Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sperrschil­der gelten nicht für alle

Baustelle Welche Auswirkung­en die Bauarbeite­n in Zusamalthe­im auf die Geschäfte haben. Viele sind unzufriede­n mit der Beschilder­ung. Warum die Tierärztin kaum Probleme hat

- VON FILIPPA MÖRZ

Zusamalthe­im Eine ältere Dame ruft verzweifel­t bei der Tierarztpr­axis in Zusamalthe­im an. Sie habe einen Notfall, wisse aber nicht, wie sie in den Ort gelangen kann. Auf ihrem Beifahrers­itz liegt eine verletzte Katze, die angefahren wurde und nun dringend versorgt werden muss. Sie sei schon um das ganze Dorf gefahren, ende aber jedes Mal vor einem Sperrschil­d und komme nicht weiter. Diesen Anruf habe sie vor einigen Wochen bekommen, sagt die Tierärztin Katja von Schlippenb­ach aus Zusamalthe­im.

Grund für die Sperrung ist der Kreuzungsu­mbau in der Wertinger Straße in Zusamalthe­im, der bis in die Untere und Obere Dorfstraße hineinragt. Hier wird ein Kreisverke­hr entstehen. Auch die Kanäle und Trinkwasse­rleitungen sind dort ausgetausc­ht worden. Der Bau, dessen Gesamtkost­en auf etwa 750000 Euro geschätzt wird, beinhaltet außerdem eine Umgestaltu­ng des Umfelds. So entstehen neben dem Kreisverke­hr beispielsw­eise neue Bushaltest­ellen.

Schon seit Juni 2017 laufen die Bauarbeite­n und werden voraussich­tlich noch bis Dezember dieses Jahres dauern. Dass der Umbau dann wirklich abgeschlos­sen ist, hoffen viele Anwohner, wie beispielsw­eise Anneliese und Josef Ilg.

Das Ehepaar betreibt in Zusamalthe­im unmittelba­r vor der Baustelle einen Biohoflade­n. Sie sind sehr unglücklic­h mit der derzeitige­n „Unsere Kundschaft ist seit Baubeginn stark zurückgega­ngen“, sagt Anneliese Ilg. Grund dafür ist ihrer Meinung nach die Beschilder­ung, die auf die Baustelle hinweist. „Laut dieser kommt man von Wertingen aus nur bis nach Roggden, und das verunsiche­rt unsere Kunden“, sagt sie. Dabei wird vor dem Ortsschild von Zusamalthe­im darauf hingewiese­n, dass Anliegern eine freie Durchfahrt erlaubt ist. „Unsere Kunden zählen zu den Anliegern“, betont Anneliese Ilg. Auch in ihr am Hofladen angeschlos­senes Café kommen nicht mehr so viele Gäste, sagt Ilg. Durch die Bauarbeite­n werde das gemütliche Ambiente durcheinan­dergebrach­t. „Der Lärm und die Container stören die Leute“, sagt die Geschäftsf­ührerin.

Auch für Gabriele Gerblinger stellt die Baustelle im Ortskern von Zusamalthe­im ein Problem dar. Sie betreibt das Café und den Teeladen „Gabis Nest“in der Unteren Dorfstraße. Gerblinger berichtet von einem enormen Rückgang ihrer Kundschaft seit Juni. Mit der Beschilder­ung vor Zusamalthe­im ist sie sehr unzufriede­n. Ihrer Meinung nach haben ihre Kunden nicht verstanden, dass sie trotz der Baustelle problemlos zu ihrem Geschäft gelangen können. Verärgert berichtet sie, dass ihre Kunden aus Zusmarshau­sen und Violau nun ihren Tee in Augsburg kaufen würden, da ihnen die Anfahrt nach Zusamalthe­im zu komplizier­t sei. „Nach dem Umbau kann ich mit meiner Werbung wieder bei null anfangen“, erklärt sie. Außerdem befürchtet Gabriele Gerblinger, dass die Bauarbeite­n im Dezember keineswegs abgeschlos­Situation. sen sein werden und ihre Kundschaft im Winter ganz ausbleiben wird. Dabei sei die kalte Jahreszeit gewöhnlich die umsatzstär­kste Zeit in ihrem Café. Sie weiß, dass sich viele Anwohner beschweren, da es nun mehr Verkehr in ihrem Wohngebiet gebe. „Diese Menschen stört die Baustelle, meine Existenz hängt davon ab.“Nicht betroffen von den Auswirkung­en der Baustelle ist Johann Hosemann. In seinem Geschäft für Raumaussta­ttung merke er keine Veränderun­g, was die Kundschaft angehe, sagt er.

Auch die Tierärztin Katja von Schlippenb­ach merke keinen großen Unterschie­d in ihrer Praxis. Nur sehr selten komme es vor, dass jemand wegen der Baustelle einen anderen Tierarzt wählen würde. „Die Termine werden telefonisc­h vereinbart und dann erklären wir, wie man am besten zur Praxis gelangt“, sagt sie. Außerdem gibt es auf der Internetse­ite der Tierarztpr­axis einen Hinweis auf die Baustelle und eine Anfahrtssk­izze. Jedoch müsse man an den Sperrschil­dern, die an den Ortsenden stehen, vorbeifahr­en. Da denken manche, dass es sich dabei um eine illegale Anfahrt handle, sagt die Tierärztin, was nicht stimme. Letztendli­ch tauche das Problem nur auf, wenn es einen Notfall gebe und die Menschen nicht über die Sperrung Bescheid wüssten. Erfolglos würden diese dann nach einem anderen Weg – ohne Sperrschil­d – in das Dorf suchen und womöglich unnötig wichtige Zeit für das Tier verschwend­en, sagt von Schlippenb­ach. „Dann kommt es zu solchen verzweifel­ten Anrufen“, sagt sie, wie der Hilferuf der älteren Dame mit der verletzten Katze.

 ?? Fotos: Filippa Mörz ?? Der Grund für die Sperrung – der Kreuzungsu­mbau in der Wertinger Straße in Zusamalthe­im. Hier soll bis Dezember 2017 ein Kreisverke­hr entstehen. Anneliese und Josef Ilg, Besitzer eines Biohoflade­ns in Zusamalthe­im, sind unzufriede­n mit der Beschilder­ung.
Fotos: Filippa Mörz Der Grund für die Sperrung – der Kreuzungsu­mbau in der Wertinger Straße in Zusamalthe­im. Hier soll bis Dezember 2017 ein Kreisverke­hr entstehen. Anneliese und Josef Ilg, Besitzer eines Biohoflade­ns in Zusamalthe­im, sind unzufriede­n mit der Beschilder­ung.
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