Augsburger Allgemeine (Land Nord)
So spannend kann eine Bibelgeschichte sein
Musical Mehr als 200 Kinder bringen mit „Petrus Superstar(k)“das Publikum zum Jubeln. Die jungen Schauspieler nehmen ihre Zuschauer mit auf eine aufregende Reise ins biblische Palästina – mit spritzigem Humor und Gänsehautmomenten
Gersthofen Monumentale Massenchöre, spannende Schauspielszenen und eine grenzenlose Vielfalt an prächtigen Historienkostümen waren am Wochenende in der Gersthofer Stadthalle zu bestaunen. Nicht etwa eine opulente Neuinszenierung eines epischen Sandalenfilms stand auf dem Programm, aber durchaus ein vergleichbares Kulturspektakel: Mehr als 200 Kinder haben das biblische Musical „Petrus Superstar(k)“in Angriff genommen und die Zuschauer mit bildgewaltigen Choreografien in die längst vergangene Welt des alten Palästina entführt.
Für die sieben- bis 14-jährigen Laiendarsteller eine gewaltige Herausforderung, hatten sie doch gerade einmal knappe fünf Tage Zeit zum Proben. Doch in dieser kurzen Projektwoche, die vom Arbeitskreis „Kids in Action“und dem christlichen Verein „Wort des Lebens“in Leitershofen veranstaltet wurde (wir berichteten), sind die engagierten Buben und Mädchen fast schon über sich selbst hinausgewachsen, da die Aufführung von Anfang an den Charakter einer professionellen Inszenierung hatte.
Eine knisternde Spannung wurde bereits durch die unkonventionelle Handlungsthematik vorgegeben, die sowohl zeitlich als auch geografisch auf zwei völlig unterschiedlichen Ebenen angesiedelt war. Ausgangspunkt der Geschichte ist unsere moderne Geltungsgesellschaft, in welcher schon bei den Schulkindern der ständige Wunsch nach materiellem Besitz und Ruhm vorgezeichnet wird: Die beiden Schulfreunde Philipp und Fabian haben große Chancen, in die Jugendauswahl des FC Bayern aufgenommen zu werden, die hübsche Nina steht kurz davor, einen berühmten Casting-Wettbewerb zu gewinnen. Doch was ist mit denjenigen aus unserer Gesellschaft, die es nicht schaffen, zu den Reichen und den Schönen zu gehören und immer mit dem Gefühl leben müssen, abseits zu stehen?
Der verschrobene Professor Theo Logie sucht gemeinsam mit den Kindern nach Antworten auf diese Frage und findet diese schließlich in den Geistern der Vergangenheit: Mittels einer eigenwilligen Zeitmaschine begeben sich die innerlich zerrissenen Schüler auf eine aufregende Reise ins biblische Palästina, um dort einen weiteren vermeintlichen „Superstar“zu treffen – einen einfachen Fischer am See Genezareth namens Petrus … Als an dieser Stelle sämtliche Bühnenscheinwerfer aufleuchteten und ein voluminöser Pop-Choral von mehr als 200 Kindern den Boden erzittern ließ, war zum ersten Mal ein richtiges Gänsehautgefühl in der Stadthalle angesagt.
Doch zahlreiche weitere solche Momente sollten folgen: Mit einer Unzahl an schmissigen Melodien und inhaltsstarken Texten kam auf der Bühne eine Geschichte ins Rollen, die die Geschehnisse von damals in ein ganz neues Licht rücken sollte. Mit spritzigem Humor und einem gut dosierten Hauch an Pathos geraten die Kinder immer tiefer in einen bewegenden Strudel aus Liebe, Glaube und Verrat, wobei sich ergreifender Sologesang und spaßige Dialoge geschickt miteinander abwechselten. Doch die dramatischsten Bühnenmomente waren sicherlich die stürmische Bootsfahrt durch die tosenden Wogen des Sees sowie die lautstarken Auseinandersetzungen beim letzten Abendmahl Christi. Und ganz am Ende der Aufführung herrschte noch ein weiteres Mal angespannte Stille im Saal, als die metaphorische Zeitmaschine des Professors ihre eigene Selbstzerstörung aktivierte und einen unheilvollen Countdown einläutete – noch bevor Jesus Christus vom Apostel Petrus dreimal verleugnet werden konnte …
Dass auch nach vollen zwei Stunden keines der Kinder irgendwelche Anzeichen von Erschöpfung an den Tag legte, war dabei mehr als erstaunlich. Das Publikum dankte ihnen schließlich zu Recht mit einem jubelnden Applaus für diese außergewöhnliche Theaterleistung, und auch Regisseur Alexander Lombardi darf stolz auf sich sein: Ihm gelang es mal wieder aufs Neue, in nur wenigen Tagen ein anspruchsvolles Ausnahmeprojekt zu realisieren, ohne dabei mit dem erhobenen Zeigefinger mahnen zu wollen. Stattdessen erzählte er eine aufwühlende Geschichte über Vergeltung und Vergebung, ein bildgewaltiges Gleichnis über die Macht und die Moral, und vor allen Dingen ein kindgerechtes Bibelepos, das auch jenseits seiner christlich geprägten Thematik funktionierte und alle Grenzen der anspruchsvollen Bühnenpädagogik zu überschreiten wusste.