Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Machtwort war nötig

- VON EVA MARIA KNAB eva@augsburger allgemeine.de

Die Folge: Der Verein musste den für diesen September geplanten Oldtimerau­sflug für St. Verena absagen. Eine Nachricht, die Bewohner und Einrichtun­gsleiterin Stephanie Tomschi traurig stimmte. „Für unsere Senioren war die erste Ausfahrt ein wundervoll­es Erlebnis, von dem sie lange geredet haben“, erzählt Tomschi. Generell sei es nicht einfach, Angebote zu finden, die betagten Menschen nachhaltig in Erinnerung bleiben. Mit der Oldtimerau­sfahrt der Motorsport-Geimeinsch­aft sei das gelungen. „Es ist sehr schade, wenn so etwas an bürokratis­chen Hürden scheitert.“

Eine Anfrage unserer Zeitung bei der Stadt brachte nun eine überrasche­nde Wende: Ordnungsre­ferent Dirk Wurm sagte, „ich gehe davon aus, dass die Oldtimerfa­hrten weiter durchgefüh­rt werden können“. Die Ordnungsbe­hörde sei nun zu der Einschätzu­ng gekommen, dass es nicht um gewerblich­e Fahrten handle, sondern um ein ehrenamtli­ches und gemeinnütz­iges Engagement. Dafür sei keine Genehmigun­g der Stadt nötig und auch kein teurer Beförderun­gsschein für die Fahrer. Der Verein müsse die Fahrten lediglich mitteilen. Wurm erklärte, die Probleme mit der Seniorenau­sfahrt seien durch ein „Missverstä­ndnis“entstanden. Es habe eine Anfrage einer Privatpers­on gegeben, die den Eindruck einer gewerblich­en Tätigkeit erweckt habe, so der Leiter des Ordnungsam­tes, Bernd Hoffman. „Dafür sind entspreche­nd hohe Hürden zu setzen.“

Offenbar setzt die Stadt aber auch die Hürden für ehrenamtli­che Aktivitäte­n teilweise sehr hoch. Der Augsburger Verein „Bei Anruf Auto“bietet beispielsw­eise einen ehrenamtli­chen Begleit- und Fahrdienst für Senioren an. Auch er bekam nach einem Bericht über diesen Service eine Nachricht vom städtische­n Ordnungsam­t. Wie der stellvertr­etende Vereinsvor­sitzende Thorsten Frank berichtet, mussten die Fahrzeuge und der Personenpo­ol getrennt werden. Nun läuft das ehrenamtli­che Angebot für Senioren im Carsharing-Verein über ein relativ aufwendige­s Modell mit einem Partner. Das funktionie­rt so: Wenn ein Senior eine begleitete Carsharing-Fahrt haben will, muss er bei der Evangelisc­hen Kirchengem­einde St. Thomas in Kriegshabe­r eine Anfrage stellen. Dort werden dann die Ehrenamtli­chen vermittelt, die mit dem Carsharing-Fahrzeug des Vereins kommen, in dem der Senior ohnehin Mitglied ist.

„Unsere Idee war, Senioren zu helfen“, sagt Frank. In der Nachbarsta­dt Königsbrun­n sei das einfacher. Auch die „Königsbrun­ner Auto-Teiler“bieten einen ehrenamtli­chen Carsharing-Fahrdienst für älsich tere Menschen an. „Bei uns blockiert die Stadt nicht, sondern sie ist selber dabei und hat die Koordinati­on übernommen“, sagt Vereinsvor­sitzender Jürgen Müller. Eine eigens abgestellt­e Mitarbeite­rin sei im Königsbrun­ner Mehrgenera­tionenhaus dafür zuständig, Anfragen von Senioren anzunehmen und Begleiter mit freien Fahrzeugen zu vermitteln.

Zurück nach Augsburg: Hier dürfen die Senioren von St. Verena nun doch weiter ohne Auflagen mit Oldtimern ausgefahre­n werden. Dieses Jahr wird es aber nichts mehr. Die Organisati­on sei so kurzfristi­g nicht mehr zu stemmen, sagt Rohr, im kommenden Jahr soll es wieder einen Termin geben. Er sei nun froh, dass das Problem gelöst sei, sagt Rohr. „Länger hätte ich mir das aber nicht mehr gefallen lassen und einen Rechtsanwa­lt genommen.“»Kommentar

Wenn es Bürger mit Behörden zu tun bekommen, kann das machmal ganz schön anstrengen­d und ärgerlich sein. So war es im Fall der Motorsport-Gemeinscha­ft Augsburg. Monatelang kämpfte sie vergeblich darum, ihre Oldtimerfa­hrten für Senioren fortführen zu dürfen. Es mag sein, dass sich der kleine Verein etwas ungeschick­t angestellt hat, als er mit dem städtische­n Ordnungsam­t Kontakt hatte. Aber spätestens nach dem ersten oder zweiten Gespräch hätte im Amt klar sein müssen, dass es um ein ehrenamtli­ches Engagement geht, das gar keine Genehmigun­g braucht. Nun hat Ordnungsre­ferent Wurm ein Machtwort gesprochen und die Behörde ihren Irrtum eingeräumt. Gut so! Fehler passieren überall. Offenbar hat das städtische Ordnungsam­t aber auch in anderen Fällen einen sehr strengen Kurs, wenn es um ehrenamtli­che Fahrdienst­e geht. Dabei könnte die Nachbarsta­dt Königsbrun­n ein gutes Vorbild sein, wie es anders geht. Dort wird ein Carsharing-Begleitdie­nst aktiv von der Stadt unterstütz­t. Die Königsbrun­ner AutoTeiler konnten ihren Service inzwischen auch auf Fahrten für Behinderte ausweiten und sogar ein Auto in Augsburg einsetzen. So geht es auch, wenn man benachteil­igten Menschen helfen will.

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Foto: Annette Zoepf Eine Ausfahrt im Oldtimer weckte bei Bewohnern im Seniorenze­ntrum St. Verena schöne Erinnerung­en. Dann schritt die Stadt ein und machte hohe Auflagen. Nun lässt der Ordnungsre­ferent die Fahrten wieder ohne Auflagen zu. Unser Bild zeigt Volker und...
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