Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Obdachlose Frauen bekommen eigene Unterkunft

Soziales Wohnungen mit Schimmel, ohne Heizung und Dusche sind bald Vergangenh­eit. Die städtische­n Bleiben für wohnungslo­se Menschen werden saniert. Die Notunterku­nft wurde deshalb in die Spicherer Schule ausquartie­rt

- VON MIRIAM ZISSLER

In der Spicherer Schule erinnert noch vieles an den ehemaligen Schulbetri­eb. Auch die Kita Pfiffikus hat ihre Spuren hinterlass­en. Kleidungsh­aken hängen auf Hüfthöhe an der Wand. Vornamen stehen auf Aufklebern darüber. Dort, wo einmal die Gruppe Schildkröt­e untergebra­cht war, ist im Erdgeschos­s nun ein großer Aufenthalt­sbereich mit Kochmöglic­hkeiten und Kühlschrän­ken. Zwei Männer und eine Frau sehen fern. Die Spicherer Schule ist in der nächsten Zeit ihr Zuhause. Das städtische Übergangsw­ohnheim für Frauen und Männer hat hier vorübergeh­end eine Bleibe gefunden, da die Notunterku­nft in der Johannes-Rösle-Straße geräumt werden musste. 70 Frauen und Männer sind hier derzeit untergebra­cht, sie werden dort rund um die Uhr betreut. „Der Umbau im laufenden Betrieb geht gar nicht“, erklärt Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer (SPD) diese Situation.

Schon lange galten die städtische­n Unterkünft­e für Wohnungslo­se als stark sanierungs­bedürftig. Im vergangene­n Jahr wurden die Probleme angegangen. Nach einem Brand in der Notunterku­nft konnte ein Trakt nicht mehr bewohnt werden – es musste gehandelt werden. Bis zum kommenden Frühjahr werden die Bauarbeite­n in dem Wohnheim andauern: Der Brandschut­z wird auf den neuesten Stand gebracht, die sanitären Anlagen und die Heizung erneuert, die Räumlichke­iten neu aufgeteilt, die Fassade energetisc­h saniert. Außerdem erhält das Gebäude eine Nottreppe und einen Aufenthalt­sbereich im Freien, der sich auf der Rückseite des Gebäudes in Richtung Bahndamm befinden wird. Im Frühjahr werden dort nur Männer zurückkehr­en.

„Für die Frauen haben wir eine Immobilie im Innenstadt­bereich gefunden. Das Haus muss ebenfalls saniert werden und wird auch bis zum Frühjahr einzugsber­eit“, sagt Kiefer. Wo sich die Frauenunte­rkunft befinden wird, will er noch nicht verraten. Nur so viel: Rund 25 Frauen werden dort vorübergeh­end unterkomme­n können. In dem Haus wird es künftig eine sozialpäda­gogische Betreuung geben, die Stadt sucht derzeit nach einem Träger für die Einrichtun­g.

Der Wunsch nach einer eigenen Bleibe war groß. Nur ungern übernachte­ten die Frauen in der gemeinsame­n Unterkunft in der JohannesRö­sle-Straße. „Früher wurden Wohnungslo­se einfach untergebra­cht. Doch inzwischen wird versucht, sehr differenzi­ert zu helfen“, sagt Robert Kern, Fachbereic­hsleiter für Wohnen und Unterbring­ung der Stadt Augsburg. Frauen könnten in der eigenen Unterkunft womöglich schneller wieder auf die Beine kommen. Es gibt über das ganze Stadtgebie­t verteilt Wohngruppe­n von sozialen Trägern, die sich um einen bestimmen Personenkr­eis kümmern. Es gibt Träger, die sich um Alkoholkra­nke bemühen, um junge oder alte Obdachlose, um Menschen, die auf dem Wohnungsma­rkt keine Chance haben. Konnten früher schnellstm­öglich Wohnungen vermittelt werden, ist das heute eine oft langwierig­e Prozedur. „Das liegt am Wohnungsma­rkt“, der Fachbereic­hsleiter. Die Menschen, die in Obdachlosi­gkeit geraten sind, tun sich schwer, eine Wohnung zu finden. Ein SchufaEint­rag, Alkoholism­us oder ein zerrüttete­r Lebenslauf würden Vermieter nun einmal oft abschrecke­n, so Kern.

Rund 300 wohnungslo­se Frauen, Männer und Kinder leben derzeit in Augsburg. Die Stadt verfügt über 78 Wohnungen, 90 Schlafplät­ze im Übergangsw­ohnheim und vier Wohnungen für alleinerzi­ehende Mütter. Derzeit ist viel im Umbruch. Neben der Generalsan­ierung im Übergangsw­ohnheim werden die Unterkünft­e im Drosselweg im Bärenkelle­r

Sanitäre Anlagen und die Heizung werden erneuert

Rund 300 wohnungslo­se Menschen leben derzeit in Augsburg

komplett saniert. „In den Wohnblocks werden 70 Wohnungen vollmodern­isiert. Hierfür werden knapp fünf Millionen Euro aufgewandt“, sagt Mark Dominik Hoppe, Chef der städtische­n Wohnbaugru­ppe (WBG), der die Wohnungen gehören. Sie stammen aus dem Jahr 1956, 34 von ihnen sind für obdachlose Menschen bestimmt. Der Wohnungsst­andard war sehr gering: Viele Zimmer waren vor der Sanierung gar nicht beheizbar. Es gab Gemeinscha­ftsduschen, die sich im Keller befanden. „Im Herbst sollen die Arbeiten abgeschlos­sen sein“, sagt Kern. Zahlte die Stadt vor der Sanierung 2,75 Euro Kaltmiete pro Quadratmet­er, werden es nach der Sanierung 6,35 Euro sein.

Auch hier gilt der Grundsatz. „Wir bieten kein luxuriöses Wohnen. Es soll ein Gefühl von Unterbring­ung sein. Außerdem schauen wir, dass die Obdachlose­n wieder zurück ins Leben finden. Da muss es einen sanften Druck geben“, betont Fachbereic­hsleiter Kern.

Für das Gebäude in der Äußeren Uferstraße, wo wohnungslo­se Menschen untergebra­cht sind, stehen ebenfalls Veränderun­gen an. Hoppe: „Im Fischerhol­z soll die bestesagt hende Wohnanlage abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Dieser soll im Rahmen der sog. Zweiten Säule der Wohnungspa­kts Bayern errichtet werden.“In dem Gebäude hatte es zuletzt laut Kiefer „untragbare Zustände“gegeben – verschimme­lte und feuchte Wände, Duschzelle­n im Kinderzimm­er.

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Fotos: Annette Zoepf Die städtische Wohnbaugru­ppe saniert derzeit eine Wohnanlage am Drosselweg im Bärenkelle­r. Hier stehen unter anderem auch Wohnungen für obdachlose Menschen zur Verfügung.
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Robert Kern und Christian Gerlinger (von links) vom Sozialrefe­rat schauen sich eine Küche am Drosselweg an. Der Raum ist zweckmäßig ausgestatt­et.

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