Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Zimmer Service
Zufälle verlieren nie ihre Faszination. Kaum sagen wir dem netten Taxifahrer am Flughafen von Stockholm, wo wir hin möchten, in den neuen Stadtteil Hammarby nämlich, antwortet er: „Kein Problem, ich kenne mich aus, da wohne ich.“Und schon sind wir mitten im Gespräch. Dass Stockholm zu den am stärksten wachsenden Hauptstädten Europas zählt und das komplett neue Viertel Hammarby dafür eigentlich der beste Beweis sei. Dass seine Frau es war, die in eine dieser modernen Wohnungen ziehen wollte, und er sich zwar so langsam auch wohl fühle, er aber vieles zu künstlich, als zu wenig gewachsen empfinde. Alles sei halt noch so neu. Aber langsam werde es, sagt er und lächelt.
Ursprünglich sei das Viertel für die Bedürfnisse älterer Leute konzipiert worden, mittlerweile wohnen aber auch viele Familien hier. Die mögen das Leben am Wasser mit einem kleinen Fährhafen, Kanälen die sich durch die Gebäudereihen ziehen, Sitzinseln in der Sonne mitten ins Wasser gebaut. Stadtplaner und Architekten kämen mittlerweile aus der ganzen Welt, um zu sehen, wie aus der alten, heruntergekommenen Industriebrache ein moderner Stadtteil wurde.
Hier steht ein moderner Häuserblock neben dem nächsten. Und so ein Häuserblock mit viel Glas und klaren Linien an der Fassade ist auch das Motel L, das seinen Namen von seiner L-Form um eine Straßenecke hat. Ein riesiges Haus mit langen Gängen zu den Zimmern, die klein, hell, bunt und funktional eingerichtet sind, einer bunten stylischen Lobby, in der auch gefrühstückt wird.
Unter der Woche, wenn weniger Gäste da sind, funktioniert auch alles gut, sogar Zimtschnecken gibt es und Knäckebrot sowieso. Im Wochenendbetrieb, wenn die Städtereisenden nach Stockholm strömen, ist das Motel L deutlich an seinen Kapazitätsgrenzen. Keine Sitzplätze mehr in der Frühstückslobby, kein Besteck mehr, keine Teller, keine Zimtschnecken – und keine Ahnung, wo der nette Taxifahrer und seine Frau wohnen. Da gäb’s bestimmt alles. Doris Wegner