Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Breze, teile dich!
Erfindung Gerhard Rieß aus Lauingen hat eine Schneidehilfe für die bayerischste aller Backwaren erfunden. Schlüsselmoment war eine Kaffeepause
Lauingen Die besten Ideen entstehen oft, wenn man einfach einmal eine Pause macht. So ging es vor etwa einem Jahr auch Gerhard Rieß. Von seinem Büro in der Lauinger Innenstadt (Kreis Dillingen) machte er sich auf, um in einer nahen Bäckerei eine Pause einzulegen. Bei einem Kaffee und einer Butterbreze.
„Ich habe einen Platz gehabt, von dem ich hinter die Theke schauen konnte. Da habe ich gesehen, wie die Verkäuferin meine Breze aufgeschnitten hat. Sie hat die Hand daraufgelegt, geschnitten, und ist dann nach oben geschreckt.“Gerhard Rieß dachte zuerst, die Frau habe sich in den Finger geschnitten. Doch sie hatte Glück. „Es ist nichts passiert, aber es war knapp“, sagt der 57-Jährige, der in diesem Moment eine neue Mission fand: Eine Breze aufschneiden – das muss doch einfacher gehen.
Schon länger hatte der Konstrukteur, der sonst im Auftrag von Firmen Sitze für Züge, Kranbauten oder Stapelmaschinen für PET-Flaschen konzipiert, nach einem eigenen Produkt gesucht. Das war mit dieser Kaffeepause gefunden: ein Brezenschneider. In mehreren Bäckereien ging Rieß auf RechercheTour. Und stellte fest: Überall wird die wohl bayerischste aller Backwaren für die anschließende Bebutte- rung von Hand aufgeschnitten. Mit teilweise blutigen Folgen. Vier Ziele setzte sich der 57-Jährige für seinen Brezenschneider. „Es sollte senkrecht geschnitten werden, man sollte sie nicht in der Hand halten müssen, das Gerät musste ohne Strom auskommen und wenig Platz brauchen.“
Rieß machte sich ans Werk, fertigte mehrere Prototypen, kaufte bei verschiedensten Bäckereien Brezen ein, konstruierte mit seinem Computerprogramm ein Standardbre- zenexemplar. Das hat die Maße 13 auf 14 Zentimeter. Nach einiger Tüftelei kam schließlich die „Brezise“heraus. Wie präzise damit eine Breze halbiert werden kann, musste sie bei einem Härtetest beweisen. Rieß engagiert sich schon länger im Lauinger Stadeltheater. In der Pause werden da immer Butterbrezen serviert. 50 Stück sind da ratzfatz weg. Und für die Zubereitung bleibt nicht viel Zeit. „Mit der Brezise ging das richtig schnell. Das war eine absolute Erleichterung“, sagt Rieß. Auch in den Bäckereien, denen er seine Erfindung vorstellte, waren die Reaktionen positiv. „Eine der Verkäuferinnen hat mir gesagt, sie würde am liebsten nur noch Butterbrezen machen.“
Mit seiner Brezise, die er persönlich endmontiert und verpackt, hat der Lauinger mittlerweile auch eine Bäckereigenossenschaft überzeugt, die das Gerät in ihr Sortiment aufgenommen und gleich 50 bestellt hat. Schließlich kann man damit nicht nur Brezen teilen, sondern auch Semmeln. Oder fluffig-bröselige Croissants. „Wenn man das von Hand schneidet, ist das immer eine Riesensauerei.“
Und nachdem der Bayerische Rundfunk im Fernsehen und Radio über seine Erfindung berichtet hatte, stand das Telefon in Lauingen einige Tage kaum still. Ein Privatmann kam sogar extra aus Schweinfurt angefahren, um sich den Brezenschneider, zu dem Rieß auch ein passendes Schneidemesser anbietet, abzuholen. Der 57-Jährige, der Butterbrezen immer noch nicht satt hat, hofft nun, dass seine Brezise die Backstuben der Republik erobert. „Ich bin optimistisch, aber vorsichtig.“Seine Erfindung in einem TVFormat wie der „Höhle der Löwen“vorzustellen, das kann sich der bescheidene Erfinder allerdings nicht vorstellen. „Das würde ich mich nicht trauen.“