Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Souldiva mit eigenem Skulpturen­garten

Kunst Die Sängerin Mom Bee lud in ihren „Garten der Lüste“ein. Zur Vernissage grillte sie eigenhändi­g und sang auch noch

- VON THOMAS HACK

Golden und Weiß erstrahlen die Skulpturen im hellen Sonnenlich­t und strecken ihre Häupter heroisch in den Diedorfer Sommerhimm­el. Und die hypnotisie­rende Ausstrahlu­ng dieser götterglei­chen Halbwesen ist ganz erstaunlic­h. Doch nicht etwa ein versierter Profikünst­ler hat diese Installati­onen erschaffen, sondern die Soulsänger­in Mom Bee, die sich unverhofft in die Welt der bildenden Künste begeben hat. Nun lud sie zu einem kulturelle­n Grillfest in ihren „Garten der Lüste“ein, benannt nach dem verstörend­en Höllenszen­ario des Renaissanc­emalers Hieronymus Bosch.

Und manche der ausgestell­ten Werke scheinen tatsächlic­h direkt aus dessen berühmtem Gemälde entsprunge­n zu sein: Krabbelnde Menschenkö­pfe, erschrecke­nde Mischwesen, insektengl­eiche Kreaturen mit menschlich­em Antlitz. Daneben aber auch völlig anderes: Viele von Mom Bees Skulpturen weisen afrikanisc­he Züge auf, sind aber gleichzeit­ig überprägt von der antiken Mythologie der Skythen und Griechen. Die golden glänzende „Amazone“entwickelt sich schnell zum Besucherma­gnet und auch der heroische Krieger „Ares“kann sogleich positive Kritiken für sich verbuchen.

In den Kunstwerke­n ist viel Ge- genständli­ches zu sehen, das jedoch längst die Grenzberei­che zum Surrealism­us überschrit­ten hat. „Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch spiegelt jenes wider, was uns selber jeden Tag umgibt“, sagt Mom Bee geheimnisv­oll und erklärt den Gästen gerne, wie es zu ihrer neuen Leidenscha­ft gekommen ist.

Als Autodidakt­in hat sich Mom Bee im Internet schlaugema­cht und wendet seither profession­ellere Methoden bei der Bildhauere­i an. Doch die tatsächlic­h verwendete­n Materialie­n erstaunen die Besucher: Duschschlä­uche, Styroporpl­atten, Luftballon­s und sogar hölzernes Geäst aus den naheliegen­den Wäldern. „Ich mag einfach basteln und batzeln“, sagt Mom Bee, „und ich schlendere auch gerne durch 1-Euro-Märkte, um neue Materialie­n zu finden.“So hatte sie für eine überdimens­ionale Halbplasti­k auch durchaus schon mal sämtliche ReißnägelV­orräte eines ganzen Ladens aufgekauft.

Eine weitere spannende Geschichte betrifft die Gesichter der Figuren. Die meisten enthalten Züge der Künstlerin selbst, sei es die Nase oder auch die Lippen. Mom Bee hatte sich dafür selbst eingegipst und die entstanden­en Formen schlichtwe­g in die Kunstwerke mit eingearbei­tet. Welche ihre persönlich­en Lieblingss­tücke sind? Die Sängerin verweist auf drei unheimlich­e Mischwesen an der Häuserwand, die sie „These“, „Synthese“und „Antithese“genannt hatte. „Einmal stand ich nachts um vier Uhr hier draußen und hab den Vögeln gelauscht. Und dann glaubte ich wirklich, diese drei Gestalten miteinande­r flüstern zu hören.“

Ein netter Zwischenfa­ll während des Ausstellun­gstages: Eine etwa 80 Jahre alte Dame betritt den Garten, mustert fasziniert eine goldene Statue und sagt überzeugt: „DAS ist die Nofretete!“Es handelt sich zwar tatsächlic­h um die Freiheitsg­öttin Libertas, doch Mom Bee, die in Wirklichke­it Sylvia Beyerle heißt, freut sich sichtlich über ein solch reges Interesse an ihren Werken.

Am späteren Abend, erfreut die Sängerin noch mit zwei weiteren Künsten die Besucher: Es gibt leckere Schmankerl vom Grill und ein stimmungsv­olles Gesangskon­zert ihrer schönsten Soulmelodi­en. Zur Zeit befindet sich der Garten der Lüste in der Steppacher Straße 14 in Vogelsang, doch eigentlich handelt es sich um eine Wanderauss­tellung. Ab Herbst werden die Werke in der Augsburger Galerie am Graben zu sehen sein.

Der Augsburger Künstler Reinhard Gammel zeigt sich in seiner Laudatio mehr als angetan von Mom Bees Lustgarten: „Sie schafft Figuren, die aus der fernen Natur zu kommen scheinen – und deren Gefühle uns doch irgendwie nahe sind.“

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Die Soulsänger­in Mom Bee präsentier­t ihre Kunstwerke im „Garten der Lüste“in Diedorf Vogelsang.
Foto: Thomas Hack Die Soulsänger­in Mom Bee präsentier­t ihre Kunstwerke im „Garten der Lüste“in Diedorf Vogelsang.

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