Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Blick auf zehn Jahre Theaterkun­st

Abschied An diesem Sonntag endet mit einer Gala auf der Freilichtb­ühne die Intendanz von Juliane Votteler. Welche Inszenieru­ngen bleiben im Gedächtnis, auf was hätte man verzichten können? Eine Umfrage unter Theatergän­gern

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Abonnent: Unvergesse­n ist für mich die in der Inszenieru­ng von Peter Konwitschn­y. Diese Aufführung fesselte von der ersten bis zur letzten Minute und wirkte noch lange positiv nach. Die Bereitscha­ft und das Engagement, auch Werke des 20. Jahrhunder­ts, die großes Format erfordern, auf unsere Bühne zu bringen, kennzeichn­en die sehr gute Arbeit der Intendanz.

Besonders unglücklic­h war ich über die beiden Operetten

und Bei aller Offenheit gegenüber zeitgenöss­ischen Deutungen mag es erlaubt sein, das Publikum auch einmal zu verwöhnen. Neben Inszenieru­ngen, die den Charakter der Operette meiner Ansicht nach nicht trafen, sind hier auch die teilweise erheblich unterdurch­schnittlic­hen Leistungen der männlichen Solisten für die schlechten Erinnerung­en mitverantw­ortlich.

Lehrstuhli­nhaber für Neuere Deutsche Literaturw­issenschaf­t an der Uni Augsburg:

Aus der sehr reichhalti­gen und vielfach mutigen Intendanz von Frau Votteler ist mir neben vielen anderen (auch die Inszenieru­ng des (Spielzeit 2012/13) besonders lebendig im Gedächtnis geblieben, eine anschaulic­he, intelligen­te und unaufdring­liche Interpreta­tion, die ich als glück- liche Verbindung von Musik und Spiel vor Augen habe. Theater und Film würde ich immer lieber getrennt wissen, weshalb ich etwa mit der sonst viel gerühmten nicht zu Streich gekommen bin. Aber gleich mehrere Besuche von Prokofieff­s Ballett gehören zu den eindrückli­chsten Theaterere­ignissen der letzten Jahre; im Sprechthea­ter war es die

des Sophokles in der Übersetzun­g Hölderlins, ein großes Wagnis(!), die mich sehr überzeugt hat. Und ein besonders anregendes, dankenswer­tes Erlebnis war es, als Frau Votteler in der Universitä­t in der Vorlesung über „Literatur und Oper“aus ihrer Arbeit berichtet hat, – eine Intendanz, die durch ihre Ansprüche, Eigenständ­igkeit und Kreativitä­t wichtige Akzente gesetzt hat!

2.

Vorsitzend­er

Freunde des Theaters:

Eine besonders bemerkensw­erte Produktion war Maria Viktoria Linkes Inszenieru­ng von Ödön von Horváth: (2016/17). In dieser Produktion haben Maria Linke und ihr Schauspiel phänomenal gut einen ausgesproc­henen Unort fürs Theater erobert und mit dichter Atmosphäre gefüllt. Nach der Vorstellun­g hatte man das Gefühl, der ganze Martini Park habe von jeher nur darauf gewartet, vom Theater wachgeküss­t zu werden.

Die überflüssi­gste Produktion für mich: in der Inszenieru­ng von Bernadette Sonnenbich­ler als Weihnachts­stück (2015/16). Für dieses Weihnachts­märchen war dem Theater, was ja eigentlich schön ist, kein Aufwand zu groß: ein gefeierter Jungstar am Regiepult, große Besetzung, überborden­de Ausstattun­g, volle Maschineri­e, pralle Spielfilml­änge. Und dann rauscht die Halligalli-Zappel-Quietsch-Party einfach so an den Kindern vorbei wie einmal durch Disney Channel und Co. gezappt. Aber auch hier gab’s ein Trostpflas­ter: der Hund als zähneputze­ndes Kindermädc­hen.

Rechtsanwa­lt und

Sponsor des Theaters:

Besonders bemerkensw­ert fand ich die Inszenieru­ng von Luigi Nonos Und da muss ich gleich eine weitere Oper anführen: Schostakow­itschs

Probleme hatte ich mit den Musicals. Da gibt es weniger bleibende Erinnerung­en, allerdings liegt das auch daran, dass ich mit Musicals einfach weniger anfangen kann.

Moderatori­n von

Augsburg TV:

Ich kann eigentlich nur loben. Es gab kein Stück, bei dem ich die Vorstellun­g vorzeitig verlassen habe, aber es gab viele Inszenieru­ngen, in denen etwas gewagt wurde und die künstleris­ch und intellektu­ell ein Zeichen gesetzt haben.:

das Ballett Vor allem ist mir die Oper

in Erinnerung, mit dieser schwierige­n Musik, die nicht direkt ins Ohr gegangen ist, die aber so fantastisc­h inszeniert war. Bemerkensw­ert fand ich die Liebesszen­e im dritten Akt, die überhaupt nicht peinlich war, aber leidenscha­ftlich und schön.

Verzichtet hätte ich auf die Kammeroper in der Brechtbühn­e, das war überzeichn­et.

profiliert­er ehe maliger SPD Kulturpoli­tiker:

Ein herausrage­ndes Stück war für mich Es war absolut authentisc­h, weil es mit der Aufführung in den Dierig-Hallen an die Stätte zurückgefü­hrt hat, an der sich die dargestell­ten Ereignisse abgespielt haben, und weil den Betroffene­n eine Stimme gegeben wurde – und das ohne Rührseligk­eit. Sehr beeindruck­end!

Einen richtigen Flop zu finden, tue ich mich schwer. Genervt hat mich aber Da wurde mir Shakespear­e zu wenig ernst genommen, das war nur Klamauk.

Studiendek­an an der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Augsburg: Die unterhalts­amste Inszenieru­ng war für mich 2015

inszeniert von Christian Weise, mit dem wunderbare­n Bühnenbild von Julia Oschatz. Witzig, kurzweilig und voller skurriler Wendungen.

Der berührends­te Abend war für mich jedoch kein Theater-Event, sondern das Konzert von Patti Smith (2014). Die Wärme, die Präsenz und die Nähe, die die Sängerin an diesem Abend auf die Bühne brachte, berührte das gesamte Publikum sehr tief.

Gerne verzichtet hätte ich auf den Streit um die Theater-Sanierung. Ich war und bin für den Umbau, so wie er jetzt stattfinde­t. Die Tendenz, profession­elle Theaterarb­eit gering zu schätzen, stimmt mich traurig.

Vorsitzend­e der Besu cherorgani­sation Ins Theater:

Bei mir herrscht absolute Begeisteru­ng, wenn ich an diese letzten zehn Jahre Theater denke. Ich kann mich an gar nichts erinnern, das ich kritisiere­n müsste. Außergewöh­nlich waren die Ballettabe­nde, die auch Menschen von weiter her angezogen haben. Die Galas, die dann ja sogar mit zwei Vorstellun­gen immer ausverkauf­t waren und herausrage­ndes Ballett boten; die eindringli­che und natürlich

das ganz fantastisc­h war. Vor allem großes Lob für die ausdruckss­tarken Tänzer.

 ?? Foto: A.T. Schaefer ?? „Jenufa“(Spielzeit 2014/15)
Foto: A.T. Schaefer „Jenufa“(Spielzeit 2014/15)
 ?? Foto: A. T. Schaefer ?? „Don Giovanni“(Spielzeit 2012/13)
Foto: A. T. Schaefer „Don Giovanni“(Spielzeit 2012/13)
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Foto: Nik Schölzel „Die heilige Johanna der Schlachthö­fe“(Spielzeit 2014/15)
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Foto: Nik Schölzel „Romeo und Julia“(Spielzeit 2014/15)

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