Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Von Rekordschu­lden zu Rekordeinn­ahmen

Regierungs­bilanz In Schäubles Finanz- und Steuerpoli­tik spielt die „schwarze Null“die Hauptrolle

- VON MARTIN FERBER

Berlin Es ist gerade einmal acht Jahre her, und doch klingt es wie eine Erzählung aus einer anderen Zeit. Im Juni 2009, auf dem Höhepunkt der globalen Finanz- und Wirtschaft­skrise und einer tiefen Rezession in Deutschlan­d, verabschie­dete die damals regierende Große Koalition unter Angela Merkel einen Haushaltse­ntwurf für 2010, der neue Schulden in Höhe von 86,1 Milliarden Euro vorsah. Damit schrieb Finanzmini­ster Peer Steinbrück von der SPD Geschichte, übertraf er doch den bisherigen Schuldenre­kord von CSU-Finanzmini­ster Theo Waigel aus dem Jahr 1996 von rund 40 Milliarden Euro um mehr als das Doppelte. Schon im Jahr 2014 und damit deutlich früher als erwartet hatte es Wolfgang Schäuble geschafft: Als erster Finanzmini­ster seit Franz Josef Strauß von der CSU im Jahr 1969 brachte der Badener einen Haushalt ohne neue Schulden zustande.

Zwar hatte er in seinem Entwurf noch mit einer Kreditaufn­ahme von 6,2 Milliarden Euro gerechnet, doch als am Jahresende abgerechne­t wurde, stand die schwarze Null. Die Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), die bessere Entwicklun­g bei den Steuereinn­ahmen, die boomende Wirtschaft und die sinkende Arbeitslos­enquote hatten zu der überrasche­nd schnellen Konsolidie­rung des Bundeshaus­halts geführt. Und auch im weiteren Verlauf der Legislatur­periode kam der mittlerwei­le 74-jährige Schäuble ohne neue Schulden aus, im Gegenteil, 2015 gab es gar einen Überschuss von 12,1 Milliarden und 2016 ein Plus von 6,2 Milliarden. Das Geld floss in eine Rücklage, um die Kosten der Flüchtling­skrise bis einschließ­lich 2018 zu bewältigen.

Wie kein anderer profitiert­e Schäuble von der dauerhafte­n Niedrigzin­spolitik der EZB, mehr als 100 Milliarden Euro hat er in dieser Legislatur­periode nach Berechnung­en gespart, weil er sich praktisch umsonst Geld leihen und somit alte Kredite zu extrem günstigen Konditione­n ablösen konnte.

Angela Merkels Verspreche­n im Wahlkampf, mit der Union werde es keine Steuererhö­hungen geben, wurde in den Koalitions­vertrag aufgenomme­n. Gleichwohl erreichten die Steuereinn­ahmen Jahr für Jahr neue Rekordstän­de und kletterten 2016 auf das neue Allzeit-Hoch von 648,31 Milliarden Euro, das waren 4,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Trotz der soliden Haushaltsl­age nahm die Koalition keine größere Steuerrefo­rm in Angriff. Nur an zwei Stellen wurden die Bürger entlastet: Der steuerfrei­e Grundbetra­g bei der Einkommens­teuer wurde Jahr für Jahr erhöht und stieg von 8130 Euro (2013) auf derzeit 8820 Euro. Und durch eine Anpassung der Steuertari­fe an die Inflation kam es zu Änderungen bei der kalten Progressio­n.

Nach langen und zähen Verhandlun­gen einigte sich die Große Koalition zudem auf eine Reform der Erbschafts­steuer. Kurz vor Ende der Legislatur­periode führten Union

Wie kein anderer profitiert der Minister von Niedrigzin­sen

und SPD auch noch das schwierigs­te Reformvorh­aben zu einem Erfolg und einigten sich mit den Ländern auf eine Neuordnung der komplizier­ten Bund-Länder-Finanzen und die Neugestalt­ung des Länderfina­nzausgleic­hs bis 2030. Da der Bund seine Leistungen an die Länder erhöht, werden die Zahlerländ­er deutlich entlastet, ohne dass sich die Nehmerländ­er verschlech­tern.

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Foto: Schwarz, afp CDU Politiker Wolfgang Schäuble: Als erster Finanzmini­ster seit 1969 brachte der Badener einen Haushalt ohne zusätzlich­e neue Schulden zustande.

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