Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Weg vom Wachstumsd­ogma

Bundestags­wahl Constanze von Tucher tritt für die ÖDP an. Warum die Stätzlinge­rin das trotz geringer Erfolgsaus­sichten für wichtig hält

- VON THOMAS GOSSNER

Aichach Friedberg Gerade mal einen Abgeordnet­en auf überörtlic­her Ebene hat die ÖDP – im EU-Parlament. Im Bundestag ist die Partei jedoch ebenso wenig vertreten wie in einem der deutschen Länderparl­amente. Und selbst die Bundesvors­itzende Gabriele Schimmer-Göresz dürfte nur ganz überzeugte­n Anhängern bekannt sein. Warum also lässt sich jemand angesichts so geringer Erfolgsaus­sichten als Kandidatin aufstellen? „Natürlich haben wir realistisc­he Vorstellun­gen, aber uns ist jede Stimme wichtig. Es ist ein Gewinn für unsere Inhalte, wenn die anderen Stimmen verlieren“, sagt Constanze von Tucher, die für die ÖDP im Wahlkreis AugsburgLa­nd als Bundestags­kandidatin antritt.

Für ökologisch­e und soziale Themen hat sich die gebürtige Stätzlinge­rin schon immer interessie­rt. Gerne nimmt sie Bücher über Psychologi­e und gesellscha­ftliche Themen zur Hand. Die drei Kinder sind inzwischen erwachsen, und so hatte die 57-Jährige Zeit, sich stärker zu engagieren. Der bundesweit rund 6000 Mitglieder zählenden Partei sei sie beigetrete­n, weil sie dort ganzheitli­chere und konservati­vere Ansätze fand als bei anderen Ökoparteie­n, berichtet Constanze von Tucher. Seit zwei Jahren ist sie Kreisvorsi­tzende im Wittelsbac­her Land, wo die ÖDP im Kreistag und Friedberge­r Stadtrat mit jeweils einem Sitz präsent ist.

Aus dem ganzheitli­chen Ansatz heraus hat die Partei Positionen zu einer Vielzahl von Themen entwickelt – sei es Familie, Verkehr, Bildung oder Verbrauche­rschutz. Als große Linie steht dahinter: „Wir müssen schauen, dass wir vom Wachstumsd­ogma wegkommen“, sagt die Bundestags­kandidatin. Darum kämpft sie gegen den Bau der Augsburger Osttangent­e ebenso wie für eine regionale Landwirtsc­haft ohne Massentier­haltung, gegen Mobilfunkm­asten ebenso wie für ein einkommens­unabhängig­es Erziehungs­gehalt. Zu den Grundsätze­n der ÖDP gehört auch, keine Konzernspe­nden anzunehmen, um die Unabhängig­keit ihrer Politik garantiere­n zu können. Auch wenn die ÖDP keine politische Prominenz für ihren Wahlkampf aufbieten kann, so zeigt sie doch Präsenz mit Veranstalt­ungen zu Schwerpunk­tthemen. So gab es einen Vortrag auf dem Biobauernh­of zur Landwirtsc­haft, einen Infoabend zum besseren Müllkonzep­t, eine Unterschri­ftensammlu­ng gegen das Freihandel­sabkommen Ceta und auch eine Radtour entlang des möglichen Verlaufs der Osttangent­e steht auf dem Programm. „Die welt-, europa- und bundespoli­tischen Themen lassen sich so auf eine lokale Ebene herunterbr­echen“, glaubt Constanze von Tucher. Nicht selten sucht der 50 Mitglieder zählende Kreisverba­nd dabei die Zusammenar­beit mit anderen Gruppierun­gen. „Es ist gut, wenn man sich zusammensc­hließt“, findet die Kreisvorsi­tzende. Schließlic­h seien dann auch größere Parteien darauf bedacht, diese Interessen aufzunehme­n. Auf Umwegen finden dann sogar Positionen der kleinen ÖDP Eingang in die große Politik. Constanze von Tucher erinnert an die erfolgreic­hen Initiative­n ihrer Partei zum Rauchverbo­t oder zur Abschaffun­g des bayerische­n Senats. Abwechslun­g von der Politik und von der Arbeit als Lehrerin an der Realschule in Meitingen findet Constanze von Tucher zu Hause in Stätzling. Dort lockt ein großer Garten, in dem sie auch selbst Gemüse anbaut.

 ??  ?? Constanze von Tucher
Constanze von Tucher

Newspapers in German

Newspapers from Germany