Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Geschichte zum Anfassen
Egal ob Heimatmuseum, Kirchendachstuhl oder Bismarckturm: Der Einblick hinter die Kulissen fasziniert
Landkreis Augsburg Bunt schillerndes Bismut, grünlich glänzende Kupfererze und viel Gold – die kleine Sonderausstellung im Archäologischen Heimatmuseum Gablingen überrascht am Tag des offenen Denkmals zahlreiche Besucher. Um die Faszination der Metalle weiß Museumsleiterin Gudrun Nitsch: „Es gibt kaum jemanden, der nicht auf das Gefunkel anspringt.“Die Gäste wie etwa Regina Niederreiner aus Gersthofen müssen das Motto des Denkmaltags an diesem Sonntag – „Macht und Pracht“– nicht lange suchen. Gar verwundert ist die Besucherin, wie viele unbekannte, prächtige Exponate im Museum ausgestellt sind. „Die Vielfalt, was alles gefunden wurde, und auch wie hier alles aufgearbeitet wurde – sehr interessant“, sagt sie. Museumsleiterin Nitsch ergänzt: „Und wer früher Metalle hatte, hatte Macht.“
Zuständig für die Sonderausstellung „Handelsgut Metalle: Blick in die Vor- und Neuzeit“ist Rudolf Weinl. Fasziniert von den vielfältigen Eigenschaften der Metalle ist der 68-jährige Gablinger seit seiner Kindheit – und die Begeisterung hält bis heute an. Aus dem Urlaub brachte er kürzlich ein älteres Stück Zink mit. „Das ist eine Opfer-Ano- de aus Dänemark, sie wird verwen- det, um Korrosion bei Schiffen aus Eisenblech zu verhindern“, erklärt er. Daneben liegen in der Vitrine Nägel aus Kupfer und Messing, die ebenfalls im Schiffsbau verwendet wurden.
In einem anderen Schaukasten befinden sich unter anderem eine Füllerspitze aus dem harten Metall Iridium sowie etliche pyramidenförmige Eisenstücke, die ein Gablinger Schmied für die Ausstellung gegossen hat. „Das haben die Kelten schon so gemacht und als Tauschgut in den Verkehr gebracht“, sagt Weinl. Im Raum nebenan zieht der von Paul Schuster gebaute Rennofen aus Lehm viele Blicke auf sich. Im Gablinger Trentel- und Kühberg hatten früher Menschen Trichtergruben ausgehoben, um Eisengeoden zu finden, erklärt Schuster. „Daraus haben sie dann im Rennofen Schmiedeeisen, etwa für Schwerter, hergestellt.“Die überschüssige Schlacke rann, daher der Name des Ofens, durch die seitlichen Öffnungen hinaus.
Prächtig sind nicht nur die funkelnden Metalle in Gablingen, prächtig ist auch die Kirche St. Stephan in Wollbach. Der Weg hoch in den historischen Dachstuhl aus dem Jahr 1763 ist lang: Vorbei geht es am ältesten Gemälde im Gebäude, der Ölbergszene, die nur durch Eisenstäbe zu sehen ist. Dann folgen mehrere Stufen nach oben über die erste zweite Empore, um endlich über die provisorische Metallleiter ganz hoch zu gelangen. Selbst die 90-jährige Katharina Rolle nimmt den Aufstieg in Kauf, um sich die Ausmaße der Schäden anzuschauen.
Der fünfjährige Alexander, der mit seiner Oma Anita Beitele in die Kirche gekommen ist, staunt: „Hier sind wir aber weit oben!“Beide waren noch nie im Dachstuhl, der nicht nur mit seiner handgeschlagenen Konstruktion zum Staunen anregt, sondern der Pfarrgemeinde, allen voran Kirchenpfleger Hubert Kraus, auch Sorgen bereitet. Einzelne Ziegel sind aus der Wand gebrochen, Holzsplitter liegen verteilt auf dem Boden – genau dort, wo wichtige tragende Balken verlaufen. Sie sind über die Jahre kaputt gegangen.
„Es gab bereits zahlreiche Renound vierungen. In den nächsten Jahren folgt der Dachstuhl“, erklärt Kraus. Mehr als eine Million Euro wird die Renovierung kosten. „Angefangen wird wahrscheinlich im Oktober in einem Jahr, wenn die Fledermauskolonie in ihr Winterquartier zieht“, sagt der Kirchenpfleger bei einer Führung. Bernhard Stöckle, der bei den Arbeiten hilft, erklärt: „Der Dachstuhl liegt gerade nur auf, daher muss bald etwas gemacht werden.“
Ebenfalls hoch hinaus geht es für die Besucher des Bismarckturms in Steppach. 100 Stufen, um genau zu sein. Für die 20 Kinder der Kinderführung, angeleitet vom neunjährigen Paul, ist das kein Problem. „Da hinten ist ja unser Haus“, sagt ein kleines Mädchen, das von ihrem Vater hochgehoben worden ist. Obwohl es die erste Führung ist, die Paul durch den Bismarckturm gibt, bekommt er viel Lob. Etwa von Familie Stern aus Neusäß. „Die Aussicht ist einmalig, man sieht die komplette Umgebung. Aber am besten gefallen hat uns heute die Kinderführung“, sagt der Papa.
Der 20 Meter hohe Turm wurde vom Eltviller Architekten Wilhelm Kreis entworfen. Bernhard Vogt von der Schauspielgruppe Neusäß schlüpft für die Erwachsenenführung in die Rolle dieses Mannes. Er schwärmt von seinem „Zeichen der Monumentalität“, das 1905 eingeweiht wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Turm als Flakstation diente, habe er „jahrzehntelang einen Dornröschenschlaf gemacht“, erklärt Vogt alias Kreis. Erst Jahre später öffnete der Turm seine Pforten für Besucher. Eine gute Entscheidung. So bietet sich an diesem Tag ein spannender Ein- und Ausblick. »Kommentar