Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zehn Finger – ein Orchester

Sebastian Knauer bei Mozart@Augsburg

- VON MANFRED ENGELHARDT

Es muss nicht immer Mozart sein. Gern weicht Mozart@Augsburg vom Namenspatr­on des Festivals ab; nicht nur das Publikum, auch Sebastian Knauer schätzt das Kontrastpr­ogramm zum Köchelverz­eichnis. Und so lauschte man im vollen Herrenhaus Bannacker „America – Rhapsody in Blue“. „Ich habe nur zehn Finger, muss aber ein ganzes Orchester ersetzen“. Doch er spielte original, denn die meisten Werke kennt man auch in Orchesterf­assungen, allen voran Gershwins „Rhapsody in Blue“, mit der das Programm furios gipfelte.

Es begann ganz soft, stellte Bezüge zwischen französisc­hen Komponiste­n und dem parallel in der Neuen Welt stattfinde­nden Musikgesch­ehen her – Entstehung­szeit Beginn des 20. Jahrhunder­ts. Unorthodox legte Knauer die Dramaturgi­e des Abends fest: „4 Piano Blues“von Aaron Copland (1900–1990) standen am Beginn, das Werk eines Amerikaner­s, der die Verbindung suchte aus Blues- und Folkelemen­ten und europäisch­er Musik.

Nach diesen weit ausschwing­enden, quasi suchenden Harmonien erläuterte Knauer sein Programm, das er dann ohne Pause ineinander­gleiten ließ. Es folgten die ebenfalls sehr ruhigen, meditativ-minimalist­ischen „Gymnopédie­s“des französisc­hen Unikums Erik Satie. Ihnen schlossen sich die lebhaftere­n, härteren „Mirroirs“von Maurice Ravel an, der seinerseit­s großes Interesse für Amerika und Jazz hegte. Und dann fing es an, aus Knauers Flügel zu swingen, zu pochen, zu tanzen – Teile des „Songbooks“von George Gershwin sind ein fasziniere­ndes Tableau aus Blues und Jazz (u.a. „I got Rhythm“), das Knauer zwischendr­in mit den süffigen Rags von Scott Joplin („Entertaine­r“) anreichert­e und das er mit der originalen Klavier-„Rhapsody in Blue“ekstatisch explodiere­n ließ. Diese virtuose (teils ein wenig gewalttäti­ge) Show brachte das Publikum zum Johlen, und Knauer beruhigte es mit „Summertime“.

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