Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenn der Mitarbeiter klaut ,…
…drohen Kündigung oder Abmahnung
Egal ob Kugelschreiber, Notizzettel, die angebrochene Dose Schmieröl oder das gute Klebeband: Immer wieder lassen Mitarbeiter beim Arbeitgeber die ein oder andere Kleinigkeit mitgehen. Manche halten das für eine Bagatelle. Ist es aber nicht, sagt die Augsburger IHK-Rechtsexpertin Anita Christl.
Frau Christl, wenn ich an meinem Arbeitsplatz bei der „Mitnahme“von Betriebseigentum erwischt werde, welche Konsequenzen kann das haben? Anita Christl: Das ist Diebstahl im Sinne des Strafgesetzbuches. Der Arbeitgeber muss eine Straftat zu seinen Lasten nicht dulden und kann direkt mit einer Kündigung reagieren. Daneben kann der Arbeitgeber den Diebstahl auch bei der Staatsanwaltschaft anzeigen.
Auch wenn es sich um Kleinigkeiten wie einen Kugelschreiber oder das Päckchen Notizzettel handelt? Christl: Bei Gegenständen von geringem wirtschaftlichem Wert muss der Arbeitgeber eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vornehmen. Hat sich der Mitarbeiter im Laufe einer langjährigen Betriebszugehörigkeit ein hohes Vertrauensverhältnis erworben und ist der Diebstahl erstmalig und der Gegenstand geringfügig, wird der Arbeitnehmer mit einer Abmahnung rechnen müssen.
Welche konkreten Fälle von Diebstahl sind Ihnen bekannt, die tatsächlich zu Entlassungen geführt haben?
Christl: In der Region sind mir vor allem Fälle im Einzelhandel und im Versandhandel bekannt. In einem Fall wurden beispielsweise Zigaretten gestohlen. Trotz Abmahnung „bediente“sich der Mitarbeiter auch ein zweites Mal, ohne diese zu bezahlen, und wurde entlassen. In einem anderen Fall wurde eine junge Mitarbeiterin des Diebstahls von Kosmetika überführt.
Dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter überwachen, um so etwas zu verhindern?
Christl: Unter bestimmten Voraussetzungen sind Schrank- und Taschenkontrollen, aber auch Videoaufnahmen zulässig. Allerdings muss der Arbeitgeber einen konkreten Tatverdacht gegenüber einem bestimmten Mitarbeiter haben und Erkenntnisse nicht auf einem anderen, weniger einschneidenden Weg beschaffen können. Eine dauerhafte Überwachung von Mitarbeitern ist unzulässig.