Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Offener Brief an Frau Steinhaus

- VON WOLFGANG LANGNER wla@augsburger allgemeine.de

Liebe Frau Steinhaus, aus gegebenem Anlass möchte ich Ihnen heute ein paar Zeilen schreiben, die ich als dringend notwendig erachte. Ich muss ehrlich gestehen, Frauen und Fußball, das hatte für mich lange Zeit einen ähnlichen Klang wie Tony Marshall und Musik. Vielleicht lag es auch daran, dass ich in großer Nähe zu Pa und seinen drei Söhnen Hoss, Adam und Little Joe aufgewachs­en bin.

Mich eher als Cowboy auf der Ponderosa gesehen habe und damals ein glasklares Bild von einer Rollenvert­eilung hatte. Dann kam im Laufe meiner überschaub­aren Fußball-Karriere auch noch etwas hinzu, dass mich in Sachen Frau/ Fußball etwas negativ geprägt hat. Der Vorfall ereignete sich damals in Ried (Landkreis Aichach/Friedberg). Zu jener Zeit – es muss so im Jahr 1984 gewesen sein – durften auch die ersten Frauen in BayerischS­chwaben an die Pfeife. Ehrlich gesagt, das sah damals schon etwas exotisch aus, aber dennoch war es dumm von mir, mich schon im Vorfeld in der Kabine über das „Pfeifen-Hascherl“lustig zu machen. Sie wissen ja, Gruppenzwa­ng und so.

Es wurde dann für mich im defensiven Mittelfeld des SV Hammerschm­iede ein rabenschwa­rzer Tag. Nach einem angebliche­n Foulspiel von mir (Ich schwöre Ihnen heute noch: Nie und nimmer) sah ich die Gelbe Karte. Darauf entstand ein heftiger Disput zwischen Frau Schiedsric­hter und mir. Der endete unschön. Auf meine Frage „aus welcher Küche man sie rausgelass­en hätte“, zeigte sie mir die Rote Karte.

Unter dem höhnischen Gelächter der rund 15 Zuschauer – wobei ich bis heute nicht weiß, ob das der Unparteiis­chen oder mir galt – musste ich leider den Rasen verlassen. Mein erster und letzter Platzverwe­is in einer ansonsten tadellosen Laufbahn. Ein deprimiere­nder Moment.

Natürlich weiß ich jetzt, über 30 Jahre später, dass meine Worte machomäßig, blöd und chauvinist­isch (Gab es dieses Wort damals eigentlich schon?) waren. Dafür an dieser Stelle mein Bedauern. Heute bin ich geläutert und mein Rollenbild hat sich verändert. Zumindest immer öfter.

Sie, Frau Steinhaus, sind jetzt die erste Frau, die in der Bundesliga pfeifen darf. Und ganz ehrlich: mit Recht. Sie haben es sich verdient. Sie sind witzig, eloquent und vor allem: Sie pfeifen gut. Da haben sie etlichen Männern etwas voraus. Vor ihrem Start noch ein Tipp: Nehmen sie dumme Sprüche nicht zu ernst. Irgendwann tun sie dem Verursache­r leid. Auch wenn das manchmal über 30 Jahre dauern kann.

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Foto: dpa Bundesliga Premiere am Sonntag: Bi biana Steinhaus leitet die Partie Hertha BSC – Werder Bremen.
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