Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wie ein Pfarrer mit Geld umgeht
Kirche Der evangelische Pfarrer Dirk Dempewolf spricht offen über seine Einkünfte, wie er zu Spenden steht und warum er keinen Dispokredit aufnehmen will
„Bei mir ist das nicht viel anders als bei anderen Leuten auch“, hat Dirk Dempewolf beim ersten Kontakt gesagt. Es soll um sein Einkommen und seinen Umgang mit Geld gehen. Dempewolf ist Pfarrer in der evangelischen Christusgemeinde in Haunstetten, gleich an der Endhaltestelle der Tramlinie 2. Und wegen seinem besonderen Beruf ist bei ihm manches doch anders.
„Ich sehe mich als sehr gut bezahlt.“Schon mit dieser Aussage dürfte er sich von vielen Arbeitnehmern abheben. Dempewolf erklärt das mit seinem Werdegang. Nach dem Vikariat in Schleswig-Holstein ging er mit seiner Frau zunächst für drei Jahre als Studierendenseelsorger nach England, weil es hier keine passende Pfarrstelle gab. Dort verdiente er 900 Pfund monatlich – etwa 1000 Euro.
Das britische Modell der Pfarrerbesoldung ist viel stärker spendenbasiert als das deutsche. Er wohnte kostenlos im Pfarrhaus, bezog Kindergeld und kam mit seiner Familie zurecht, aber ein Auto hätte er sich in England nicht leisten können. Als er danach nach Haunstetten kam, war das finanziell „ein großer Unterschied“. Da die Dempewolfs – seine Frau wurde ebenfalls Pfarrerin – gewohnt waren, mit wenig Geld auszukommen, begnügten sie sich nach seinen Worten bis vor kurzem mit je einer halben Pfarrerstelle. Es fiel ihnen nicht schwer, sich einzuschränken. Dempewolf erwähnt vor allem die inzwischen vier Kinder: drei Jungs im Alter von 13 bis 17 Jahren und ein neunjähriges Mädchen. Sie trugen Kleider und Schuhe der Älteren auf oder bekamen sie von Gemeindemitgliedern geschenkt. Ähnliches galt für Spielzeug.
Die Älteren wollen inzwischen nicht mehr nur gebrauchte Sachen, aber Luxus-Smartphones haben bei Familie Dempewolf bis heute nicht Einzug gehalten. Das „Galaxy S3 Mini“von Samsung ist das Modell der Wahl. Den Handyvertrag bezahlen die Eltern. Dempewolf will sich aber nicht nachsagen lassen, dass er seinen Nachwuchs übermäßig kurzhält.
Die Familie fährt regelmäßig in Urlaub, mal nur ins Allgäu, mal nach Dänemark oder auf die Britischen Inseln – als Ausgleich, aber auch zu pädagogischen Zwecken: „In England zum Beispiel erlebt
man, dass sich manche Leute ganz schön strecken müssen“, sagt Dempewolf. Auf dem Land sind die Häuser einfach, man findet keine doppelverglasten Fenster. Wohlstand ist dort dünn gesät – was die Leute aber nicht daran hindert, ausgesprochen gastfreundlich zu sein.
Er und seine Familie werden durchaus von der Gemeinde beobachtet, sagt der Pfarrer. Den Dispo zu beanspruchen käme ebenso wenig infrage wie luxuriöse Anschaffungen. Da Dempewolf in seiner Lebensführung bescheiden ist, müsste also jeden Monat vom Einkommen etwas übrig bleiben. Das bestätigt er.
Der Großteil des Geldes, das er beiseitelegen kann, ist für die Ausbildung der Kinder gedacht, sagt der Pfarrer. Alle sollen studieren können. Angelegt wird ein Teil des Geldes bei einer Genossenschaft, die Mikrokredite an Menschen in Entwicklungsländern – vor allem an Frauen – vergibt. Dempewolf gibt daneben nennenswerte Beträge für
Geschenke an Mitarbeiter aus – zu Weihnachten, Ostern oder Geburt. Und schließlich beteiligt er sich auch an eigenen Kollekten. „Die Zwecke sind ja von der Landeskirche vorgegeben; bei manchen spende ich lieber, bei anderen weniger gern“, sagt er mit einem Lächeln.
Die biblische Forderung, jährlich den Zehnten (also zehn Prozent) von allen Erträgen und vom Besitz abzugeben, erfüllt er nicht, wie er
zugibt, aber was er spendet, macht nach seiner Überzeugung zumindest mehr als ein Prozent aus. Dempewolf schätzt das deutsche System der Pfarrerbesoldung, das sich hauptsächlich auf Steuermittel stützt (siehe Kasten). In vielen anderen Ländern bilden freiwillige Spenden die Grundlage. Hier kann jeder Pfarrer mit seinem Einkommen eine Familie ernähren, und alle haben grundsätzlich den gleichen
Lebensstandard. Anderswo ist es nicht dasselbe, ob man in der Stadt oder in einer armen Landgemeinde Pfarrer ist.
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Die Redaktion wollte auch einen katholischen Pfarrer in Augsburg zu seinem persönlichen Umgang mit Geld befragen. Ein Gespräch kam aber wegen Terminschwierigkeiten nicht zustande.
Den Dispo zu beanspruchen käme nicht infrage