Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie Pendler Stress vermeiden
Gesundheit Immer mehr Menschen nehmen täglich weite Wege auf sich, um zur Arbeit zu gelangen. Kopf- oder Rückenschmerzen sind die Folge. Wie man diese Probleme verringern kann
Die Zahl der Pendler in Deutschland steigt. Mehr als jeder zweite Beschäftigte – fast 60 Prozent – fährt inzwischen eine weitere Strecke zur Arbeit und überschreitet Gemeindegrenzen. Auch die Länge der Strecken steigt. „Teils fahren Pendler über 150 Kilometer“, berichtet Elke Jentzsch-Kraus von der AOK in Bayern. Nicht jeder steckt die tägliche Fahrerei gleich gut weg. Wir zeigen, welche Risiken das Pendeln für die Gesundheit bringt und was gegen Stress hilft. ● Das tägliche oder wochenweise Pendeln kann für Arbeitnehmer sehr belastend sein, berichtet die AOK in Bayern. „Pendeln bedeutet zumeist frühes Aufstehen, wodurch es zu Erschöpfung, Mattigkeit und Kopfschmerzen kommen kann“, sagt Elke Jentzsch-Kraus. „Das Problem ist das Schlafdefizit durch das frühe Aufstehen“, sagt sie. Dazu kämen Kopfschmerzen – auch durch das Autofahren, das gerade bei dichtem Verkehr anstrengen kann. Berufspendler klagen der AOK zufolge auch häufig über Kreuz- und Rückenschmerzen, verursacht durch mangelnde Bewegung und beständige Anspannung. „Wer viel pendelt, hat auch weniger Zeit für Sport“, erklärt die Gesundheitsexpertin. Dazu kommt der Stress, der beim Pendeln entstehen kann. „Viele Menschen fühlen sich durch Staus und Zugverspätungen gestresst“, sagt sie. Der Zeitplan gerät durcheinander. Stress könne auf Dauer auf die Gesundheit schlagen. „Wer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, ist zudem mehr von Infektionen betroffen“, sagt Jentzsch-Kraus. Dies ist vor allem ein Problem in der kalten Jahreszeit. „Die Belastungen des Pendelns wirken sich auf den Einzelnen allerdings sehr unterschiedlich aus. Studien zeigen, dass diejenigen, die den Arbeitsweg als festen Bestandteil ihres Alltags akzeptieren und die Zeit des Pendelns sinnvoll nutzen, mit langen Fahrzeiten besser zurechtkommen“, berichtet die Krankenkasse. Die folgenden Tipps können deshalb helfen. ● „Generell gilt, für die Fahrt zur Arbeit ausreichend Zeit einzuplanen“, sagt Jentzsch-Kraus. Verspätungen bei Bahn und Nahverkehr oder Staus seien selten vorhersehbar und kosten Zeit. „Lieber eine frühere Verbindung nehmen oder eher mit dem Auto losfahren“, sagt sie. Die kürzeste Strecke sei auch nicht automatisch immer die beste, wenn man mehrmals umsteigen muss. „Wenn es dann trotzdem zu einer massiven Verspätung komme, hilft nur Gelassenheit“, sagt die AOK-Mitarbeiterin. ● Doch auch die ei- gene Einstellung spielt eine Rolle. Das berichten die Forscher des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, das die neuen Pendlerzahlen für deutsche Großstädte veröffentlicht hat. Denn während 40 Prozent der Fernpendler mit einer Fahrzeit von einer Stunde oder mehr unter Stress litten, treffe dies für die anderen 60 Prozent nicht zu. Wie aber ändert man die Einstellung zur Pendelei? „Lange Fahrten müssen keine verlorene Zeit sein“, sagt AOK-Mitarbeiterin JentzschKraus. Wenn man der Reisezeit einen positiven Sinn geben könne, erlebe man sie als angenehmer. „Gerade im Zug kann man lesen, Musik hören, den nächsten Urlaub planen oder sich in Gedanken auf den bevorstehenden Arbeitstag vorbereiten“, lautet der AOK-Tipp. Auf Autofahrten können Hörbücher Abwechslung bringen. Ebenso können Autofahrer Fahrgemeinschaften bilden und sich beim Fahren abwechseln. Das entlastet den einzelnen Pendler. Wer unterwegs bei guter Musik oder einem spannenden Buch abschalten kann, leide weniger unter der Fahrerei, sagt auch Verkehrspsychologin Andrea Häußler vom TÜV Süd in Stuttgart. „Alles, was entspannt, ist erlaubt“, sagt die Expertin deshalb. „Ob Heavy-Metal-Musik oder Hörspiele im Auto, stricken oder ein Smartphone-Spiel im Zug – Hauptsache man nimmt die Pendelzeit nicht als verlorene oder anstrengende Zeit wahr.“● Ein Tipp für die Rückfahrt sei außerdem ein kleines Nickerchen, sagt AOK-Expertin Jentzsch-Kraus. „Im Zug nimmt man dazu eine entspannte Haltung ein und macht die Augen zu“, sagt sie. Wer Angst hat, einzuschlafen und den Heimatbahnhof zu verpassen, könne sich ganz einfach den Handy-Wecker stellen. ● Auch die Verkehrsmittel spielen eine Rolle. TÜV-Verkehrspsychologin Andrea Häußler pendelt selbst eine Stunde nach Stuttgart – allerdings mit dem Zug. Die meisten Pendler fahren aber mit dem Auto. Im Bus und in der Bahn lasse sich die Pendelzeit aber freier und sinnfüllender gestalten als im Auto, meint Häußler. Nur wer in Bus oder Zug viel länger unterwegs ist, häufig umsteigen muss und unter Verspätungen leidet, fährt besser mit dem Auto. ● Wer unter der Woche viel unterwegs ist, sollte besonders darauf achten, dass Freizeit und soziale Kontakte im Alltag nicht zu kurz kommen, sagen die AOK-Experten. Freiräume seien wichtig, damit man sich wirklich entspannt. „Und fürs Wochenende gilt: Nicht alles Liegengebliebene sofort erledigen, sondern sich bewusst erholen“, meinte Elke Jentzsch-Kraus.