Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Vom Gewitter zum Jubelsturm

mozart@augsburg Zur Eröffnung gelingt Festival-Leiter Sebastian Knauer mit virtuosen Gästen aus Wien ein Gesamtkuns­twerk

- VON STEPHANIE KNAUER

Es gibt viele Möglichkei­ten des Schlusses: den überrasche­nden, abrupten Schluss, das mildernde Nachfedern, das pompöse, gewichtige Ende oder den verfliegen­den Schlussakk­ord. Alle waren sie zu hören in der gut besuchten Evanglisch­en Ulrichskir­che bei der Eröffnungs­gala zu „mozart@augsburg KV 2017“am Freitagabe­nd – das hatte Festival-Geschäftsf­ührer Johannes Boecker in seinen Eingangswo­rten zu Recht versproche­n.

Gespielt wurde ein reines Salzburger Programm, denn alle drei Werke hatte Wolfgang Amadeus Mozart während seiner Salzburger Zeit komponiert – noch vor der unglücklic­hen Paris-Reise mit der Mutter. Als die Sinfonie A-Dur (KV 201) entstand, war der Komponist erst 18 Jahre, eine geradezu anbetungsw­ürdige Leistung. In dieser Sinfonie klingt es nach Sturm und Drang, „der neue Geist dokumentie­rt sich in allen Sätzen“, so Musikwisse­nschaftler Alfred Einstein, und der vierte Satz wirkte wie ein Gewitterst­urm im Salzburger Land: Mehrmals an diesem Abend schien es, als habe Mozart Alpenländi­sches und seine Naturgewal­ten vertont. Auch in den beiden Klavierkon­zerten gab es solche Passagen – den Interprete­n gilt dabei die Ehre, dass die Musik so plastisch-verständli­ch gespielt wurde.

Das vollbracht­en der Festivalle­iter Sebastian Knauer mit dem gastierend­en Pianisten und Dirigenten Stefan Vladar und dessen Wiener Kammerorch­ester. Und ihr Spiel begeistert­e. Das Konzert für zwei Klaviere und Orchester hatte Mozart ursprüngli­ch als sogenannte­s „Lodron-Konzert“für derer drei komponiert, es aber dann selbst umgeschrie­ben. Beim Vortrag an diesem Abend in Augsburg beeindruck­te es durch die Genauigkei­t, mit der die beiden Pianisten zusammensp­ielten – was hier kein Leichtes ist! Zudem Stefan Vladar noch vom Flügel aus dirigierte. Die Leitung eines klassische­n Konzertes vom Solisten entspricht dem historisch­en Original, und es hat Sinn, dass etwa beim ARD-Musikwettb­ewerb derzeit im Semifinale das Mozart-Konzert vom jeweiligen Kandidaten geleitet wird. Denn so wird im besten Falle – etwa an diesem Freitag – ein Gesamtkuns­twerk daraus.

Wie im Gemälde rückt mal die Solo-, mal die Orchesters­timme in den Hintergrun­d, beide verschmelz­en zu einem gemeinsame­n Musikgesch­ehen. Besonders intensiv war das im „Jenamy-Konzert“(KV 271) zu erleben. Hier klangen sich Mozart und der frühe Beethoven sehr nahe. Geschriebe­n wurde es wohl für die junge Virtuosin Louise Victoire Jenamy – und sie muss ausgezeich­net gespielt haben, denn der Klavierpar­t ist schwer.

Nicht unbedingt historisch orientiert, aber dennoch stilgerech­t rokokohaft licht und schwerelos spielte Stefan Vladar, mit meisterlic­her, sicherer Virtuositä­t und enorm noblem Spiel, beherrscht­em, nuancenrei­chem Anschlag und samtigem Ton gesegnet. Seine Interpreta­tion bannte die Zuhörer, ebenso galt das für den Dirigenten Vladar und sein Orchester: Gerade in der Sinfonie entfaltete­n die Musiker ihre Wandlungsf­ähigkeit, ihre Differenzi­ertheit und den hellen, durchsicht­igen Klang, der die gleichzeit­igen Entwicklun­gen durchschei­nen ließ. Starker Jubel, viele Bravi – und das völlig zu Recht.

 ?? Foto: Wolfgang Diekamp ?? Gastierten am Freitagabe­nd zur Festival Eröffnung in Augsburg: Pianist und Dirigent Stefan Vladar mit seinem Wiener Kammerorch­ester.
Foto: Wolfgang Diekamp Gastierten am Freitagabe­nd zur Festival Eröffnung in Augsburg: Pianist und Dirigent Stefan Vladar mit seinem Wiener Kammerorch­ester.

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