Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Bäckerin aus Leidenschaft
Hobby Judith Hausmann aus Ehingen schürt jeden Freitag ihren Südtiroler Holzofen an. Noch backt sie nur zum Hausgebrauch. Doch im Hinterkopf hat sie eine Idee
Ehingen „Wir sind Genussmenschen.“Mit diesen Worten beschreibt Judith Hausmann ihre Familie, ihren Mann und ihre zwei erwachsenen Kinder Philipp und Katharina. Diese Grundeinstellung gab auch den Ausschlag für ein recht ungewöhnliches Hobby. Judith Hausmann ist nämlich leidenschaftliche Bäckerin. Allerdings gibt es bei der 47-Jährigen nicht etwa Sahnetorte, sondern Brot, das in einem Original Südtiroler Holzofen gebacken wird – und zwar jeden Freitag in Ehingen. Bereits um 5 Uhr morgens bereitet Judith Hausmann den Teig vor und schürt ihren Ofen an, den ein Südtiroler Ofenbauer binnen drei Tagen neben ihrer Holzhütte aufgebaut hat. Der Ofen ist aus gebranntem Ziegel gefertigt, aus Zement, Sand und Kalk. Der sonst übliche Schamottstein wurde hier nicht verbaut.
Für Judith Hausmann hat die Arbeit mit dem Brotteig fast schon etwas Spirituelles. Das Zusammenspiel von Mehl, Luft und Gewürzen – und das Gefühl für jeden Laib Brot, den sie backt, ist „jedes Mal wieder spannend“, erklärt sie mit großer Begeisterung für ihr Hobby. Die Backkunst hat sie bei einem Kurs einer Tiroler Bäuerin auf einer Alm erlernt. Doch sie weiß: Die Luftfeuchtigkeit, die Teigbeschaffenheit und sogar das Holz, mit dem sie den Ofen anheizt, wirken sich jedes Mal wieder anders auf das Brot aus. „Meine Brotlaibe haben keine einheitliche Normgröße. Sie sind von meinem jeweiligen Gefühlszustand abhängig“, erklärt die Hobbybäckerin.
Trotz aller Leidenschaft hat ihre Backkunst auch einen ganz praktischen Hintergrund. Die 47-Jährige wollte eine mächtige Diskrepanz beseitigen, denn einerseits essen alle Familienmitglieder gerne gutes Brot. Sogar Brotgetreide (unter anderem Dinkel, Emmer und Weizen) wird bei Familie Hausmann neben Kartoffeln und anderen Feldfrüchten auf dem Feld angebaut. Trotz dieser guten Voraussetzungen wur- lange Zeit Brot eingekauft. Hinzu kam eine Weizenunverträglichkeit von Tochter Katharina und schon war klar: Fortan wird Judith Hausmann das Brotbacken selbst in die Hand nehmen.
Mit Dinkel hat die Hauswirtschaftsmeisterin in ihrer Backstube begonnen – bevor sie auf ihren Getreidefavoriten aufmerksam wurde: den Emmer. Dieser ist zwar nicht frei von dem Klebereiweiß Gluten, aber wesentlich bekömmlicher. Und so fabriziert sie aus dem Emmer, der auf ihrem eigenen Feld wächst, nicht nur Brot, sondern auch Nudeln. „Es ist so, wie wenn man Salat aus dem eigenen Garten erntet, zubereitet und isst“, vergleicht die zweifache Mutter ihren Ansatz, Selbstangebautes auch selbst zu konsumieren. Exotisches oder gar irgendwelches aktuell im Trend liegende Superfood braucht die 47-Jährige nicht auf dem Tisch, vielmehr setzt sie auf Regionales.
In Judith Hausmanns Backstube werden drei Brotvarianten gebacken: Das Vollkornbrot, das aus Roggen, Dinkel, Kürbiskernen, Sesam, Leinsamen und Haferflocken besteht. Das klassische HolzofenBauernbrot, das aus 70 Prozent Roggen und 30 Prozent Dinkel besteht und das Emmerbrot, dem sogar Quark zugegeben wird. Sind die Brote fertig, zeigt sich Judith Hausmanns praktische Ader, denn die Restwärme, die sich sehr lange im Ofen hält, wird von ihr auch noch genutzt. Nach dem Brot, das bei etwa 210 Grad Celsius in den Ofen geschoben und bei 180 bis 190 Grad Celsius fertig gebacken wird, kommt schon mal ein Hefezopf, ein Quarkkuchen oder anderes Kleingebäck in den Ofen.
Auch Pizza und Flammkuchen gelingen dann noch gut. Die sinkende den Temperaturen ermöglichen das sogenannte Niedriggarverfahren – und damit auch einen leckeren Schweinebraten zum Mittagessen. Die Restwärme, die dann noch bleibt, reicht um Peperoni oder Kräuter zu trocknen.
Zur praktischen Ader der Hobbybäckerin gesellt sich jede Menge Kreativität: Kleine Gewürzstangen hat sie schon gebacken. Doch die genaue Zutatenliste bleibt geheim. Auch weiß die ambitionierte Hobbybäckerin: Dinkelbrezen werden im Elektroofen viel besser. Emmernudeln gehören ohnehin zu ihrem privaten Portfolio. Künftig möchte sie mit selbstangebautem Hafer einen Versuch wagen oder auf das Urgetreide Kamut setzen. Und zwischen all der Kreativität in puncto Lebensmitteln schlummert auch noch ein andere Idee – und zwar die eines Hofladens. Noch scheut die 47-Jährige die Auflagen, die damit verbunden sind. Doch mit funkelnden Augen gibt sie zu: „Im Hinterkopf ist die Idee – und im Herzen sowieso.“
„Es ist so, wie wenn man Salat aus dem eigenen Garten erntet, zubereitet und isst.“Judith Hausmann