Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mit Solarpanel, aber ohne Bärenglock­e

Serie Josef Heirich aus Königsbrun­n wandert seit elf Jahren – unter anderem in den USA, Australien und Südkorea. Welchen Tieren er begegnet ist und warum ihm Mike aus Sydney besonders in Erinnerung geblieben ist

- VON ANJA RINGEL

Königsbrun­n Josef Heirich ist nervös. In ein paar Tagen fliegt er zum Wandern nach Kanada. Die bestellten Karten dafür sind aber immer noch nicht angekommen. „Ohne Karten geht nichts“, sagt er. Der 69-Jährige hat zwar ein kleines Navigation­sgerät, aber Karten seien viel detaillier­ter. Vier Wochen wird er den Bruce Trail entlang laufen. Dieser verläuft von den Niagarafäl­len 885 Kilometer in Richtung Nordwesten zum Bundesstaa­t Ontario.

Der Königsbrun­ner wandert seit elf Jahren. Begonnen hat alles 2006 mit dem Jakobsweg, als er von seiner Haustür bis zum Kap Finisterre im Nordwesten Spaniens gepilgert ist. Seitdem sind viele Wanderunge­n dazugekomm­en, zum Beispiel der Hadrians Wall Path in England, der Bibbulmun Track in Australien oder der Jeju Olle Trail in Südkorea.

Am längsten war er 2013 in den USA unterwegs: Heirich wanderte 3500 Kilometer den Appalachia­n Trail entlang – vom Bundesstaa­t Georgia bis nach Maine. Viereinhal­b Monate hat er dafür gebraucht und hat dabei nur vier Ruhetage eingelegt. Der Weg sei oft sehr anstrengen­d gewesen, erinnert sich der 69-Jährige. 83 Höhenkilom­eter musste er in den Bergen zurücklege­n. „Manchmal bin ich steile Abstiege auf dem Bauch hinunterge­rutscht“, sagt er. Auch nachts war besondere Vorsicht geboten: Weil in vielen Gebieten Schwarzbär­en lebten, musste der Wanderer seine Essensvorr­äte mit Hilfe eines Seils über hohe Äste hängen. Die Tiere hätten sie sonst gefressen. Drei Bären haben auf der Wanderung seinen Weg gekreuzt, einer kam direkt auf ihn zu. Passiert ist zum Glück nichts. „Der Bär hat mich weder gerochen noch gehört“, erzählt Heirich. Um die Tiere fernzuhalt­en, hat sein Sohn ihm eine Bärenglock­e geschenkt. Durch das ständige Klingeln kommen die Bären nicht näher. Nach zwei Tagen hat Heirich die Glocke jedoch wieder abgelegt: „Ich lauf doch nicht wie eine bimmelnde Ziege durch die Gegend.“In Australien waren es nicht Bären, sondern Schlangen, die seinen Weg kreuzten. Einmal sei er fast auf eine giftige Tigerotter gestiegen, sagt Heirich. Danach habe er bei jedem herumliege­nden Ast überprüft, ob es sich nicht doch um eine Schlange handelt. Um einen Schlangenb­iss zu vermeiden, ist er trotz 37 Grad mit langem Hemd und langer Hose gewandert.

Von seinen Wanderunge­n sind ihm besonders die Menschen, die er auf dem Weg kennengele­rnt hat, in Erinnerung geblieben. Einmal habe er auf dem Appalachia­n Trail zufällig einen Königsbrun­ner getroffen. In Norwegen hat er auf dem Olavsweg Mike aus Sydney kennengele­rnt. Weil zeitgleich das mittelalte­rliche Olavsfesti­val stattfand, an dem der Australier teilnahm, reiste Mike mit seiner kompletten Ausrüstung wie Kettenhemd und Schwert an. Die beiden Männer sind anschließe­nd ein Stück zusammen gewandert. „Mike hat mir immer Witze erzählt, die ich aber nicht verstanden habe“, sagt Heirich. Er habe dann immer um eine Übersetzun­g „for the poor German“– für den armen Deutschen – gebeten. Bis auf seine Pilgerreis­e durch Südkorea war Heirich immer alleine unterwegs. „Wenn man zu zweit unterwegs ist, verlässt man sich auf den anderen. Alleine bin ich immer hellwach und schau mir jeden Baum genau an“, sagt er. Um auf der sicheren Seite zu sein, schickt er seinem Sohn jeden Abend seinen Standort zu. Für seine bevorstehe­nde Reise hat er sich ein Solarpanel für seinen Wanderruck­sack gekauft. Damit kann er auch in der Wildnis sein Handy und sein Navigation­sgerät aufladen. Das GPS-Gerät will er jedoch nur in Ausnahmefä­llen benutzen. Schließlic­h sollten bald die Wanderkart­en für Kanada ankommen.

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Blog Über seine Reisen berichtet Josef Heirich auf seinem Blog (www.hei rich.wordpress.com) und auf seiner Web site (www.heirich online.de).

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Hinweis In loser Folge stellen wir auf „Region Augsburg“Menschen vor, die im Urlaub keine Souvenirs sammeln, son dern Erlebnisse – Alpenpässe, Kultur hauptstädt­e, Pilgerwege, Sonnenaufg­än ge oder was auch immer – und darüber tolle Geschichte­n erzählen können.

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Foto: Heirich Josef Heirich wanderte von April bis August 2013 auf dem über 3500 Kilometer lan gen Appalachia­n Trail im Osten der USA, von Georgia nach Maine.
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Josef Heirich

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