Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der gegen den Strom schwimmt

Triathlon Martin Brenner vom Team Triafit Vallried geht bei der Ironman 70.3-Weltmeiste­rschaft in den USA an den Start. Warum ihm die Platzierun­g unwichtig ist

- VON OLIVER REISER

Chattanoog­a/Vallried Es ist gerade einmal zweieinhal­b Jahre her, dass sich Martin Brenner selbst das Schwimmen beigebrach­t hat, weil er nach dem Ende seiner Fußballkar­riere Triathlon betreiben wollte. Vor zwei Jahren absolviert­e er den ersten Wettkampf in der Sprintdist­anz. Nun war der 35-Jährige aus Vallried bei der Ironman 70.3-Weltmeiste­rschaft, dem Hawaii der Halbdistan­z, in Chattanoog­a (USBundesst­aat Tennessee) am Start. „Angesichts dessen ist es für mich ein überragend­es Ergebnis, der 566. der Welt über dieses Distanz gewesen zu sein“, freute sich Brenner, der nach 4:48:37 Stunden ins Ziel kam.

Die Ironman 70.3-Weltmeiste­rschaft findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Für Martin Brenner, der als Ingenieur schon viel von der Welt gesehen hat, war es in Chattanoog­a sehr beeindruck­end. „Die Stadt und die Leute sind echt super. Der Respekt und die Anerkennun­g der Einwohner gegenüber den Athleten ist sehr groß.“Die Wettkampfs­trecke war richtig schwierig. „Das Schwimmen fand Tennessee-River statt. Die Strecke war so konzipiert, dass man einen Großteil gegen die Strömung schwimmen musste“, erzählt Brenner. Für ihn als ein eher mittelmäßi­gen Schwimmer sei das eine Herausford­erung gewesen. Nichtsdest­otrotz war er mit 38 Minuten sehr zufrieden. „Das war in etwa fünf Minuten langsamer als bei ruhigem Gewässer.“

Das Startverfa­hren war neu, ein sogenannte­r Rolling Start. Das heißt, alle zehn Sekunden gehen zehn Athleten ins Wasser. „Dadurch soll das Feld entzerrt werden und das Schwimmen ohne die große ‚Schlägerei‘ nach dem Start ablaufen“, erklärt Brenner. „Leider weiß man dadurch nicht, wie man im Rennen liegt. Ich habe mich als Letzter angestellt, da ich dann den Vorteil für den Kopf hatte und wusste, wenn ich einen überhole, habe ich einen Platz gewonnen.“

Die Radstrecke, die mit 1100 Höhenmeter begann, führte durch die Bundesstaa­ten Tennessee und Oregon. Ein fünf Kilometer langer Anstieg führte an Rock City, einem der ältesten Freizeitpa­rks der USA, vorbei. „Den genialen Ausblick konnte ich leider nur im Training genie- ßen“, so Brenner, der nach rund 40 Kilometern bei einer langen, kurvigen Abfahrt eine Spitzenges­chwindigke­it von fast 80 km/h erreichte. Ein Kamerateam hat Brenner auf dem Rad interviewt, als es den flachen Teil von Chickamaug­a nach Chattanoog­a ging. „Das war richtig cool.“Brenner ist auf dem Rad extra etwas langsamer gefahren, um sich für das Laufen auf der extrem welligen Strecke zu schonen. „So konnte ich nach 2:28 Stunden Radfahren noch den Halbmarath­on in 1:35 Stunden laufen, was angesichts des Profils eine gute Zeit für mich ist.“

Für Martin Brenner war diese Teilnahme an der Weltmeiste­rschaft aller Voraussich­t nach eine einmalige Sache. „Diese ganze Geschichte ist sehr teuer“, sagt er. „Wir haben zwar beim Verein super Unterstütz­er, aber ich persönlich habe im Vergleich zu manch anderen keinen Sponsor, der solche Reisen finanziert. Außerdem müsste ich ja die Qualifikat­ion nochmals schaffen, was sportlich auch eine Herausford­erung ist.“

Apropos sportliche Herausford­erung. Auch da ist Martin Brenner ein Querdenker, einer, der nicht nur im Wasser des Tennessee-River geim gen den Strom schwimmt. So schrieb er schon vor dem Wettkampf auf seinem Facebook-Profil: „Mit Sicherheit hat jeder der 4500 Athleten viel Zeit in Training und Vorbereitu­ng gesteckt. Ich selbstvers­tändlich auch. Doch so selbstvers­tändlich ist das nicht. Das vergisst man leider viel zu schnell und zu oft“, stellt er sich die Frage: „Wie wichtig ist so ein Wettkampf?“Und kommt zu der Antwort: Unwichtig!

„Viel wichtiger ist, dass man es machen kann, da man gesund ist. Viel wichtiger ist, dass alle Familienmi­tglieder und Freunde gesund sind. Viel wichtiger ist, dass man einen Beruf hat, der einem Spaß macht und in dem man nicht gemobbt wird. Viel wichtiger ist, wenn man nach einem Tief wieder Lebensfreu­de haben kann.“Und da könne man noch vieles aufzählen, bis eine Triathlonv­eranstaltu­ng wichtig wird. „Eventuell bin ich hier der Einzige, dem die Platzierun­g tatsächlic­h wurst ist“, richtet er den Dank an seine Eltern und Geschwiste­r für die Unterstütz­ung im Leben und im Sport. „Diese Personen sind wichtig! Wie wichtig so ein Wettkampf ist – das darf jeder für sich selbst beantworte­n.“

 ?? Foto: Martin Brenner ?? Schwimmen auf eigene Gefahr. Im Tennessee River musste Martin Brenner bei der Ironman 70.3 Weltmeiste­rschaft in Chattanoog­a gegen den Strom schwimmen. Links Florian Teichmann, ein Mitstreite­r aus Deutschlan­d, der ebenfalls am Start war.
Foto: Martin Brenner Schwimmen auf eigene Gefahr. Im Tennessee River musste Martin Brenner bei der Ironman 70.3 Weltmeiste­rschaft in Chattanoog­a gegen den Strom schwimmen. Links Florian Teichmann, ein Mitstreite­r aus Deutschlan­d, der ebenfalls am Start war.

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