Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kleine Kinder schreien nicht ohne Grund
Interview In Neusäß wird zum ersten Mal ein Elternkurs angeboten. Wir sprachen mit der Leiterin über die Ziele und Tipps für den Umgang mit Säuglingen
Neusäß Das Kind will nicht schlafen oder schreit viel und oft? Viele Eltern fühlen sich gerade in den ersten Lebensjahren des Nachwuchses hilflos und wünschen sich Rat. In Neusäß gibt es jetzt erstmals das Angebot, einen Elternkurs zu besuchen. Wir sprachen mit der Leiterin des Kurses, Ruth Launer, über die Ziele und Inhalt.
Wie kam es zu der Idee eines Elternkurses?
Ruth Launer: Es ist ein erster Versuch, so etwas in Neusäß anzubieten. Initiiert wird das Ganze von der neuen Familienstation und dem Frere-Roger-Kinderzentrum. Es ist ein Pilotprojekt. Bei Interesse könnte es durchaus ausgebaut werden. Es gibt auch schon die Idee eines Wochenendkurses.
Wen wollen Sie ansprechen?
Launer: Eltern von Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahren können teilnehmen. Das Beste wäre natürlich, wenn Vater und Mutter teilnehmen, dann haben beide die gleiche Basis, wenn es um Diskussionen um die Erziehung geht. Es geht natürlich auch, dass nur einer kommt und Alleinerziehende sind ebenso willkommen. Kinder können auch dabei sein, es gibt teilweise eine Betreuung für sie.
Warum braucht es einen Elternkurs? Launer: Viele fühlen sich unsicher und herausgefordert durch die neue Situation mit dem Kleinkind. Sie haben viele Fragen, die in dem Kurs beantwortet werden sollen. Es geht unter anderem um einen Austausch. Von mir bekommen die Eltern Informationen zur Entwicklung eines Kleinkinds und über deren Bedürfnisse.
Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste für ein Kleinkind? Launer: Das A und O ist eine sichere Bindung und ein feinfühliger Umgang mit dem Kind. Die Kleinen sind darauf angewiesen, dass Eltern auf ihre Signale richtig und spontan reagieren. Wenn ein Kind weint oder schreit, hat das immer einen Grund. Hat das Kind Hunger? Ist ihm kalt? Das müssen die Eltern herausfinden und schnell die richtigen Angebote machen.
Sollten Sie schon bei jedem kleinen Quengeln reagieren?
Launer: Nein, das nicht. Aber die Einstellung, die es früher gab, dass man ein Kind auch mal lange schreien lassen muss, ist falsch. Wenn sich Kinder unwohl fühlen, sind sie auf die Eltern angewiesen. Schreien ist immer ein Ausdruck von Unwohlsein.
Das klingt jetzt aber schon nach einem schwierigen Spagat für Eltern, das richtige Maß zu finden oder?
Launer: Ja, das ist schwierig. Viele Eltern fragen sich, ob sie ihr Kind verwöhnen, wenn sie es dauernd herumtragen. Die Sorge zu verwöhnen, ist ein großes Thema für viele.
Und dann die berühmte Frage: Soll das Kind mit zu den Eltern ins Bett? Launer: Da gibt es keine pauschale Regel. Das muss jede Familie selbst herausfinden, womit sie sich am besten fühlt. Manche stört zum Beispiel ein Kind im Bett, anderen wiederum ist es lieber so. Da muss man für jeden nach dem Passenden schauen.
Was kostet der Kurs?
Launer: 90 Euro. Es gibt aber Möglichkeiten zur Ermäßigung. Da hilft die Familienstation weiter.
Was sind die großen Probleme der Eltern?
Launer: Die Eltern haben einen sehr hohen Anspruch. Sie wollen alles richtig machen. Kinder haben heute einen anderen Stellenwert als früher. Das Problem sind die vielen Meinungen, die von außen auf Vater und Mutter einprasseln. Da ist es schwer, auf das Bauchgefühl und die eigenen Ideen zu hören. In dem Kurs soll außerdem der Umgang mit stressigen Zeiten gelernt werden. Ziel ist mehr Sicherheit im Alltag mit dem Kind.
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