Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Zeit der Rekorde auf dem Plärrer ist vorbei

Debatte Neben Lederhosen sieht man wieder mehr Jeans. Und es geht etwas ruhiger zu. Doch ist das schlimm?

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger allgemeine.de

Es ist nicht die Zeit für Rekorde. So, wie es kurz vor dem Ende des Herbstplär­rers aussieht, war es ein durchschni­ttliches Volksfest für die Schaustell­er und Wirte. Keiner kann genau sagen, wie viele Menschen in den vergangene­n beiden Wochen auf das Festgeländ­e gekommen sind. Es hat niemand nachgezähl­t. Die Zahl von 500 000 Besuchern, die von der Stadt gerne genannt wird, ist eine Schätzung. Vermutlich werden es, wenn man ehrlich ist, nicht ganz so viele gewesen sein. Doch ist das so entscheide­nd? Eher nicht. Augsburg ist nicht München. Und der Plärrer kein Oktoberfes­t, wo der Erfolg vor allem an der Zahl der leer getrunkene­n Maßkrüge und der verspeiste­n Ochsen gemessen wird. Der Plärrer hat andere Vorzüge jenseits von schneller, höher, weiter. Es ist nicht so eng. Man kann auch spontan ins Bierzelt gehen und bekommt noch einen Platz. Und selbst spätabends sind keine Horden von Volltrunke­nen unterwegs.

Keine Frage: Wir Augsburger mögen unseren Plärrer. Wenn man in den vergangene­n Tader gen über den Festplatz geschlende­rt ist, konnte man jedoch auch den Eindruck gewinnen, dass der ganz große Volksfest-Aufschwung, der vor ein paar Jahren ausgerufen wurde, womöglich wieder vorbei ist. Die Begeisteru­ng schwappte aus München rüber nach Augsburg. Plötzlich wurden Dirndl und Lederhosen fast schon zur Pflicht. Und in den Zelten wurde es so eng, dass die Eingänge an manchen Abenden sogar zeitweise geschlosse­n werden mussten. Das ist nicht mehr so. Unter der Woche blieben beim Herbstplär­rer mitunter ziemlich viele Tische in den Zelten frei. Und unter die Lederhosen mischen sich vermehrt auch wieder ganz normale Jeans. Ein Grund, nun einen Abgesang auf den Plärrer anzustimme­n, ist das allerdings nicht. Es ist auch nicht die Angst vor einem möglichen Terroransc­hlag, der die Menschen abhält. Das sei kein Thema gewesen bei denBesuche­rn,berichtenW­irteund Schaustell­er unisono. Nach wie vor hat das Fest einen viel besseren Ruf als zu früheren Zeiten, als Schlägerei­en im Zelt teils an der Tagesordnu­ng waren und Polizisten mit Gummiknüpp­eln austeilen mussten. Der Plärrer ist ein Treffpunkt geworden. Auch für die „Promis“der Stadt gehört es inzwischen dazu, sich hier zu zeigen.

Dass Festwirt Edmund Diebold die Sterndl-Alm nach sechs Jahren aufgibt, ist allerdings ein deutliches Zeichen dafür, dass die Fahrgeschä­fte und Zelte schon längst keine Selbstläuf­er mehr sind. Es ist nicht gelungen, das Zelt, das mit dem Anspruch einer „gehobenere­n Atmosphäre“angetreten ist, zu etablieren. Das Potenzial ist in einer relativ armen Stadt wie Augsburg auch begrenzt. Wenn die Stadt nun einen Nachfolger für das dritte, kleinere Plärrerzel­t sucht, wird es auch darum gehen müssen, sich Gedanken über ein tragfähige­s Konzept zu machen. Denkbar ist vieles – nur ein reines Partyzelt braucht der Plärrer nicht. Wer das will, der kommt in den großen Bierzelten schon auf seine Kosten.

Keine Frage: Wir Augsburger mögen unseren Plärrer

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Foto: A. Zoepf Am Sonntag geht der Herbst plärrer zu Ende.
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