Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die Zeit der Rekorde auf dem Plärrer ist vorbei
Debatte Neben Lederhosen sieht man wieder mehr Jeans. Und es geht etwas ruhiger zu. Doch ist das schlimm?
Es ist nicht die Zeit für Rekorde. So, wie es kurz vor dem Ende des Herbstplärrers aussieht, war es ein durchschnittliches Volksfest für die Schausteller und Wirte. Keiner kann genau sagen, wie viele Menschen in den vergangenen beiden Wochen auf das Festgelände gekommen sind. Es hat niemand nachgezählt. Die Zahl von 500 000 Besuchern, die von der Stadt gerne genannt wird, ist eine Schätzung. Vermutlich werden es, wenn man ehrlich ist, nicht ganz so viele gewesen sein. Doch ist das so entscheidend? Eher nicht. Augsburg ist nicht München. Und der Plärrer kein Oktoberfest, wo der Erfolg vor allem an der Zahl der leer getrunkenen Maßkrüge und der verspeisten Ochsen gemessen wird. Der Plärrer hat andere Vorzüge jenseits von schneller, höher, weiter. Es ist nicht so eng. Man kann auch spontan ins Bierzelt gehen und bekommt noch einen Platz. Und selbst spätabends sind keine Horden von Volltrunkenen unterwegs.
Keine Frage: Wir Augsburger mögen unseren Plärrer. Wenn man in den vergangenen Tader gen über den Festplatz geschlendert ist, konnte man jedoch auch den Eindruck gewinnen, dass der ganz große Volksfest-Aufschwung, der vor ein paar Jahren ausgerufen wurde, womöglich wieder vorbei ist. Die Begeisterung schwappte aus München rüber nach Augsburg. Plötzlich wurden Dirndl und Lederhosen fast schon zur Pflicht. Und in den Zelten wurde es so eng, dass die Eingänge an manchen Abenden sogar zeitweise geschlossen werden mussten. Das ist nicht mehr so. Unter der Woche blieben beim Herbstplärrer mitunter ziemlich viele Tische in den Zelten frei. Und unter die Lederhosen mischen sich vermehrt auch wieder ganz normale Jeans. Ein Grund, nun einen Abgesang auf den Plärrer anzustimmen, ist das allerdings nicht. Es ist auch nicht die Angst vor einem möglichen Terroranschlag, der die Menschen abhält. Das sei kein Thema gewesen bei denBesuchern,berichtenWirteund Schausteller unisono. Nach wie vor hat das Fest einen viel besseren Ruf als zu früheren Zeiten, als Schlägereien im Zelt teils an der Tagesordnung waren und Polizisten mit Gummiknüppeln austeilen mussten. Der Plärrer ist ein Treffpunkt geworden. Auch für die „Promis“der Stadt gehört es inzwischen dazu, sich hier zu zeigen.
Dass Festwirt Edmund Diebold die Sterndl-Alm nach sechs Jahren aufgibt, ist allerdings ein deutliches Zeichen dafür, dass die Fahrgeschäfte und Zelte schon längst keine Selbstläufer mehr sind. Es ist nicht gelungen, das Zelt, das mit dem Anspruch einer „gehobeneren Atmosphäre“angetreten ist, zu etablieren. Das Potenzial ist in einer relativ armen Stadt wie Augsburg auch begrenzt. Wenn die Stadt nun einen Nachfolger für das dritte, kleinere Plärrerzelt sucht, wird es auch darum gehen müssen, sich Gedanken über ein tragfähiges Konzept zu machen. Denkbar ist vieles – nur ein reines Partyzelt braucht der Plärrer nicht. Wer das will, der kommt in den großen Bierzelten schon auf seine Kosten.
Keine Frage: Wir Augsburger mögen unseren Plärrer