Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Nach der Niederlage Trost in Meitingen

Boxen Nikki Adler verliert zwar ihren Weltmeiste­rtitel, doch die Kollegen bei der Post in Meitingen empfangen sie herzlich. Warum der erste Arbeitstag dort tröstlich ist

- VON MARGRET STURM

Wie oft ihre Nase gebrochen wurde, kann Nikki Adler gar nicht mehr zählen. Beim jüngsten Kampf in Detroit am vergangene­n Samstag blieb die Nase der sechsfache­n Box-Weltmeiste­rin zwar heil, aber dafür wurde die Seele ramponiert: Die 30-Jährige kassierte in den USA die erste Niederlage ihrer gesamten Laufbahn. Gestern nun der erste Arbeitstag nach diesem Desaster: Nikki Adler arbeitet als Paket- und Briefzuste­llerin in Meitingen und hat danach Zeit für ein kurzes Interview in unserem Meitinger Redaktions­büro. Wie es ihr geht? „Ich bin schon ziemlich fertig“, meint die Blondine auf diese Frage, „aber beim Arbeiten muss ich gar nicht ans Boxen denken und kann auf diese Weise die Niederlage schneller verarbeite­n.“

Um 7.30 Uhr hat sie am gestrigen Mittwoch mit der Arbeit angefangen und wird nach fünfwöchig­er Abwesenhei­t herzlich von ihren Meitinger Kollegen im Zustellpun­kt in der Raiffeisen­straße begrüßt und umarmt. Das hat die junge Frau als sehr tröstlich empfunden, schließlic­h hat sie durch die Niederlage gegen die zweifache Olympiasie­gerin Claressa Shields alle Weltmeiste­rtitel gleichzeit­ig verloren. „Nach 16 Siegen musste dieser Punkt einfach irgendwann kommen, man kann ja nicht immer gewinnen“, meint sie ein wenig resigniert. Aber es sei schwer, damit umzugehen.

Dabei fühlte sich die 30-Jährige top vorbereite­t. „Doch der Motor ging einfach nicht an, es war eben ein schlechter Tag.“Vor über 15 000 Zuschauern verlor sie den Kampf in der fünften Runde durch technische­n K. o. Trotzdem sei die Woche in den USA eine „tolle Zeit“gewesen, meint Nikki Adler beeindruck­t von der profession­ellen Promotion dort, den vielen Interviews, Fotoshooti­ngs und Videoaufna­hmen, die sie hinter sich hat. „Das ist schon eine ganz andere Welt“, stellt sie nun fest, doch nicht so wirklich ihr Ding. „Ich war schon immer bodenständ­ig“, erzählt sie dann ganz entspannt von der Zeit vor neun Jahren. Da begann die gebürtige Augsburger­in nach ihrer Lehre als Fachkraft im Brief- und Frachtverk­ehr ihren Dienst in Meitingen. Danach wurde sie von der Post für acht Jahre freigestel­lt, um sich ihrer Box-Karriere widmen zu können.

Seit August 2016 arbeitet sie erneut bei der Post in Meitingen, und zwar sehr gerne, wie sie betont. Sie schätzt den Kontakt zu den Menschen und dass sie draußen im Zustelldie­nst ihr eigener Chef ist und im Zustellpun­kt tolle Kollegen hat. Auch Freunde hat Nikki Adler in Meitingen gefunden. Ab und zu wird sie hier sogar um ein Autogramm gebeten, immerhin war sie als Box-Weltmeiste­rin die Nachfolger­in von Leila Ali, der Tochter von Mohammed Ali, dem größten Boxer aller Zeiten.

Angst um ihre Gesundheit hat die Single-Frau nicht, auch wenn ihr ganzer Körper nach einem Kampf blau und grün ist und sie sich total kaputt fühlt. Schon als 15-Jährige begann Nikki Adler mit dem Boxen und der Sport nimmt sie immer noch gefangen. „Es ist ein hartes Geschäft“, räumt sie ein, „aber es gibt einem auch viel.“Deshalb hat sie auch schon wieder neue Ziele, nämlich gegen eine Weltmeiste­rin zu boxen und sich den Titel zurückzuho­len.

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Foto: Andreas Lode Nikki Adler war sechsfache Box Weltmeiste­rin. Bei ihrem jüngsten Kampf hat sie alle Titel verloren. Gestern war ihr erster Arbeitstag in Meitingen.

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