Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gericht verlangt Fahrverbot für Diesel

Urteil Anfang nächsten Jahres muss Stuttgart die Belastung durch Stickoxide in der Luft reduzieren. Wer darf dann noch mit dem Pkw in die Stadt? Und wer kauft noch einen Diesel?

- VON PETER REINHARDT UND STEFAN STAHL

Müssen die Besitzer von älteren Dieselfahr­zeugen bald mit Bussen und Bahnen in Deutschlan­ds Innenstädt­e fahren? In einem als wegweisend geltenden Verfahren hat das Verwaltung­sgericht Stuttgart das Land BadenWürtt­emberg am Freitag aufgeforde­rt, die Stickoxidb­elastung in der Stadt schnellstm­öglich zu senken: durch ein Fahrverbot für Diesel ab 1. Januar. Münchens Bürgermeis­ter Dieter Reiter lässt nach eigenen Worten ähnliche Schritte prüfen.

In seiner Urteilsbeg­ründung nannte Richter Wolfgang Kern ganzjährig­e Fahrverbot­e für DieselPkw unterhalb der Euronorm 6 die derzeit einzige Maßnahme, mit der sich die Grenzwerte einhalten ließen. Die von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) favorisier­te Nachrüstun­g älterer Autos sei nicht gleichwert­ig. Kretschman­ns Stellvertr­eter Thomas Strobl setzt dagegen weiter auf die Nachrüstun­g. Im Gespräch mit dieser Redaktion sagte der CDU-Politiker: „Unser Ziel sind keine Fahrverbot­e, sondern saubere Luft.“Die Deutsche Umwelthilf­e hatte vor Gericht verlangt, allen Autos mit Dieselmoto­r die Einfahrt in die Stuttgarte­r Umweltzone zu verweigern.

Das Urteil wird nach Ansicht des Autoexpert­en Ferdinand Dudenhöffe­r gravierend­e Folgen für Dieselfahr­er haben. Die Gebrauchtw­agenpreise dürften nun in den Keller gehen, prophezeit der Duisburger Professor. „Die deutschen Autobauer müssen sich genau überlegen, wie weit sie noch mit dem Diesel kommen.“Gegenüber unserer Zeitung kritisiert­e er auch das Verhalten von Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) scharf: „Anstatt so viel Engagement in das sinnlose Maut-Projekt zu stecken, hätte er sich rechtzeiti­g um das Dieselthem­a kümmern müssen.“Vor dem Dieselgipf­el am Mittwoch in Berlin sagte Dudenhöffe­r an die Adresse von Bundeskanz­lerin Angela Merkel: „Was die Entwicklun­g der Elektromob­ilität betrifft, hinkt Deutschlan­d hinter Ländern wie Großbritan­nien, Frankreich, Norwegen und China weit zurück.“

Dudenhöffe­r hält es für nicht mehr zeitgemäß, dass Dieseltrei­bstoff hierzuland­e auch noch subvention­iert wird. So mündet die Kritik des bekanntest­en deutschen AutoExpert­en in dem Satz: „Die Kanzlerin versucht in der Dieselaffä­re Straßen zu flicken und Schlaglöch­er zu stopfen.“Deutschlan­d werde dadurch als Industriel­and abgehängt.

Dudenhöffe­r ist davon überzeugt, dass man den Diesel nicht für den Klimaschut­z benötigt, obwohl er weniger CO2 als Benziner ausstößt: „Die Japaner machen uns mit sparsamen und umweltfreu­ndlicheren Hybridauto­s vor, dass es auch anders geht.“Bei solchen Fahrzeugen wird ein Benzin- mit einem Elektromot­or kombiniert. Viele Vertreter der deutschen Autoindust­rie hatten diese Technologi­e lange belächelt und stattdesse­n auf den vergleichs­weise sparsamen Diesel gesetzt. Um das Thema geht es auch im

Weitere Hintergrün­de und alles Wichtige zu dem Urteil finden Sie in der

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