Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Mann für alle Fälle
Abschied Roland Hoyer war mehr als vier Jahrzehnte Lehrer. Worauf der Leiter der Mittelschule Zusmarshausen Wert legte
Das Prädikat einer „Referenzschule für Medienbildung“verführt ein wenig zu der Erwartung, beim Betreten so eines besonderen Ortes auf sterile Klassenräume mit kantigen, funktionalen und kalten Rechnersystemen zu treffen, wo es den ganzen Schultag über summt und blinkt.
Natürlich prangen am Eingang mächtige Monitore, die ungeheure Informationsmengen über Unterricht, Uhrzeiten, Themen oder Lehrkräfte ausspucken. Selbstredend ist der Schulleiter spezieller Experte für Mathematik und Informationstechnik und hat einst das 84-Zoll-Multitouchboard mit einem hochwertigen 4K-Ultra-HD-Bildschirm im Schulgebäude eingeführt. Doch in den Klassenzimmern herrscht vielmehr eine prächtige Farbvielfalt durch unzählige Malbilder und Porträts, die von Wänden und Decken herabstrahlen. Überall haben sich kleine Künstler in kreativer Weise eine bunte Welt geschaffen. Das Daddeln muss draußen bleiben.
„Jeden IT-Schmarrn machen wir wirklich nicht mit, bei uns gibt es keine reinen Laptop- oder Handyklassen“, sagt Roland Hoyer. Mehr als vier Jahrzehnten war er Lehrer. Als Chef der Grund- und Mittelschule, einem Haus nur einen Steinwurf entfernt vom Sportstadion, in dem Leichtathleten wie Fußballer zu Höchstleistungen streben, war auch der Mann aus Unterkammlach im Landkreis Unterallgäu stets hinter „Auszeichnungen“her. Nämlich ein besonders vielseitiger und begabter Lehrer zu sein, ein guter Pädagoge und obendrein noch ein verständnisvoller, nahbarer Mensch an der Spitze einer Institution mit 450 Schülern und 21 Klassen.
„Seit dem ersten Tag an dieser Schule haben Sie mit Leib und Seele zu uns gestanden und uns in jeder erdenklichen Situation unterstützt.“Diese Worte von Schülersprecher Josef Doley bei der Verabschiedung haben den 65-Jährigen tief berührt. „Auch weil das so ehrlich gemeint war, nicht so wie bei vielen Festansprachen sonst“, gestand Hoyer mit einem verschmitzten Lächeln.
Dass da im meist offenen Rektorenzimmer unter zahlreichen Lebensweisheiten sowie Bildern von Schülern zehn Jahre lang der richtige Kandidat für diesen höchst verantwortungsvollen Posten saß, ist nicht nur der glänzenden Studienkarriere des manchmal schroff wirkenden Feingeistes geschuldet. Hoyer ist ein typischer Macher, der – wenn es sein muss – anderen auch mal auf die Füße tritt. Das gilt für die Lehrzeit in Friedberg, wo er gegen den heftigen Widerstand vieler Kollegen einst den M-Zug durchboxte, also die an vielen Hauptschulen als Alternative zur vierstufigen Realschule angebotene Bildungsmöglichkeit. „Da habe ich einfach in anderen Revieren gewildert.“
Dass der erfahrene Hobbysegler, der einmal Pilot werden wollte, auch in weniger gravierenden Angelegenheiten mal gegen den Strom schwimmen kann, bewies seine durchgesetzte und von den Schülern angenommene Einführung des „Gumpigen Donnerstags“zur Faschingszeit an der Schule. Jetzt ist Schluss mit lustig. Roland Hoyer, der „Aufbauhelfer“seiner renommierten Bildungseinrichtung an der Stadionstraße, geht.
Und mit ihm einer „mit vorbildlichem Schaffen und Wirken zum Wohle unserer Kinder und damit unserer Zukunft“, wie Horgaus Bürgermeister Thomas Hafner für den Schulverband Zusmarshausen bewegt und mit Respekt vor dem Lebenswerk betonte. Bürgermeister-Kollege Bernhard Uhl hatte ihn einmal als einen bezeichnet, der „immer für neue und zukunftsweisende Ideen und Entwicklungen offen ist und diese auch umsetzt“.
Daheim in Augsburg-Hochzoll warten die nächsten Aufgaben, vielleicht einen Tick kleiner als die bisherigen. „Das Badezimmer muss dringend saniert werden“, sagt Hoyer.