Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Neue Software soll Diesel Fahrzeuge sauberer machen
Umwelt Hersteller versprechen kostenlose Nachrüstung. Ob das reicht, ist aber offen
Die deutschen Autobauer haben sich beim Diesel-Gipfel verpflichtet, insgesamt 5,3 Millionen Fahrzeuge kostenlos umzurüsten. Damit soll der Ausstoß von Schadstoffen um bis zu 30 Prozent reduziert werden, um drohende Fahrverbote in Städten zu vermeiden. Allerdings werden die Motoren nicht für viel Geld umgebaut, sondern bekommen nur eine neue Software. Dieses Update war für einen Großteil der betroffenen Autos aber ohnehin geplant oder ist sogar schon durchgeführt worden. Um teurere Verpflichtungen kamen die Bosse von Volkswagen, BMW, Daimler und Opel vorerst herum.
An der Frage, ob der Gipfel ein Erfolg war, scheiden sich selbst in der Bundesregierung die Geister: Verkehrsminister Alexander Dobrindt hält die Ergebnisse für „richtig und gut“. Der CSU-Politiker sprach gestern Abend von einer „sinnvollen Basis“, doch Umweltministerin Barbara Hendricks will noch mehr. „Natürlich reicht das heute erzielte Ergebnis am Ende noch nicht aus“, sagte die SPD-Politikerin. Auch Umweltschützer reagierten enttäuscht. Der Verkehrsklub VCD warf der Bundesregierung vor, sich der Automobilindustrie zu „unterwerfen“. Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte, dem Verkehrsminister fehle der Mut, die Hersteller zu wirksamen HardwareNachrüstungen zu verdonnern. Hintergrund: Maßnahmen wie den Einbau größerer Harnstofftanks zur Abgasreinigung lehnte die Industrie auf dem Gipfel rigoros ab – „einmal des Aufwandes wegen, aber auch, weil die Wirkung fragwürdig ist“, wie Volkswagen-Chef Matthias Müller sagte.
Immerhin entstehen für die betroffenen Autobesitzer keine Kosten. Auch Verbrauch und Motorleistung sollen durch die neue Software nicht beeinträchtigt werden. Um ältere Dieselmodelle von der Straße zu bringen, kündigten mehrere Hersteller an, ihre Kunden mit Kaufanreizen zum Umstieg auf umweltfreundlichere Modelle bewegen zu wollen. „Umweltprämien“sollen einen Anreiz dazu geben.
Dobrindt kündigte außerdem einen Mobilitätsfonds in Höhe von 500 Millionen Euro an. Die Hälfte will der Bund einzahlen, den Rest steuern VW, Daimler und BMW bei. Mit dem Geld sollen die Städte und Ballungsräume gefördert werden, die besonders stark unter Stickoxid-Emissionen leiden. Denn die Diskussion um Fahrverbote für Dieselautos dürfte mit dem gestrigen Gipfel noch nicht erledigt sein. „Falls die Grenzwerte weiterhin nicht eingehalten werden, ist zu befürchten, dass Gerichte für einzelne Städte Fahrverbote verlangen“, stellte die Präsidentin des Städtetags klar. Horst Seehofer hält die Beschlüsse des Spitzentreffens dennoch für einen „beachtlichen Fortschritt“. Die Unternehmen hätten „deutlich zu ihrer Verantwortung gestanden“, sagte der CSU-Chef.
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