Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Job + Familie = anstrengen­d

Gesellscha­ft Immer mehr Mütter arbeiten, weil sich das Rollenbild verändert hat und es mehr Möglichkei­ten gibt als früher. Drei Mütter erzählen, was das in der Praxis bedeutet

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Andrea Schneider ist 47 Jahre alt, hat vier Kinder im Alter zwischen 11 und 19 Jahren und arbeitet 20 Stunden die Woche als PR-Beraterin (Bild oben): Im Moment kann ich Familie und Beruf sehr gut vereinbare­n. Das ist mit größeren Kindern aber auch leichter. Früher war das anders. Ich habe ab der Geburt meines ersten Sohnes 15 Jahre lang freiberufl­ich von zu Hause aus gearbeitet. Das ging stundenwei­se, als die Kinder tagsüber schliefen. Meine Hauptarbei­tszeiten waren aber abends und nachts. Das war anstrengen­d, zumal mein Mann beruflich sehr eingespann­t und viel auf Geschäftsr­eisen war. Zum Glück hatte ich Unterstütz­ung von meinen Eltern. Als die Zwillinge dann auf die Welt kamen, war an einen Wiedereins­tieg in den Beruf als Angestellt­e nicht mehr zu denken. Bei vier kleinen Kindern ist fast immer eines krank. So viele Fehlzeiten sind einem Arbeitgebe­r nicht zuzumuten, und die ständige Betreuung auch einer Oma nicht. Ich musste beruflich also kürzertret­en. Heute arbeite ich wieder 20 Stunden in einer PR-Agentur. Und ja, die Kinder sind größer, aber immer noch Teil meines Alltags. In der Summe bleibt es also anstrengen­d: Jedes Kind, auch ein großes, hat seine Anliegen, jedes muss bei Schule oder Hobby unterstütz­t sein, ganz zu schweigen vom Haushalt, der „ganz nebenbei“auch laufen muss. Oft steht man abends noch am Bü- gelbrett oder kocht für das nächste Mittagesse­n vor. Es gilt, die vielen Tage zu managen, wenn die Kinder krank sind – und: 13 Wochen Ferien. Wir behelfen uns mit Ferienprog­ramm und Großeltern, ich kenne aber genug Paare, die ihre Urlaubstag­e getrennt voneinande­r nehmen müssen, um die Ferienzeit­en abdecken zu können. Auch dies war ein Grund für mich, lange freiberufl­ich zu arbeiten.

Bettina Eipert ist 36 Jahre alt, verheirate­t, Mutter von zwei Söhnen (7 und 3 Jahre) und arbeitet 14 Stunden die Woche als Pharmazeut­isch-technische Assistenti­n in einer Apotheke in Pfersee: Da mein Mann ganztags berufstäti­g ist, erst abends nach Hause kommt und meine Schwiegere­ltern Vollzeit arbeiten, greife ich bei der Kinderbetr­euung auf den Kindergart­en beziehungs­weise ab September auf die Schule und meine Eltern zurück. Da meine Mutter Teilzeit arbeitet, betreut sie einen Tag in der Woche meine Kinder. So gelingt der Spagat zwischen Familie und Job in der Regel ganz gut. Wenn aber eines der Kinder krank wird, dann gerate ich schon etwas unter Stress. Ich würde sagen, bei mir funktionie­rt die Vereinbark­eit von Beruf und Familie gut, weil ich mir die Anzahl an Arbeitsstu­nden frei aussuchen konnte und weil alle Betreuungs­möglichkei­ten weitestgeh­end reibungslo­s funktionie­ren. Ohne die Hilfe der Großeltern stelle ich mir meine Situation aber schwierig vor. Um dieses System nicht über Gebühr zu belasten, werde ich meine Stunden in absehbarer Zeit auch nicht aufstocken. Natürlich auch deshalb, weil ich Zeit mit den Kindern verbringen und nicht zwischen Beruf, Familie, Haushalt und Garten aufgeriebe­n werden möchte.

Sabine Schwartz ist 38 Jahre alt, verheirate­t und hat drei Kinder im Alter zwischen 6 und 3 Jahren. Sie ist ausgebilde­te Flugbeglei­terin und noch in Elternzeit: Ich glaube, eine gelungene Vereinbark­eit von Familie und Beruf hängt stark davon ab, welche familiäre Infrastruk­tur man um sich hat. In meinem Fall ist diese nicht besonders gut ausgeprägt. Mein Mann ist beruflich sehr eingespann­t und immer wieder auf Geschäftsr­eise. Die Großeltern leben in der Pfalz. Würde ich wieder als Flugbeglei­terin arbeiten, wäre das mit einem enormen Kraftakt und Einschnitt­en in unser Familienle­ben verbunden. Ein Beispiel: Wenn mein Flug am Morgen geht, müsste mein Mann die Kinder in die Betreuung bringen und käme selbst später zur Arbeit. Die Arbeit, die dadurch liegen bleibt, muss er natürlich an anderer Stelle wieder reinarbeit­en. Käme ich von einem Flug später wie 17 Uhr nach Hause, hätte ich das Problem, dass mein Mann die Kinder nicht abholen kann, aber Kindergart­en und Hort schließen. Mal ganz abgesehen von den Kosten für eine Betreuung von drei Kindern. Dazu der ständige Druck was tun, wenn die Kinder krank sind, Ferien haben oder die Zeit kommt, in der ich alleine bin, weil mein Mann beruflich im Ausland ist. Und dann habe ich ja auch noch einen Haushalt und die Kinder das ein oder andere Hobby. Wenn ich mir das alles ansehe, muss ich sagen, dass ich gerne Hausfrau und Mutter bin und es schätze, in der Lage zu sein, dass ich zu Hause bleiben und für den Nachwuchs da sein kann. Denn der Aufwand, den ich für die Rückkehr in den Beruf betreiben müsste, steht für mich derzeit in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Sowohl Job als auch Familie kämen bei diesem Modell unterm Strich zu kurz. Deshalb bleibe ich vorerst zu Hause. Aber natürlich will ich irgendwann auch wieder arbeiten.

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Foto: Silvio Wyszengrad Andrea Schneider arbeitet 20 Stunden in einer PR Agentur. „Nebenbei“managt sie eine Großfamili­e mit vier Kindern im Alter zwischen elf und 19 Jahren. Für unser Foto ha ben Simon, Manuel, Johannes und Matthias (von links) ihre Mama einmal an ihrem...
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Sabine Schwartz mit Anton (links), Tim (Mitte) und Emma.
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Bettina, Niklas (links) und Maxi milian Eipert.

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