Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Wie ein Pfarrer mit Geld umgeht

Kirche Der evangelisc­he Pfarrer Dirk Dempewolf spricht offen über seine Einkünfte, wie er zu Spenden steht und warum er keinen Dispokredi­t aufnehmen will

- VON ANDREAS ALT

„Bei mir ist das nicht viel anders als bei anderen Leuten auch“, hat Dirk Dempewolf beim ersten Kontakt gesagt. Es soll um sein Einkommen und seinen Umgang mit Geld gehen. Dempewolf ist Pfarrer in der evangelisc­hen Christusge­meinde in Haunstette­n, gleich an der Endhaltest­elle der Tramlinie 2. Und wegen seinem besonderen Beruf ist bei ihm manches doch anders.

„Ich sehe mich als sehr gut bezahlt.“Schon mit dieser Aussage dürfte er sich von vielen Arbeitnehm­ern abheben. Dempewolf erklärt das mit seinem Werdegang. Nach dem Vikariat in Schleswig-Holstein ging er mit seiner Frau zunächst für drei Jahre als Studierend­enseelsorg­er nach England, weil es hier keine passende Pfarrstell­e gab. Dort verdiente er 900 Pfund monatlich – etwa 1000 Euro.

Das britische Modell der Pfarrerbes­oldung ist viel stärker spendenbas­iert als das deutsche. Er wohnte kostenlos im Pfarrhaus, bezog Kindergeld und kam mit seiner Familie zurecht, aber ein Auto hätte er sich in England nicht leisten können. Als er danach nach Haunstette­n kam, war das finanziell „ein großer Unterschie­d“. Da die Dempewolfs – seine Frau wurde ebenfalls Pfarrerin – gewohnt waren, mit wenig Geld auszukomme­n, begnügten sie sich nach seinen Worten bis vor kurzem mit je einer halben Pfarrerste­lle. Es fiel ihnen nicht schwer, sich einzuschrä­nken. Dempewolf erwähnt vor allem die inzwischen vier Kinder: drei Jungs im Alter von 13 bis 17 Jahren und ein neunjährig­es Mädchen. Sie trugen Kleider und Schuhe der Älteren auf oder bekamen sie von Gemeindemi­tgliedern geschenkt. Ähnliches galt für Spielzeug.

Die Älteren wollen inzwischen nicht mehr nur gebrauchte Sachen, aber Luxus-Smartphone­s haben bei Familie Dempewolf bis heute nicht Einzug gehalten. Das „Galaxy S3 Mini“von Samsung ist das Modell der Wahl. Den Handyvertr­ag bezahlen die Eltern. Dempewolf will sich aber nicht nachsagen lassen, dass er seinen Nachwuchs übermäßig kurzhält.

Die Familie fährt regelmäßig in Urlaub, mal nur ins Allgäu, mal nach Dänemark oder auf die Britischen Inseln – als Ausgleich, aber auch zu pädagogisc­hen Zwecken: „In England zum Beispiel erlebt

man, dass sich manche Leute ganz schön strecken müssen“, sagt Dempewolf. Auf dem Land sind die Häuser einfach, man findet keine doppelverg­lasten Fenster. Wohlstand ist dort dünn gesät – was die Leute aber nicht daran hindert, ausgesproc­hen gastfreund­lich zu sein.

Er und seine Familie werden durchaus von der Gemeinde beobachtet, sagt der Pfarrer. Den Dispo zu beanspruch­en käme ebenso wenig infrage wie luxuriöse Anschaffun­gen. Da Dempewolf in seiner Lebensführ­ung bescheiden ist, müsste also jeden Monat vom Einkommen etwas übrig bleiben. Das bestätigt er.

Der Großteil des Geldes, das er beiseitele­gen kann, ist für die Ausbildung der Kinder gedacht, sagt der Pfarrer. Alle sollen studieren können. Angelegt wird ein Teil des Geldes bei einer Genossensc­haft, die Mikrokredi­te an Menschen in Entwicklun­gsländern – vor allem an Frauen – vergibt. Dempewolf gibt daneben nennenswer­te Beträge für

Geschenke an Mitarbeite­r aus – zu Weihnachte­n, Ostern oder Geburt. Und schließlic­h beteiligt er sich auch an eigenen Kollekten. „Die Zwecke sind ja von der Landeskirc­he vorgegeben; bei manchen spende ich lieber, bei anderen weniger gern“, sagt er mit einem Lächeln.

Die biblische Forderung, jährlich den Zehnten (also zehn Prozent) von allen Erträgen und vom Besitz abzugeben, erfüllt er nicht, wie er

zugibt, aber was er spendet, macht nach seiner Überzeugun­g zumindest mehr als ein Prozent aus. Dempewolf schätzt das deutsche System der Pfarrerbes­oldung, das sich hauptsächl­ich auf Steuermitt­el stützt (siehe Kasten). In vielen anderen Ländern bilden freiwillig­e Spenden die Grundlage. Hier kann jeder Pfarrer mit seinem Einkommen eine Familie ernähren, und alle haben grundsätzl­ich den gleichen

Lebensstan­dard. Anderswo ist es nicht dasselbe, ob man in der Stadt oder in einer armen Landgemein­de Pfarrer ist.

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Die Redaktion wollte auch einen katholisch­en Pfarrer in Augsburg zu seinem persönlich­en Umgang mit Geld befragen. Ein Gespräch kam aber wegen Terminschw­ierigkeite­n nicht zustande.

Den Dispo zu beanspruch­en käme nicht infrage

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Dirk Dempewolf ist Pfarrer in der evangelisc­hen Christusge­meinde in Haunstette­n. Auch seine Frau ist als Pfarrerin tätig. Beide versuchen in ihrer Lebensführ­ung den Spagat zwischen nötigen und unnötigen Anschaffun­gen zu meistern.
Foto: Annette Zoepf Dirk Dempewolf ist Pfarrer in der evangelisc­hen Christusge­meinde in Haunstette­n. Auch seine Frau ist als Pfarrerin tätig. Beide versuchen in ihrer Lebensführ­ung den Spagat zwischen nötigen und unnötigen Anschaffun­gen zu meistern.

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