Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Metzgerei schließt, weil Fachpersonal fehlt
Versorgung Die Binswanger-Filiale im Gersthofer City-Center ist ab heute zu. Dies ist kein Einzelfall
Gersthofen Ungläubige Gesichter gab’s gestern bei manchen Kunden in Gersthofen: Die Filiale der Metzgerei Binswanger im City-Center war gestern das letzte Mal geöffnet. Ab heute ist geschlossen. Ein Ersatz ist noch nicht gefunden. Und das hat einen bestimmten Grund – der nicht nur dieses Unternehmen betrifft.
„Wir haben einfach kein Personal mehr gefunden“, erklärt MetzgereiChefin Angelika Kempter auf Anfrage. „Wir brauchen einfach Fachkräfte – mit angelernten Kräften können wir nicht die Qualität liefern, die unsere Kunden von uns erwarten.“An einem mangelnden Umsatz habe es nicht gelegen, betont sie. „Wir haben viele Stammkunden. So haben wir auch die Zeit gut überdauert, als es im City-Center keinen Nahversorger gab“, so Angelika Kempter weiter.
Die Metzgerei Binswanger gibt’s seit 1963, seit 1967 ist sie in Gersthofen ansässig. Bei der Eröffnung des City-Centers im Stadtzentrum vor 25 Jahren war das Unternehmen ein Mieter der ersten Stunde. „Wir haben es geschoben bis zum Letzten, aber wir konnten die Filiale jetzt einfach nicht länger aufrechterhalten.“Angelika Kempter versichert: „Es wurde kein Mitarbeiter arbeitslos.“Zwei habe man in die Hauptstelle in der Senefelder Straße übernommen – allerdings auf deren Wunsch in anderen Arbeitsbereichen.
Das Unternehmen selbst wird die Hauptstelle mit Bistro und Werksverkauf weiter betreiben, der Festzeltbetrieb und das Catering sollen künftig etwas erweitert werden, sagt Angelika Kempter.
„Dass geeignetes Personal Mangeldware ist, ist ein allgemeines Phänomen unserer Branche – und nicht nur dieser“, bestätigt der stellvertretendes Obermeister der Fleischer-Innung Augsburg Stadt und Land, Nikolaus Wollmann. „Wir suchen zum Beispiel selbst schon seit zwei Jahren eine Fachkraft oder einen Auszubildenden.“Es sei schon wiederholt vorgekommen, dass ein neuer Azubi fünf Tage gearbeitet habe und dann einfach nicht mehr erschienen sei. „Und wenn ich einem Azubi erst einmal das Schreiben richtig beibringen müsste, wird es für mich schwierig mit der weiteren Ausbildung.“
Auch Wollmann betont, wie wichtig Fachkräfte seien. „Wir handeln mit Lebensmitteln: Wenn ich heute Wurst oder Brot verkaufe, dann hab ich eine Verantwortung fast wie ein Arzt – es muss alles einwandfrei sein, damit die Kunden keinen Schaden nehmen.“Der Anteil an Hilfskräften dürfe nicht sehr hoch sein, sonst leide die Qualität.
Für Wollmann ist ein Metzgereisterben schon seit Jahren in vollem Gange: „Als mein Vater 1951 seinen Meisterbrief erhielt, gab es allein in Augsburg ohne Haunstetten und Göggingen 200 Innungsbetriebe, heute sind es einschließlich der beiden Stadtteile noch neun.“Als sich die beiden Fleischer-Innungen Augsburg Stadt und Land im Jahr 2003 zusammenschlossen, waren es 98 Mitglieder, zurzeit sind es 38. „Zwei davon werden aber in naher Zukunft ebenfalls aufgeben“, sagt Wollmann. Grund für diesen stetigen Rückgang sei aber nicht die Konkurrenz der zahlreichen Großmetzgereien, sondern tatsächlich der Fachkräftemangel. Roland Fürst, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Augsburg, bestätigt dies: „Auch in Zukunft wird laut unseren Zahlen nötiges Fachpersonal knapp werden.“Die Stellenund Ausbildungsstellenbesetzung gestalte sich „vor allem beim Fleischer sehr schwierig und langwierig“.