? Jenny Gaugigl aus Biburg, die bei der SpVgg Auerbach Streitheim begonnen hat, spielte 25 Mal für die deutsche Natio nalmannsch­aft der U19 und U20.
Foto: Agentur Jenny Gaugigl aus Biburg, die bei der SpVgg Auerbach Streitheim begonnen hat, spielte 25 Mal für die deutsche Natio nalmannsch­aft der U19 und U20.

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