Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der gegen den Strom schwimmt
Triathlon Martin Brenner vom Team Triafit Vallried geht bei der Ironman 70.3-Weltmeisterschaft in den USA an den Start. Warum ihm die Platzierung unwichtig ist
Chattanooga/Vallried Es ist gerade einmal zweieinhalb Jahre her, dass sich Martin Brenner selbst das Schwimmen beigebracht hat, weil er nach dem Ende seiner Fußballkarriere Triathlon betreiben wollte. Vor zwei Jahren absolvierte er den ersten Wettkampf in der Sprintdistanz. Nun war der 35-Jährige aus Vallried bei der Ironman 70.3-Weltmeisterschaft, dem Hawaii der Halbdistanz, in Chattanooga (USBundesstaat Tennessee) am Start. „Angesichts dessen ist es für mich ein überragendes Ergebnis, der 566. der Welt über dieses Distanz gewesen zu sein“, freute sich Brenner, der nach 4:48:37 Stunden ins Ziel kam.
Die Ironman 70.3-Weltmeisterschaft findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Für Martin Brenner, der als Ingenieur schon viel von der Welt gesehen hat, war es in Chattanooga sehr beeindruckend. „Die Stadt und die Leute sind echt super. Der Respekt und die Anerkennung der Einwohner gegenüber den Athleten ist sehr groß.“Die Wettkampfstrecke war richtig schwierig. „Das Schwimmen fand Tennessee-River statt. Die Strecke war so konzipiert, dass man einen Großteil gegen die Strömung schwimmen musste“, erzählt Brenner. Für ihn als ein eher mittelmäßigen Schwimmer sei das eine Herausforderung gewesen. Nichtsdestotrotz war er mit 38 Minuten sehr zufrieden. „Das war in etwa fünf Minuten langsamer als bei ruhigem Gewässer.“
Das Startverfahren war neu, ein sogenannter Rolling Start. Das heißt, alle zehn Sekunden gehen zehn Athleten ins Wasser. „Dadurch soll das Feld entzerrt werden und das Schwimmen ohne die große ‚Schlägerei‘ nach dem Start ablaufen“, erklärt Brenner. „Leider weiß man dadurch nicht, wie man im Rennen liegt. Ich habe mich als Letzter angestellt, da ich dann den Vorteil für den Kopf hatte und wusste, wenn ich einen überhole, habe ich einen Platz gewonnen.“
Die Radstrecke, die mit 1100 Höhenmeter begann, führte durch die Bundesstaaten Tennessee und Oregon. Ein fünf Kilometer langer Anstieg führte an Rock City, einem der ältesten Freizeitparks der USA, vorbei. „Den genialen Ausblick konnte ich leider nur im Training genie- ßen“, so Brenner, der nach rund 40 Kilometern bei einer langen, kurvigen Abfahrt eine Spitzengeschwindigkeit von fast 80 km/h erreichte. Ein Kamerateam hat Brenner auf dem Rad interviewt, als es den flachen Teil von Chickamauga nach Chattanooga ging. „Das war richtig cool.“Brenner ist auf dem Rad extra etwas langsamer gefahren, um sich für das Laufen auf der extrem welligen Strecke zu schonen. „So konnte ich nach 2:28 Stunden Radfahren noch den Halbmarathon in 1:35 Stunden laufen, was angesichts des Profils eine gute Zeit für mich ist.“
Für Martin Brenner war diese Teilnahme an der Weltmeisterschaft aller Voraussicht nach eine einmalige Sache. „Diese ganze Geschichte ist sehr teuer“, sagt er. „Wir haben zwar beim Verein super Unterstützer, aber ich persönlich habe im Vergleich zu manch anderen keinen Sponsor, der solche Reisen finanziert. Außerdem müsste ich ja die Qualifikation nochmals schaffen, was sportlich auch eine Herausforderung ist.“
Apropos sportliche Herausforderung. Auch da ist Martin Brenner ein Querdenker, einer, der nicht nur im Wasser des Tennessee-River geim gen den Strom schwimmt. So schrieb er schon vor dem Wettkampf auf seinem Facebook-Profil: „Mit Sicherheit hat jeder der 4500 Athleten viel Zeit in Training und Vorbereitung gesteckt. Ich selbstverständlich auch. Doch so selbstverständlich ist das nicht. Das vergisst man leider viel zu schnell und zu oft“, stellt er sich die Frage: „Wie wichtig ist so ein Wettkampf?“Und kommt zu der Antwort: Unwichtig!
„Viel wichtiger ist, dass man es machen kann, da man gesund ist. Viel wichtiger ist, dass alle Familienmitglieder und Freunde gesund sind. Viel wichtiger ist, dass man einen Beruf hat, der einem Spaß macht und in dem man nicht gemobbt wird. Viel wichtiger ist, wenn man nach einem Tief wieder Lebensfreude haben kann.“Und da könne man noch vieles aufzählen, bis eine Triathlonveranstaltung wichtig wird. „Eventuell bin ich hier der Einzige, dem die Platzierung tatsächlich wurst ist“, richtet er den Dank an seine Eltern und Geschwister für die Unterstützung im Leben und im Sport. „Diese Personen sind wichtig! Wie wichtig so ein Wettkampf ist – das darf jeder für sich selbst beantworten.“