Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Wenige wollen hier ein Star werden
Fernsehen Für das Casting von „Deutschland sucht den Superstar“stellt sich am Samstag in der Augsburger Innenstadt niemand mehr an. Liegt das am Format oder am Regen?
In Zukunft wird jeder 15 Minuten weltberühmt sein, diagnostizierte Andy Warhol 1968. Für ein ruhmreiches Leben standen am Samstag im Regen am Königsplatz eine Handvoll Teilnehmer an, um sich für das Casting der nächsten Staffel von „Deutschland sucht der Superstar“(DSDS) zu bewerben. Die überschaubare Zahl passte zumindest unter das Vorzelt, so wurde niemand vor seinem Auftritt nass. Die 19-jährige Ana-Lena Dilgea hat es schon bei „Voice of Germany“versucht, das habe leider nicht geklappt. Also arbeitet sie im Moment als Küchenhilfe, Kassiererin und in Papas Sportstudio. Heute der zweite Versuch, bei DSDS. Warum? „Naja, Bekannte haben gesagt ich habe Talent“, sagt sie, überlegt kurz. „Ich selbst bin mir da aber nicht so sicher.“
Anspannung liegt keine in der feuchten Luft. Wer hier ist, sucht ein wenig Spaß. Nach der großen Superstar-Karriere lechzen beim bereits fünfzehnten Castingaufruf des Formats die wenigsten. Die potenziellen Stars haben kapiert, dass vor allem die Sendung und nicht unbedingt die Teilnehmer Quote machen.
Michelle Malbrich mit ihrem bunten Haar empfand Musik hingegen schon immer wichtig und ja, sie singe eben gerne, und dass man bei DSDS auch berühmt werden könne, dass würde der ein oder andere frühere Gewinner beweisen. Dass die Teilnehmer nach zwei, drei Monaten in Vergessenheit geraten, daran müssen die selbst schuld sein. „Vielleicht haben die einfach aufgegeben oder gemerkt, dass das nichts für sie ist.“Durchhaltevermögen gelte es mitzubringen. Und so marschiert die 20-Jährige an den Stand, holt sich ihre Nummer ab. Warten braucht sie nicht, da kaum jemand da ist. Sie wird gleich in einen der beiden zur Castingbox umgebauten Lieferwa- gen gebeten, wo jeweils zwei Musikredakteure oder Produzenten die Gesangs- und Darstellungskünste bewerten.
Später, Malbrich ist nach einer Absage längst wieder weg, kommt noch eine Gruppe vorbei, die den Altersdurchschnitt der bisherigen Bewerber ein wenig anhebt. Sie wollen sich anmelden, sind extra von Donauwörth und München angerückt. Dann erfahren sie, dass das Casting in diesem Jahr nur für Leute unter 30 offen sei. Wieso, will ihnen niemand sagen.
Cramelo Giumta ist sauer. Er hat sich darauf gefreut, hier mitzumachen. „Das ist Tradition bei uns, ums Weiterkommen geht es gar nicht. Das macht einfach Spaß.“Außerdem hat er seine Ehefrau vor zwei Jahren beim Casting in Augsburg kennengelernt. Die Enttäuschung ist dementsprechend groß. Auch Nicola Schenk ist umsonst angereist. Dabei hatten ihre drei Kinder sie lang und breit von der Teilnahme überzeugen müssen. Und jetzt das. Die Ü-30Generation zieht missmutig ab. Dann herrscht erst einmal Flaute. Die Offiziellen wärmen sich abwechselnd im Fast-Food-Restaurant nebenan auf.
Später taucht noch Asmaa Chouni auf. Die 24-Jährige kommt aus Marokko, arbeitet seit einem Monat als Au-pair in Deutschland. Deutsch spricht sie nicht, aber singen kann sie, das bezeugen ihre beiden männlichen Begleiter. Und die wirklich schöne Stimme bestätigt ihr anschließend auch die Jury im Transportwagen. Weiterkommen lässt die Jury sie dennoch nicht – da sie kein Deutsch spricht.
Dann wieder Leere vor dem Casting-Stand. Nur Gegenüber steht ein Mann mit Bart und predigt, die Stimme unverständlich verstärkt durch einen Lautsprecher, über Gott und die Menschenwürde. Auch er erfährt an diesem Tag keinen Zulauf. Vielleicht liegt das alles nur am Regen.