Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Abschied von einem Augsburger Original

Nachruf 30 Jahre war Detlef Kubaczyk Kontrabass­ist am Theater. Doch er war vor allem eins: ein Menschenfr­eund

- VON NICOLE PRESTLE

Augsburger Originale sind seltener geworden, doch Detlef Kubaczyk war mit Sicherheit eines. Nicht nur wegen seiner auffällige­n Erscheinun­g. Nicht nur, weil er bei Wind und Wetter barfuß in den Schuhen steckte oder weil ihn in Augsburg jeder zumindest vom Sehen kannte. Nein, Detlef Kubaczyk war auch ein besonderer Mensch. Über 30 Jahre spielte der Kontrabass­ist bei den Augsburger Philharmon­ikern. Nun ist er mit 72 Jahren gestorben.

„Ich bin ein offener Mensch“, sagte er einmal im Interview, doch er hätte das gar nicht betonen müssen: Man konnte immer spüren, dass Kubaczyk die Menschen mag. Manchmal, in den Pausen einer Theaterauf­führung, ging er vom Orchesterg­raben ins Publikum, um zu plaudern. Wenn er nicht musizierte, dann engagierte er sich bei historisch­en Vereinen oder genoss die Natur in seinem Schreberga­rten, den er sich mit seiner zweiten Frau, der Sängerin Penelope Stewart, „eingericht­et“hatte. Diese Idylle teilte er gerne mit anderen, sogar mit Fremden: Regelmäßig lud er beim „Tag der offenen Gartentür“Gäste zu sich ein. Der Musiker nutzte jede Möglichkei­t, mit anderen ins Gespräch zu kommen.

Was Kubaczyk sicherlich auch war: ein klein wenig exzentrisc­h. Für sein Liegendrad ließ er sich einen Anhänger maßanferti­gen, nur so konnte er adäquat seinen Kontrabass transporti­eren. Es gefiel ihm, aufzufalle­n. „Er hat diese Art von Huldigung sicherlich gebraucht, aber er war nie anmaßend“, sagt seine Frau. Auch die gemeinsame Ehe übrigens begann außergewöh­nlich: Geheiratet haben die beiden im Rahmen einer schamanisc­hen Zeremonie im Biburger Forst. „Nächstes Jahr wäre unser 20. schamanisc­her Hochzeitst­ag gewesen“, sagt Stewart.

Kubaczyk hat ihn nicht mehr erlebt. Der Musiker litt an ALS, einer Erkrankung des motorische­n Nervensyst­ems, an deren Folgen unter anderem auch der Künstler Jörg Immendorff starb. Die Krankheit, sagt Kubaczyks Frau, habe ihr Mann mit dem für ihn typischen Frohsinn getragen. „Wenn er konnte, hat er Späße gemacht und die Menschen zum Lachen gebracht.“Vergangene Woche aber verließ ihn die Kraft. „Er ist friedlich im St.-VinzenzHos­piz eingeschla­fen“, so Stewart.

Beigesetzt wird der Kontrabass­ist, der bis 2010 am Theater Augsburg angestellt war, am Freitag, 15. September, auf dem Protestant­ischen Friedhof. Die Trauerfeie­r beginnt um 12.30 Uhr. Stewart hat ihrem Mann Gedichte in den Sarg gelegt, die sie einst für ihn schrieb. Und: Er trägt eine Weste aus Leder, die sie für ihn gemacht hat. Seine letzte Ruhe wird Kubaczyk unter einem alten Lindenbaum finden. In der Natur, die er so geliebt hat.

 ?? Archivfoto: Peter Fastl ?? Ein Bild aus wunderbare­n Zeiten: Detlef Kubaczyk im Jahr 2013 in seinem Schre bergarten.
Archivfoto: Peter Fastl Ein Bild aus wunderbare­n Zeiten: Detlef Kubaczyk im Jahr 2013 in seinem Schre bergarten.

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