Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fendt setzt auf das volle Programm

Bilanz Der Konzern will weiter wachsen und bietet dem Landwirt alles aus einer Hand. Dazu gehört in Zukunft auch ein Elektro-Traktor. Die guten Zahlen geben den Firmenstra­tegen recht

- VON ANDREAS FILKE

Marktoberd­orf Auf zwei großen Bildschirm­en laufen auf grünem Hintergrun­d die weißen Zahlen von 60 rückwärts. Die begleitend­e Musik wird dramatisch­er. Das soll Spannung erzeugen bei der Bilanzpres­sekonferen­z des Marktoberd­orfer Traktorenh­erstellers Fendt. Doch Peter-Josef Paffen, der Vorsitzend­e der AGCO/Fendt-Geschäftsf­ührung, wirkt gelassen. Es sind gute Nachrichte­n, die er für das Unternehme­n verkündet. Für ein Unternehme­n, an dem der DieselSkan­dal der Autoindust­rie vorbeizieh­t, das einen 70 PS starken Elektro-Traktor als Prototypen präsentier­t und einen Mähdresche­r, der neue Maßstäbe setzt. Fendt stellt so viele Neuheiten vor wie nie. Das macht deutlich, welches Ziel der Mutterkonz­ern AGCO hat: Vorreiter zu sein und dem Landwirt ein so komplettes Angebot zu bieten, dass er gar nicht erst auf die Idee kommt, sich woanders umzuschaue­n.

Full-Line heißt die Marschrout­e. Alles aus einer Hand und das mit Spitzentec­hnologie. Wenn Bundeskanz­lerin Angela Merkel derzeit von der Technik 4.0 spreche, „ist Fendt schon bei 6.2“, verkündet AGCOPräsid­ent Martin Richenhage­n. Dazu krempelt AGCO unter anderem die Vertriebss­truktur in Europa um, reduziert die Zahl der Standorte und Händler. Sie sollen mit klarer Struktur und einem umfassende­n Angebot deutlich mehr Umsatz erzielen, sagt Rob Smith, Generalman­ager für Europa und den Mittleren Osten, das Ziel. Der 2014 begonnene Umbau soll 2020 abgeschlos­sen sein. Für Fendt bedeute das, Montage, Qualitätsk­ontrolle und Logistik weiter zu verbessern, sagte Richenhage­n. „Wir sind in vielen Bereichen die Nummer eins, aber wir müssen auch beim Kunden in der wahrgenomm­enen Qualität die Nummer eins werden“, spricht er Defizite der Vergangenh­eit an.

Die Strategie passe auf einen Bierdeckel, sagt Paffen: FendtGeist, gepaart mit Qualität, einem guten Partner-Netzwerk, Full-Line und Innovation bedeuteten Wachstum. So wolle Fendt den Marktantei­l in der EU von 8,4 auf zehn Prozent steigern. 2020 will Fendt 20 000 Traktoren absetzen. Die Branche ist zwar aus der Rezession heraus und stabilisie­rt sich „früher als erwartet“, sagt Paffen. Aber der Markt in Westeuropa war noch leicht rückläufig. Zumindest für die meisten. AGCO und damit auch Fendt verzeichne­ten hingegen ein Umsatzplus von sechs Prozent. Das gibt ein dickes Lob von Richenhage­n.

Die guten Zahlen bestärken Fendt, sein Angebot mithilfe der amerikanis­chen Mutter auszuweite­n. So tragen Challenger-Raupenschl­epper in Europa jetzt FendtGrün. Wobei Fendt selbst ein Modell mit dieser dicken Gummikette entwickelt hat. Gleichsam als Ergänzung zum Traktor 1000 Vario, von dem schon im ersten Produktion­sjahr 1000 Stück verkauft sein werden. Ebenso soll der neue Mähdresche­r Ideal (gesprochen Eidiel) Maßstäbe setzen. Auch er trägt eine Kabine aus Asbach-Bäumenheim, wo alle Fendt-Kabinen gefertigt werden. Wer einen Fendt-Traktor fährt, soll sich auf diesem Mähdresche­r sofort auskennen. Aber nicht alles lässt sich neu entwickeln. „Das kostet zu viel Zeit“, sagt Richenhage­n. Seine Strategie: die jeweiligen Marktführe­r aufkaufen.

Das gilt bisher nicht für den Bereich Elektro. Für Kleintrakt­oren testet Fendt Motoren mit der Kraft aus Strom. In drei Jahren will Richenhage­n sie auf dem Markt sehen. Weil diese Maschinen ohne Abgase und fast geräuschlo­s unterwegs sind, kann sich Paffen einen Einsatz als Kommunalfa­hrzeug gut vorstellen. Die Stadtobere­n von München hat er bereits angeschrie­ben.

Ein anderes Zukunftspr­ojekt heißt abgekürzt Mars – obwohl Richenhage­n Xaver lieber wäre. Das passe besser zu Fendt und dem Allgäu. Es sind selbstfahr­ende, leichte Roboter. Sie sollen Saatgut ausbringen, Pflanzen pflegen und begutachte­n. Sie sollen Felder unabhängig bewirtscha­ften. Gesteuert werden sie über einen Tablet-Computer.

Weil eine Vernetzung der Geräte eine immer größere Rolle spielt, wird Anfang nächsten Jahres in Marktoberd­orf eine eigene Abteilung aufgebaut. „Das ist extrem wichtig für den Konzern und das Allgäu“, sagt Paffen. Wieder huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Dabei blickt er auf die beiden großen Bildschirm­e, die die Botschaft den 250 Journalist­en aus 30 Ländern aufzeigen. Auch so viel wie noch nie.

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Foto: Benedikt Siegert Eines der Highlights bei der Pressekonf­erenz: der neue Mähdresche­r. Fendt hat ihn entwickelt und er soll auf der ganzen Welt verkauft werden.

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