Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ellgau fast schon runderneuert
Halbzeitbilanz Viele Baumaßnahmen prägen die letzte Zeit. Und eine große Maßnahme der Dorferneuerung steht kurz bevor. Was Bürgermeister Schafnitzel am meisten nervt
Ellgau An Baumaßnahmen hat es in Ellgau in den letzten Jahren ganz sicher nicht gefehlt. Während in der vergangenen Legislaturperiode Rathaus, Dorfplatz und Vereinszentrum neu entstanden, sind es in der laufenden Periode vor allem neue Baugebiete und Straßen und in naher Zukunft die Mühlbach-Renaturierung als große Maßnahme der Dorferneuerung. Praktisch einmal runderneuert – so präsentiert sich das 1100-Einwohner-Dorf im nördlichen Landkreis schon jetzt. Bürgermeister Manfred Schafnitzel, seit 1990 im Amt, meint denn auch: „Wenn das alles gelaufen ist, müssen wir erst mal ein bisschen Luft holen“– sprich: eine Pause machen, denn die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt derzeit bereits 800 Euro.
Was haben Sie in den ersten drei Jahren geschafft?
Teure Maßnahmen der vergangenen drei Jahre waren die Erschließung des Baugebiets Vogtgarten II, wo 14 Wohneinheiten entstanden, und die Erweiterung des Gewerbegebiets Südwest, das derzeit für 700000 Euro erschlossen wird und rund 900000 Euro Grunderwerbskosten verursachte.
Dagegen nimmt sich die Sanierung der 3,5 Kilometer langen Ortsverbindungsstraße nach Oberndorf, die 2015 stattfand, mit 160000 Euro fast günstig aus. Eine große Maßnahme war 2016 der Neubau der Ortsverbindung Ellgau–Nordendorf – ein Gemeinschaftsprojekt mit der Nachbargemeinde, das Ellgau 450 000 Euro kostete. Zudem wurde der Kindergarten um eine Gruppe erweitert und das gemeindeeigene Gasthaus Zum Floß energetisch saniert. Nicht teuer, aber wichtig für die Bevölkerung waren laut Schafnitzel die Modernisierung der Bücherei und die Erstellung eines Gemeindearchivs mit allen wichtigen Ellgauer Daten ab dem 19. Jahrhundert.
Was hat nicht geklappt?
Auch in Ellgau läuft nicht immer alles so, wie es soll. So gab es im Januar dieses Jahres einen großen Wasserschaden in Schule und Mehrzweckhalle, weil aus bisher unbekannten Gründen eine Wasserfilterpatrone geplatzt war. Der Schaden: etwa 60000 Euro, wie der Bürgermeister schätzt. Doch was Schafnitzel vor allem nervt, sind die Verzögerungen bei geplanten Maßnahmen. So sollte das Gewerbegebiet eigentlich schon ein Jahr früher fertig werden, aber die Grundstücksverhandlungen und die Bauabwicklung zogen sich lange hin. Auch der Neubau der Mühlbachbrücke hätte heuer schon über die Bühne gehen sollen. Aber es gibt Abstimmungsprobleme mit LEW und BEW, die die Brücke für den Schwerlastverkehr nutzen und deshalb je 25 Prozent der Baukosten tragen sollten. Allerdings wurde jetzt entdeckt, dass die Brücke niemals offiziell der Ge- meinde übergeben wurde. Deshalb sollen LEW und BEW die Baukosten von 200 000 Euro voll übernehmen. In trockenen Tüchern ist diese schwierige Vereinbarung jedoch noch nicht.
Verzögerungen von einem Jahr gibt es auch bei der Mühlbach-Renaturierung, „einer großen Schlüsselmaßnahme der Dorferneuerung“, wie Schafnitzel betont. Der Mühlbach soll in weiten Teilen begehbar und erlebbar gemacht werden. 700000 Euro sind dafür angesetzt, 60 Prozent Zuschüsse erwartet die Gemeinde. Widerstände bei den Anliegern gibt es nicht, doch die Anliegergespräche wurden nicht protokolliert; das musste man nun nachholen, sodass sich der Baubeginn hinauszieht. 2018 will man aber zeitig beginnen und die Maßnahme auch abschließen.
Was sind die größten Herausforderungen?
Neben der Umgestaltung des Mühlbachs hat Ellgau in den nächsten drei Jahren noch einiges vor. Der Ausbau des Glasfasernetzes soll 2018 starten. Und ein weiteres Baugebiet soll ausgewiesen werden. Zudem will die Gemeinde einen Dorfentwicklungsplan erstellen, um den Bereich zwischen Gaststätte und Kirche zu überplanen. Denn man erwarte viele Veränderungen, vor allem durch die Aufgabe von weiteren Bauernhöfen, an deren Stelle dann oft große Mehrfamilienhäuser geplant würden. Für diese Entwicklung will Ellgau einen städtebaulichen Rahmen festlegen, betont Schafnitzel. Auch auf die Frage, ob man Feuerwehrhaus und Kläranlage um- oder neu bauen soll, müsse in den nächsten drei Jahren eine Lösung gefunden werden. Schafnitzel ist guter Dinge, dass dies gelingen wird. Im Ellgauer Gemeinderat herrsche ein sachliches Miteinander, freut sich der Bürgermeister über das gute Klima. Dennoch will der 68-jährige Landwirt, der seinen Hof bereits an den Junior übergeben hat, in drei Jahren nicht mehr kandidieren. Für ihn sei dann „auf alle Fälle Schluss“.