Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sport trifft in der Türkei auf Politik
Das Ziel der deutschen Basketballer ist die Türkei. Jenes Land also, von dessen Besuch Außenminister Sigmar Gabriel deutschen Urlaubern unlängst abgeraten hat. Immerhin ist die dortige Regierung momentan reichlich spendabel, wenn es um die kostenfreie Nutzung ortsansässiger Haftanstalten geht. Beruhigend zu wissen, dass den deutschen Basketballern der Sinn nicht nach Urlaub steht. In Istanbul findet vielmehr die Endrunde der Europameisterschaft statt, was fast schon ironisch anmutet. Immerhin hat die Türkei nicht mehr viel am Hut mit diesem Europa. Der Sport, so heißt es oft, solle sich aus der Politik heraushalten. Es ist naiv zu glauben, dass er das kann. Zu oft schon wurde er von Politikern aller Couleur in Beschlag genommen. Im Glanz erfolgreicher Athleten sonnen sich nicht nur Diktatoren gern. Zugegeben, eine Basketball-EM hat nicht die Strahlkraft einer Fußball-WM oder Olympischer Spiele. Trotzdem wird es spannend sein, zu sehen, wie
Sport und Politik in diesem ganz besonderen Spannungsfeld miteinander reagieren.
Jeder Spieler dürfe sagen, was er wolle, hat der Präsident des Deutschen Basketball Bundes auf die Frage geantwortet, wie die Mannschaft mit den politischen Verhältnissen in der Türkei umgehen solle. Das ist gleichermaßen ehrbar wie selbstverständlich. Trotzdem fällt es schwer, sich einen Dennis Schröder vorzustellen, wie er, behängt mit Goldkettchen und hinter dicker Sonnenbrille, über die Vorzüge westlicher Demokratien parliert.
Vermutlich wäre das auch zu viel verlangt. Schröders Job ist es, Bälle durch einen Ring zu werfen. Das kann er besser als die meisten anderen Menschen auf diesem Planeten. Und darauf sollten sich er und seine Kollegen auch erst einmal bei der EM konzentrieren, die für das deutsche Team mit der Vorrunde in Tel Aviv beginnt. Vielleicht werden all die spannenden Fragen auch gar nicht gestellt, denn meist war für die Nationalmannschaft schon nach besagter Vorrunde Schluss. Es bedarf nicht allzu großer Vorstellungskraft, um zu erahnen, dass der eine oder andere auf beiden Seiten des Bosporus nicht allzu unglücklich darüber wäre.