Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Was ist Youtube Kids?

Titel Thema Die Video-Plattform hat eine App entwickelt, die speziell auf Kinder zugeschnit­ten ist. Was Medienpäda­gogen davon halten und worauf Eltern achten sollten

- VON SANDRA LIERMANN

Augsburg Kinder kommen heute früh mit der Medienwelt in Kontakt: ob vor dem Fernseher, am Computer oder über das Smartphone der Eltern. Besonders beliebt ist die Video-Plattform Youtube. Dabei ließ sich bislang nur schwer vermeiden, dass der Nachwuchs Videos sieht, die nicht kindgerech­t sind. Eine neue App soll das Problem beheben: Youtube Kids. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zu der Anwendung:

Was ist Youtube Kids?

Die Videoplatt­form Youtube hat eine App für jüngere Zuschauer entwickelt. In der für Android und iOS erhältlich­en Anwendung finden sich dem Unternehme­n zufolge altersgere­chte Inhalte wie Lernvideos, Kinderlied­er oder kindgerech­te Serien. Eltern können Sicherheit­seinstellu­ngen vornehmen, wie die Suchfunkti­on ausblenden, über einen Timer ein Zeitlimit festlegen und zwischen Altersstuf­en wählen. Algorithme­n suchen nach passenden Videos. Sollte ein Kind dennoch auf ein nicht altersgere­chtes Video stoßen, können Eltern dieses melden.

Wird bei Youtube Kids Werbung eingeblend­et?

Wie auf der Video-Plattform Youtube wird auch bei Youtube Kids be- Werbung eingeblend­et – allerdings muss diese bestimmte Kriterien erfüllen. So sind etwa Werbeanzei­gen für Lebensmitt­el und Getränke, für Inhalte mit Altersbesc­hränkung, für Beauty- und Fitness-Produkte sowie politische und religiöse Werbeanzei­gen nicht zulässig. Videos, die ein Nutzer hochgelade­n hat, gelten bei Youtube Kids aber nicht als bezahlte Werbung. Unabhängig von der Art der Inhalte unterliege­n sie nicht den Werbericht­linien. So kann es vorkommen, dass Kinder Werbespots sehen, die in eine der unerlaubte­n Kategorien fallen. Ein Beispiel: Für das Suchwort „Kekse“könnte zum Beispiel ein TV-Spot für eine Keksmarke als Suchergebn­is auftauchen, der als normales Video auf einem YoutubeNut­zerkanal hochgelade­n wurde. Damit unterliegt dieser nicht den Werbericht­linien, die bezahlte Werbung für Lebensmitt­el verbieten.

Was sagen Medienpäda­gogen zu Youtube Kids?

Anja Zimmermann arbeitet für jugendschu­tz.net, einem Kompetenzz­entrum von Bund und Ländern, das auf den Jugendschu­tz im Internet spezialisi­ert ist. Zimmermann hält Youtube Kids für eine gute Idee: „Wir bewerten positiv, dass sich endlich einer der großen Mediendien­ste der Herausford­erung gestellt hat, ein Kinderange­bot zu gestalten. Bisher haben viele Kinder gezwungene­rmaßen die Angebote genutzt, die sich eigentlich an Erwachsene richten. Jetzt gibt es eine altersgere­chte Alternativ­e.“Dennoch sollten Eltern ihre Kinder nicht einfach vor Youtube Kids „parken“, auch wenn das Angebot kindgerech­te Inhalte verspricht, sagt Zimmermann: „Begleitung bei der Mediennutz­ung ist immer notwendig. Es kann immer mal passieren, dass ein Inhalt das Kind erschreckt. Da ist es besser, wenn Eltern in der Nähe sind, um eingreifen zu können.“Auch wenn technische Probleme auftauchen oder ein Video erscheint, das nicht altersgere­cht ist, müssen Eltern eingreifen.

Dieser Meinung ist auch Nicole Lohfink von der Medienstel­le Augsburg: „Gerade, was die Qualitätsb­ewertung angeht, müssen Eltern sich einklinken. Ist der Inhalt geeignet für das Alter meines Kindes? Sind kommerziel­le Inhalte eingebette­t? Und wie sieht es aus mit dem Thema Kinder und Datenschut­z?“Für pädagogisc­he Einschätzu­ngen und Hinweise zu Videos und Apps für Kinder empfiehlt sie Angebote wie Flimmo oder die Datenbank des Deutschen Jugendinst­ituts.

Wie lange darf mein Kind pro Tag vor dem Bildschirm sitzen?

Keine einfache Frage, findet Anja Zimmermann: „Wir sind der Meizahlte nung, dass die Mediennutz­ungszeit auf jedes Kind individuel­l abgestimmt sein sollte. Eltern kennen ihr Kind am besten, sie wissen, wie viel Mediennutz­ung pro Tag in Ordnung ist.“Dennoch seien Alternativ­angebote wichtig. „Ein Ausgleich zur Mediennutz­ung und andere Hobbys dürfen nicht zu kurz kommen.“

Die Initiative „Schau hin“, ein Elternratg­eber zur Mediennutz­ung, empfiehlt folgende Richtwerte. Bis fünf Jahre: bis eine halbe Stunde am Stück; sechs bis neun Jahre: bis zu einer Stunde am Stück. Als eine andere Orientieru­ng gilt der Initiative zufolge ein Limit der Medienzeit von zehn Minuten pro Lebensjahr am Tag oder eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche. Das wären bei einem vierjährig­en Kind 40 Minuten pro Tag oder vier Stunden pro Woche. Nicole Lohfink sagt allerdings, dass so eine pauschale Begrenzung auch zu Schwierigk­eiten führen kann. Zur Verdeutlic­hung zieht sie einen Vergleich zu anderen Aktivitäte­n: „Wie lange darf mein Kind draußen Fußball spielen? Zwölf Stunden am Stück sind sicherlich ungesund. Wenn das Kind aber kurz vor Ende des Spiels abbrechen muss, weil die tägliche Fußball-Stunde vorbei ist, führt das auch zu Frustratio­nen.“Ähnlich sei es bei der Mediennutz­ung: „Das Wichtige ist, eine sinnvolle Balance zu halten.“

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Foto: Soeren Stache, dpa Seit kurzem gibt es die App Youtube Kids. Sie soll Kindern ausgewählt­e Inhalte präsentier­en. Aber was bekommen die Kleinen eigentlich zu sehen und wie schätzen Medien pädagogen das Angebot ein?

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